Elternunterhalt Auch enterbte Kinder müssen zahlen

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Das sind Verwirkungsgründe für Unterhaltspflicht

Deutsche haben keine Angst, Schulden zu erben
Die Deutschen machen sich keine oder wenig Sorgen darum, ob an ein Erbe Schulden gekoppelt sind: Nur 69 Prozent, die eine Erbschaft vergeben wollen, halten einen schuldenfreien Nachlass aktuell für "besonders wichtig", unter den potentiellen Erbnehmern sind es 63 Prozent. Laut der aktuellen Erbschaftsstudie der Postbank vererben auch nur 26 Prozent der Deutschen tatsächlich Schulden weiter. Ein Grund, die Erbschaft auszuschlagen, sind Schulden für die Deutschen jedoch nicht. Nur jeder 14. hat schon einmal eine Erbschaft abgelehnt - meist weil die Schulden den Wert des Nachlasses überstiegen. Auffällige Unterschiede gibt es nach Berufsgruppen: So lehnten 12 Prozent der Beamten Nachlässe ab, bei Angestellten waren es nur sieben Prozent und unter Selbständigen und Freiberuflern sogar nur vier Prozent. Dass die Deutschen auch Erbschaften mit Schulden nicht oder nur selten ablehnen, mag daran liegen, dass immer mehr Immobilien vererbt werden und viele eine laufende Hypothekenfinanzierung weniger dramatisch finden, als einen noch nicht abbezahlten Konsumentenkredit. Quelle: Fotolia
Zwei von drei aller ab 50-Jährigen in Deutschland (66 Prozent) planen aktuell die Vergabe eines Erbes. Unter denen ab 65 Jahren sind es sogar drei von vier (74 Prozent). Umgerechnet sind das also allein fast 13 Millionen der ab 65-Jährigen, die ihren Nachlass planen. Quelle: dpa
Die Deutschen lernen aus Fehlern bei bisherigen Erbschaften. Nur in jedem vierten Erbfall war bislang die Verteilung der Erbschaft mit allen Beteiligten und dem Erb-Geber abgesprochen (28 Prozent). Für Drei Viertel aller angehenden Erben ist das allerdings "ganz besonders oder ziemlich wichtig“. Quelle: dpa
Starker Wunsch nach Transparenz: Bei bisherigen Erbschaften waren mit dem Nachlass verbundene Kosten in nur vier von zehn Fällen (27 Prozent) für die Erben transparent. Künftigen Erben ist das aber zu 83 Prozent „ganz besonders“ oder „ziemlich wichtig“. Streit ums Erbe gab es bei bisherigen Erbfällen zu 15 Prozent, das entspricht jeder siebten Erbschaft. Das zu vermeiden, ist aber drei Vierteln aller angehenden Erben und sogar 82 Prozent der Erb-Geber „ganz besonders oder ziemlich wichtig“. Quelle: dpa
Immobilien-Erbschaften nehmen drastisch zu: Sie sind künftig in zwei von drei Erbschaften enthalten. Bislang waren lediglich in jeder zweiten Erbschaft eine oder mehrere Immobilien enthalten (53 Prozent). Dagegen planen heute 64 Prozent der Deutschen, die etwas vererben wollen, auch Immobilien zu übertragen. Quelle: dpa
Geerbte Eigenheime werden künftig fast nur halb so oft von den Erben selbst bezogen wie bislang. Bisher wurden vom Erbschaftsgeber zuvor selbst bewohnte Immobilien zu 47 Prozent auch von den Erben bezogen. Künftige Erben planen das aber nur noch zu 29 Prozent. Dagegen wurden geerbte Eigenheime bislang zu 37 Prozent verkauft. Dies planen aber nur noch 30 Prozent der angehenden Erben. Sie wollen zu 19 Prozent vermieten. Bislang waren das lediglich 14 Prozent der Erbschaftsfälle. Quelle: dpa
Frauen, die Erbschaften erwarten, sind sie weit stärker an „klaren Verhältnissen“ interessiert als Männer. Jeder zweiten angehenden Erbin ist es „ganz besonders wichtig“, dass die Verteilung des Erbes mit allen Beteiligten vor dem Erbfall abgesprochen wird. Unter männlichen angehenden Erben sagt das nur jeder dritte. Quelle: REUTERS

Was sind denn so schwere Verfehlungen eines Elternteils, dass ein Kind tatsächlich nicht für dessen Unterhalt aufkommen muss?

Da gibt es mehrere: Gewalt gegen Mutter und Kind, unterhaltsrechtliche Vernachlässigung, sexuelle Misshandlung oder unterbliebene Schutzhandlungen vor körperlicher oder sexueller Gewalt bleiben als Verwirkungsgründe sicher auch weiterhin bestehen.

Wie hoch ist der derzeitige Eigenbehalt und ist er in dieser Größenordnung richtig angesetzt?

Materiell ist der Elternunterhalt recht ausgewogen. Er trifft – wenn er richtig berechnet wird – nur gut verdienende Menschen. Niemand braucht zu befürchten, wegen des Elternunterhalts seinen Lebenszuschnitt nachhaltig verändern zu müssen, das eigene Haus wird nie, das Vermögen des Kindes nur dann angegriffen, wenn es sehr hoch ist und das Vermögen eines Schwiegerkindes ist immer unangreifbar.

Ist es immer noch so, dass je nach Wohlstand von Stadt oder Landkreis die Forderungen an die Kinder unterschiedlich ausfallen?

Nein. Wir haben einen bundesweiten Überblick über die Verwaltungspraxis im Elternunterhalt und können keine wesentlichen prinzipiellen Unterschiede feststellen.

Welche Chancen haben Kinder, die Summe nach unten verhandeln zu können, wenn sie sich überfordert fühlen?

Natürlich kann man im Einzelfall mit den Sozialhilfeträgern verhandeln. Die neigen aber richtigerweise nicht zur Basarmentalität, weil sie an Recht und Gesetz gebunden sind. Wenn der Elternunterhalt aber juristisch richtig bemessen wird, wird nur in wenigen Fällen eine wirtschaftliche Überforderung stattfinden. Allerdings sind fast alle Unterhaltsberechnungen der Sozialhilfeträger korrekturbedürftig, weil diese die betroffenen Kinder fast nie ausreichend über deren Rechte aufklären. Meist beansprucht der Elternunterhalt nur das Einkommen des unterhaltspflichtigen Kindes, das dieses über die eigene zusätzliche Altersvorsorge hinaus anspart. Das macht dann deutlich, dass durch den Elternunterhalt der persönliche materielle Lebenszuschnitt nicht vermindert wird. Aber etwas anderes ist zu der heutigen BGH-Entscheidung noch zu sagen.

Was meinen Sie denn?

Dabei geht es nicht um die materielle Seite des Elternunterhalts, sondern die psychische. Der betroffene Sohn wird nicht verstehen, in die Pflicht genommen zu werden, wo sich sein Vater dieser Pflicht entzogen hat.

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