Sparkasse Wie sich ein Bauherr im Streit mit der Bank ruinierte

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Wer hat Recht?

Der Vorwurf: Obwohl auf dem Grundstück gerade mal die Baugrube ausgehoben wurde, habe Rixner einen weiten Baufortschritt gemeldet. Damit habe der Kunde das Vertrauen der Bank missbraucht, die Geschäftsbeziehung sei nicht mehr zumutbar gewesen.

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Kreditvertrag und Hausmodell Quelle: dpa
Ein Paar mit Makler (Symbolbild)
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Jemand schnallt seinen Gürtel enger
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Hätte die Sparkasse angesichts des angeblich erschütterten Vertrauens nicht gleich Schluss mit Rixner machen sollen? Stattdessen lässt sie ihn zunächst weitere Sicherheiten leisten und kündigt ihm erst, als er auf Druck der Bank bereits weitere Grundschulden zu ihren Gunsten eingetragen hat. Laut Sparkasse entspricht das nicht den Tatsachen. Richtig sei, dass Rixner zugesagt habe, hinsichtlich seines Finanzierungsbedarfs weitere werthaltige Sicherheiten zu leisten, unter anderem eine Grundschuld auf das Grundstück seines Vaters, die sich später als wertlos entpuppte. Auch das Oberlandesgericht München interpretiert die zusätzlichen Sicherheiten in seinem Urteil zu Gunsten der Bank als gescheiterten Versuch einer vertrauensbildende Maßnahme, die eine Fortsetzung der Geschäftsbeziehung mit ihrem Kunden Rixner auf den ersten Blick als zumutbar erscheinen lassen habe.

Das kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass der Bautenstandsbericht, mit dem Rixner seine Bank getäuscht haben soll, ein wichtiges Argument für die Kündigung darstellte. Dabei ist er höchst zweifelhaft. Es stimmt, dass Rixner seinen Bankberater stets auf dem Laufenden hielt, wie weit er mit der Arbeit an der Baustelle war. Doch schon damals wunderte er sich, warum es der Berater immer so genau wissen wollte.

Diese Anzeigen kommen bei zweckgebundenen Baudarlehen zum Einsatz, nicht aber bei Privatdarlehen, denn da können Schuldner mit dem Geld machen, was sie wollen. Dass es sich für den Kunden um einen Privatkredit ohne Zweckbindung handelte, hat auch ein unabhängiger Kreditsachverständiger mit einem von Rixner beauftragten Gutachten bestätigt. Doch die Gerichte folgten der Auffassung der Bank.

Unabhängig davon hat Rixner stets brav die gewünschten Informationen über den Baufortschritt geliefert. Das Formular, wie es jetzt vorliegt, will er aber selber nicht ausgefüllt haben. Wer hat Recht?

Das lässt sich kaum erkennen, denn das Formular taucht in den Gerichtsakten mit merkwürdigen Datumsangaben auf.

Das wird erst beim Strafverfahren gegen Rixner wegen angeblichen Kreditbetrugs im Jahr 2009 so richtig offenbar. Erst jetzt, nachdem der Bankkunde drei Zivilprozesse verloren hat, macht sich ein Richter die Mühe, den Ungereimtheiten auf den Grund zu gehen. Ergebnis: Freispruch. Die bittere Ironie daran: Rixner selbst hatte in den Jahren zuvor auf ein Strafverfahren gegen die Bank hingewirkt, drang aber bei der Justiz nie durch. Tätig wurde die Staatsanwaltschaft dagegen erst nach einem Hinweis des Rechtsanwalts der Sparkasse auf den angeblichen Kreditbetrug. Die Sparkasse jedoch betont, keine formelle Anzeige gestellt zu haben.

Merkwürdige Postwege eines Formulars

Rixner jedenfalls verliert den Glauben an die Welt, er fühlt sich als Opfer, das zum Angeklagten wird. Doch das Verfahren vor dem Amtsgericht Ingolstadt entpuppt sich für ihn als Lichtblick inmitten seines ganzen Desasters. Denn das Gericht sezierte die Aussagen der Bankvertreter akribisch. Rixner hat sich alles handschriftlich auf einem großen Blatt notiert.

Wo Deutschlands schlechteste Schuldner wohnen
Flop 10 – Wiesbaden, HessenDie hessische Landeshauptstadt eröffnet das Ranking der zehn schlechtesten Schuldner-Städte und -Landkreise. Eine Schuldnerquote von 16,77 Prozent qualifiziert Wiesbaden für die „Flop Ten“ bei den überschuldeten Einwohnern. Quelle: dpa
Flop 9 – Halle an der Saale, Sachsen-AnhaltMit einer Schuldnerquote von 16,85 Prozent konnte sich Halle zwar im Ranking verbessern – im vergangenen Jahr betrug die Quote noch 17,13 Prozent – allerdings landet die ostdeutsche Stadt trotzdem weit unten in der deutschlandweiten Rangliste. Quelle: dpa
Flop 8 – Wilhelmshaven, NiedersachsenDie Hafenstadt an der Nordsee hat eine Schuldnerquote von 16,9 Prozent vorzuweisen und sich damit im Vergleich zum Vorjahr um 0,1 Prozentpunkte verschlechtert. Quelle: dpa
Flop 7 – Neumünster, Schleswig-HolsteinMit einer Schuldnerquote von 17,54 Prozent landet die Stadt nördlich von Hamburg auf Platz 396 – und damit fast am Ende der Rangliste... Quelle: dpa
Flop 6 – Herne, Nordrhein-WestfalenDie Großstadt im Ruhrgebiet kommt auf eine Schuldnerquote von 17,61 Prozent. Im Vorjahr waren es noch 17,07 Prozent. Quelle: dpa
Flop 5 – Gelsenkirchen, Nordrhein-WestfalenNur wenige Kilometer westlich von Herne liegt Gelsenkirchen. Die Schuldnerquote liegt hier bei 17,67 Prozent – das ist gut ein Prozentpunkt mehr als im Vorjahr. Quelle: AP
Flop 4 – Offenbach, HessenDie Schuldnerquote in der Nachbarstadt von Frankfurt liegt bei 17,79 Prozent. Im Vergleich zum vergangenen Jahr hat sich die Quote um 0,22 Prozentpunkte verbessert. Quelle: dpa

Danach will Bankberater Lanzinger das Formular mit der Anzeige über den Baufortschritt Ende Januar 2006 per Hauspost von seiner Filiale in Altmannstein an das etwa 35 Kilometer entfernte Zentralbüro der Sparkasse in Kelheim verschickt haben. Laut internem Eingangsstempel kommt das Papier dort erst Ende Mai an – vier Monate später. Länger als eine Woche kann das aber üblicherweise nicht gedauert haben. Lanzinger erklärt die verwirrenden Datumsangaben bei der Vernehmung durch den Richter mit einem Fehler der Poststelle: die zuständige Mitarbeiterin habe die Sendung erst nachträglich gestempelt, diese sei in Wirklichkeit schon viel früher angekommen.

Lanzingers Chef Scholz präsentiert eine etwas andere Begründung: Das Rädchen für die Datumseinstellung auf dem Stempel könnte unbemerkt verrutscht sein. Wieder anders stellt es der Anwalt der Sparkasse dar. Der Versand an die Zentrale sei erst mit einigen Wochen Verspätung erfolgt.

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