Berlins Bürgermeister Michael Müller "Wohnraum ist keine Aktie"

Wie managt man eine wachsende Stadt? Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller über die Fehler der Mietpreisbremse und den Kampf gegen Airbnb.

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Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD) Quelle: dpa

Herr Müller, Berlin galt lange als billiges Paradies für Kreative. Nun steigen die Mietpreise dort so stark wie kaum irgendwo in Deutschland.

Michael Müller: Wir sind weiterhin sehr attraktiv, weil Berlin im internationalen Vergleich immer noch eine bezahlbare Metropole ist. Aber dem Problem müssen wir uns stellen.

Sie waren Senator für Stadtentwicklung und hätten längst einschreiten können.

Das haben wir doch: Seit meinem Amtsantritt als Senator haben wir mehr als doppelt so viele Wohnungen fertiggestellt und die Zahl der Baugenehmigungen verdreifacht. Und wir verkaufen kaum noch stadteigene Flächen. Das ist unser Eigentum, das wir zuallererst selbst nutzen wollen – für günstigen Wohnungsbau oder um Unternehmen anzusiedeln. Außerdem stellen wir privaten Bietern Bedingungen, dass sie Sozialwohnungen integrieren müssen.

Die Spekulation mit Bauland blüht trotzdem.

Wir prüfen derzeit, wie Spekulationen mit brach liegenden Grundstücken eventuell über eine deutlich höhere Grundsteuer entgegen gewirkt werden kann. Auch ein gesetzlicher Zwang, gekaufte Baugrundstück zu bebauen, ist denkbar. Wohnraum ist keine Aktie. Beim Verkauf landeseigener Grundstücke gilt schon eine Bauverpflichtung, sonst fällt die Fläche zurück ans Land.

Wollen sie private Investoren verjagen?

Natürlich nicht, aber ich wünsche mir faire Spielregeln. Wir brauchen private Investoren. Nur muss für städtische Grundstücke ein anderer, höherer Maßstab gelten. Dabei handelt es sich schließlich um das Vermögen aller Berliner.

Die große Hoffnung namens Mietpreisbremse hat bislang nicht geholfen.

Die Mietpreisbremse war nie ein allein selig machendes Instrument, sie ist ein Baustein. Richtig ist, dass es Nachbesserungsbedarf gibt. Wir ergreifen deshalb im Bundesrat die Initiative: Wir wollen Vermieter verpflichten, die Vormiete neuen Mietern offen mitzuteilen. Sonst läuft das Gesetz ins Leere.

Berlin hat ein Gesetz gegen Ferienwohnungen aufgelegt. Ist das nicht Symbolpolitik gegen US-Anbieter wie Airbnb? Kontrollieren lässt sich so ein Gesetz kaum.

Einspruch. Wenn das Gesetz so stumpf wäre, gäbe es wohl kaum so viele Klagen dagegen. Außerdem überwachen sechzig städtische Mitarbeiter die Einhaltung der Regeln. Und es gibt ja auch noch Nachbarn, die melden können, wenn in ihrem Haus das Ferienwohnungswesen überhandnimmt.

Die Berliner sollen denunzieren gehen?

Hier geht es um Gesetze, die einzuhalten sind. Wir wollen gar nicht alle Ferienwohnungen verhindern. Entscheidend ist deren Konzentration in wenigen Stadtteilen. Wir möchten keine Straßenzüge in Szenevierteln, in denen keine Berliner mehr leben. Passt das einem Unternehmen nicht, muss es eben in einer anderen Stadt Geschäfte machen oder mit uns Kompromisse ausloten.

Stößt die Boomstadt Berlin beim Zuzug an ihre Grenzen?

Seit fünf Jahren kommen hier je rund 40.000 Menschen netto dazu, ohne Flüchtlinge. Jedes Jahr integrieren wir also eine mittelgroße Stadt. Das heißt, wir müssen mehr und höher bauen, verdichten, aufstocken und investieren. Aber das geht nur schrittweise, nicht von heute auf morgen.

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