Ein solches Investment ist allerdings nicht ungefährlich, denn der Handel mit Rohstoffkontrakten ist - von ethischen Bedenken einmal abgesehen - auch nicht ganz einfach. Wer ein Zertifikat kauft, muss sich zwar nicht selbst mit dem Kaufen und Verkaufen von Rohstoff-Verträgen beschäftigen. Wissen, was dahinter steckt, sollten Investoren aber auf jeden Fall. "Es gibt natürlich viele Anleger, die sich sehr gut auf dem Terminmarkt auskennen, alle anderen müssen sich vorher wirklich gut informieren, sonst drohen Verluste", sagt auch Heiko Geiger, Zertifikatespezialist bei der Schweizer Bank Vontobel.
So funktioniert der Rohstoffhandel
Bei einem Future-Contract kauft der Investor Rohstoffe nicht an regulären Märkten zu aktuellen Preisen sondern handelt auf Terminmärkten wie der deutsch-schweizerischen EUREX, der Chicago Mercantile Exchange (CME) zu der die Chicago Board of Trade (CBoT) gehört oder der London International Financial Futures Exchange (LIFFE). Hier wird der jeweilige Rohstoff zu einem Termin in der Zukunft gekauft. Der Investor bestellt beispielsweise im Februar Kakao, der im Juli geliefert werden soll.
Spot-Geschäfte mit ihren kurzen Erfüllungsfristen sind das Pendant zu den Terminmärkten. Zwischen Bestellung und Lieferung liegen maximal zwei Börsentage. Der Spot-Preis ist dementsprechend der Preis, den Händler kurzfristig für den jeweiligen Rohstoff zahlen beziehungsweise erzielen. Bei Kassa-Preis dagegenhandelt es sich um den aktuellen Preis von Finanztiteln.
Die Costs of Carry bei Rohstoffen setzen sich beispielsweise aus Lager- und Speditionskosten zusammen. Der Wert eines Future-Kontrakts besteht aus dem Kassa-Preis, also dem bei Vertragsabschluss herrschendem aktuellen Kakaopreis, und den Costs of Carry. Deshalb liegen die Future-Preise bei Termingeschäften anfangs meist über den Kassa-Preisen. Wenn ein Investor im März Kakao für Dezember bestellt, entstehen schließlich Lagerkosten für neun Monate. Er zahlt also den aktuellen Preis plus die Lager- und Speditionskosten. Der Händler kann die Lagerkosten aber über die neun Monate hinweg abschreiben - je näher der Liefertermin rückt, desto stärker nähert sich der Future-Preis dementsprechend wieder dem Kassa-Preis an.
Der Nearby-Future ist der Rohstoff-Kontrakt mit der kürzesten Fälligkeit. Das Gegenteil, also der Future-Kontrakt mit der längsten Laufzeit, heißt dagegen Most-Distant-Futures-Contract.
Wer direkt in Rohstoffe investieren will, kauft statt einer Aktie oder eines Zertifikats einen Future-Kontrakt mit einer bestimmten Laufzeit und einem Erfüllungszeitpunkt. Der Erfüllungszeitpunkt ist nichts anderes als der Liefertermin. Das heißt, wer ein Kakao-Future mit einer Laufzeit bis Juli 2013 kauft, bekäme im Juli 2013 auch die gekaufte Menge Kakao geliefert.
Ursprünglich ging es bei Warentermingeschäften schließlich um den Kauf physischer Rohstoffe. Mittlerweile sind viele der Kontrakte Spekulationsgeschäfte. Wer nur Geld verdienen und nicht auf zig Tonnen Kakao sitzen möchte, muss also vor Ende der Laufzeit seinen Kontrakt verkaufen und einen neuen mit einem späteren Liefertermin kaufen. Dieser Vorgang nennt sich rollen.
Beim Rollen können Anleger sowohl Gewinne als auch Verluste machen: Wer seinen alten Kontrakt günstig verkauft und den neuen Kontrakt teuer kauft, erwirtschaftet eine negative Rollrendite, macht also Rollverluste. Verkauft er dagegen teuer und kauft billig, fällt die Rollrendite positiv aus, er macht Rollgewinne.
Bei einer Contango-Situation ist der Spot-Preis geringer als der ausgemachte Preis bei Fälligkeit des Future-Kontrakts. Wenn ein Anleger seinen Vertrag in so einer Situation weiterverkauft und in einen Most-Distant-Futures-Contract investiert, kann er Gewinne abgreifen. Wer dagegen bei niedrigem Spot-Preis und hohem Terminpreis seine Kontrakte abstößt und Kontrakte mit nächstmöglicher Lieferzeit kauft (Nearby-Futures) riskiert Verluste.
Das Gegenteil von Contango ist eine Backwardation.
Bei der Bachkwardation-Situation liegt der Preis der Future-Kontrakte unter denen am Kassamarkt. Der Anleger verkauft also vor Liefertermin seinen Kontrakt bei aktuell hohem Preis und kann günstig einen den Nearby-Future erstehen. Er verbucht also Rollgewinne.
"Bei Rohstoff-Kontrakten spielt die Entwicklung an den Terminmärkten eine Rolle, saisonale Entwicklungen, das Wetter, Schädlinge", erklärt Geiger. Dementsprechend seien Rohstoffkontrakte deutlich komplizierter als Rohstoffaktien.
Was Anleger bei Kakao-Investments beachten müssen
Wer über Zertifikate oder Futures in Kakao investiert ist, sollte daran denken, dass die Gefahr besteht, einen billigen Kontrakt in einen teureren tauschen zu müssen, der zu einem anderen Zeitpunkt fällig ist.
Der Ertrag einer Kakao-Ernte hängt von diversen Faktoren ab, eine wichtige Rolle spielt das Wetter. Sowohl Überschwemmungen als auch Dürreperioden können zu massiven Ernteeinbußen führen.
Dementsprechend wichtig für Qualität und Ertrag der Ernte ist Wasser. Kommt es - egal ob witterungs- oder konfliktbedingt - zu einer Wasserknappheit, nimmt auch die Kakaoernte Schaden. Dann steigt der Preis.
Rohstoffe wie Kakao oder Kaffee stammen überwiegend aus politisch instabilen Regionen. So sorgten politische Krisen an der Elfenbeinküste, dem weltweit größten Anbieter von Kakao, immer wieder für Preisausschläge.
Wie bei allen anderen Agrarrohstoffen auch, ist die Qualität der Kakaoernte oft abhängig von winzig kleinen Tieren und Organismen. Sind die Pflanzen von Pilzen wie dem sogenannten Hexenbesen oder der Kakaomotte befallen, bringen sie keine gesunden Früchte mehr hervor.
Doch selbst, wenn den Kakaobohnen an sich nichts geschehen ist, sollten Anleger auch an das Risiko des Transports von Südafrika oder Lateinamerika nach Europa denken. Unwetter und Streiks in Häfen können die Reise verlängern und so den Preis beeinflussen.
"Außerdem besteht das Risiko der Rollverluste (siehe oben), was viele Anleger übersehen", weiß Geiger. Auch Hedgefonds spielen eine wichtige Rolle. Als Kakao im Jahr 2010 sein 33-Jahreshoch erreichte, hatte der Londoner Hedgefonds Armajaro an einem Tag 240.000 Tonnen Kakao aufgekauft - das entsprach rund sieben Prozent der Jahresproduktion. Das beeinflusst den Preis. Deshalb gilt besonders bei strukturierten Produkten auf Rohstoffe: informieren, informieren, informieren. "Ich empfehle immer: Lieber einen Anruf mehr beim Emittenten, als einen zu wenig", so Geiger.