Weicht die im Mietvertrag aufgeführte Wohnfläche von der tatsächlichen nur bis zu zehn Prozent nach oben oder unten ab, hatte dies bisher keinen Einfluss auf die Höhe der Miete. Mieter konnten in der Vergangenheit zu viel gezahlte Miete nicht zurückverlangen. Erst wenn die tatsächliche Wohnfläche mehr als zehn Prozent zu gering war, handelte es sich um einen Mietmangel, den der Mieter gegenüber dem Vermieter geltend machen konnte. Auch bei Mieterhöhungen griff bisher die Zehn-Prozent-Regel. Hatte sich der Vermieter zu seinen Lasten bei der Wohnfläche verrechnet, konnte er bei Abweichungen von bis zu zehn Prozent keine Mieterhöhung begründen. Für Mieterhöhungen kippte der Bundesgerichtshof jetzt die Zehn-Prozent-Regel (BGH, VIII ZR 266/14). Laut BGH müssen sich Vermieter genau an die tatsächliche Wohnfläche halten, wenn sie Mieten erhöhen – egal, was im Mietvertrag steht. Diese allgemeine Regel, die der BGH Mietern und Vermietern auf den Weg gab, spielte in dem Fall, den die Richter zu entscheiden hatten, jedoch keine Rolle.
Recht einfach
Drei Mütter aus Leipzig verklagten die Stadt. Die Kommune konnte ihren Kindern trotz rechtlichen Anspruchs zum ersten Geburtstag keinen Kita- Platz anbieten. Die Mütter wollten ihren Verdienstausfall ersetzt haben. Die erste Instanz gab den Klägerinnen recht. Die zweite Instanz wies die Klage ab: Der gesetzliche Anspruch diene ausschließlich der Förderung der Kleinkinder. Eltern könnten daraus keine eigenen Rechte, etwa Verdienstausfall, geltend machen (Oberlandesgericht Dresden, 1 U 319/15, 1 U 320/15, 1 U 321/15).
Im Stuttgarter Stadtteil Bad Cannstatt sollten zwei Kindertagesstätten gebaut werden. Anwohnern gefiel die Idee nicht: In einem allgemeinen Wohngebiet seien zwei Kitas mit einer Außenspielfläche von insgesamt 860 Quadratmetern fehl am Platz. Die Gegend sei jetzt schon dicht bebaut und der zu erwartende Lärm verstoße gegen das baurechtliche „Gebot der Rücksichtnahme“. Das sah das Gericht anders. Anlagen für soziale Zwecke seien auch in Wohngebieten zulässig. Zudem grenzten die Kitas an unterschiedliche Straßen und berührten sich nur mit den Spielflächen. Schließlich sei der Lärm spielender Kinder „sozial adäquat“ (Verwaltungsgericht Stuttgart, 13 K 2046/13).
Eine Familie aus Bonn schickte ihren Einjährigen in einen Hort. Auch nach fünf Wochen war die Eingewöhnung nicht gelungen. Länger als zwei Stunden hielt es der Kleine nicht in der Einrichtung aus. Die Eltern kündigten den Betreuungsvertrag schließlich fristlos. Zu Recht, urteilten die Richter. Die „ernsthafte Beeinträchtigung des Kindeswohls“ sei ein wichtiger Grund zur sofortigen Vertragsauflösung (Amtsgericht Bonn, 114 C 151/15).
So war die im Mietvertrag vermerkte Wohnfläche um mehr als zehn Prozent kleiner als die tatsächliche. Der Vermieter wollte die Miete auf Basis der tatsächlichen Fläche erhöhen. Dagegen wehrte sich der Mieter. Der BGH stellte klar, dass der Vermieter grundsätzlich im Recht sei. Allerdings dürfe er die Miete nicht auf einen Schlag an die größere Wohnfläche anpassen. Stattdessen müsse er sich an die in Berlin bestehende Grenze für Mieterhöhungen von maximal 15 Prozent in drei Jahren halten. Bundesweit gilt eine Obergrenze von maximal 20 Prozent innerhalb von drei Jahren für Mieterhöhungen bei bestehenden Mietverträgen. In einigen Großstädten wie beispielsweise Berlin wurde diese Vorschrift wegen des angespannten Wohnungsmarkts verschärft. Lieber nachmessen als zahlen Das BGH-Urteil könnte über Mieterhöhungen hinaus wirken. „Der Wegfall der Zehn-Prozent- Grenze wird wahrscheinlich auch für den Fall gelten, dass der Mieter in der Vergangenheit zu viel gezahlte Miete zurückverlangt, weil die im Vertrag angegebene Fläche zu groß war“, sagt Christina Keune, Expertin für Mietrecht der Düsseldorfer Kanzlei GTW. Der BGH habe bei seinem Urteil wohl bereits berücksichtigt, dass die Bundesregierung in einem zweiten Reformpaket das Mietrecht so anpassen werde, dass die Zehn-Prozent-Grenze auch dann entfällt, wenn der Mieter wegen Abweichungen von der Wohnfläche die Miete mindern will. Anwältin Keune rät Mietern und Vermietern die Wohnfläche genau nachzumessen, um eigene Rechtsansprüche zu sichern. Mieter könnten grundsätzlich zu viel gezahlte Miete, bis zu zehn Jahre nachdem sie nachgemessen haben, zurückverlangen. Sobald sie wissen, dass die tatsächliche Wohnfläche kleiner ist als im Mietvertrag angegeben, läuft eine Verjährungsfrist von drei Jahren.
Abgeltungssteuer - Steuerärger nach US-Abspaltung
Abspaltungen (Spin-Offs) oder Aktienteilungen (Splits) ausländischer Unternehmen bereiten deutschen Anlegern oft steuerliche Probleme, diesmal beim USKonzern Hewlett-Packard. Der hat sich Anfang November aufgespalten. Das Geschäft rund um Computer und Drucker firmiert jetzt als HP Inc., die ITSparte operiert als Hewlett-Packard Enterprise (HPE). Hewlett-Packard-Aktien wurden dafür in HP Inc. umbenannt. Zeitgleich wurde das ITGeschäft abgetrennt und Aktionäre bekamen pro Aktie noch eine HPE-Aktie hinzu. Der Gesamtwert ihres Depotpostens änderte sich eigentlich nicht. Trotzdem zogen Banken auf den Wert der HPE-Aktien Abgeltungsteuer ab. Ein 2013 erlassenes Gesetz und ein Schreiben des Bundesfinanzministeriums von Anfang 2014 sollten solche Probleme bei Abspaltungen eigentlich vermeiden.
Schnellgericht
§ Eine Dogge brachte eine Radfahrerin, die einen Hund an der Leine führte, zu Fall. Die Radlerin verletzte sich dabei und verlangte von der Besitzerin der Dogge Schadensersatz. Zu Recht, meint das Oberlandesgericht Oldenburg und verneinte eine Mitschuld der Radfahrerin (5 U94/15). Allein dafür, dass sie einen Hund mitführte, müsse sie nicht haften, so die Richter.
§ Händler, die massenhaft Hersteller abmahnen, weil sie ihre Produkte mit irreführenden Bezeichnungen wie etwa „umweltfreundlich produziert“ vertreiben, können sich rechtsmissbräuchlich verhalten. Dies gilt dann, wenn die Abmahnungen mehr Geld kosten, als das Kerngeschäft des Händlers einbringt (Oberlandesgericht Hamm, 4 U 105/15).
§ Ein Hautarzt, der wegen eines groben Behandlungsfehlers letztlich tödlichen Hautkrebs bei einem Patienten nicht rechtzeitig erkennt, muss den Hinterbliebenen Schmerzensgeld zahlen (Oberlandesgericht Hamm, 26 U 63/15).
§ Universitäten dürfen Studenten ablehnen, wenn Studienplätze fehlen und die Kapazität korrekt berechnet wurde (Verwaltungsgericht Freiburg, NC 6 K 2262/15).
Der Dienstleister der Banken WM-Daten-service ging hier aber von einer Steuerpflicht aus, wohl weil bestimmte formale Kriterien nicht eingehalten wurden: So änderte sich die Wertpapierkennnummer (ISIN) der HP-Aktie. Bliebe es bei der Besteuerung, wäre das vor allem für vor 2009 eingestiegene Altaktionäre ein großer Nachteil. Während sie Kursgewinne ihrer HP-Aktien bislang beim Verkauf steuerfrei einstreichen durften, würden sie nun für die HPE-Aktien, und damit fast die Hälfte des Depotpostens, diese Steuerfreiheit verlieren. Seit 2009 eingestiegenen Aktionären entstünde hingegen nur ein zeitlicher Nachteil: Beim späteren Verkauf ihrer Aktien von HP Inc. würde genauso viel weniger versteuert, wie sie jetzt für die HPE-Aktien versteuern mussten. Steuer, die sonst erst beim späteren Verkauf in einigen Jahren entstanden wäre, fiele aber eben schon jetzt an. Betroffene sollten sich wehren. Jüngst hatte der Fiskus nach einer Aktienteilung des Internetkonzerns Alphabet (Google) den Steuerabzug wieder erstattet (WirtschaftsWoche 30/2015). Aktionäre können sich ans Finanzamt ihrer Depotbank wenden oder bei ihrer Steuererklärung die Erstattung fordern.
Werbungskosten - Langer Leerstand kostet Steuervorteil
Ein Ehepaar sanierte von 1994 an eine Eigentumswohnung. Für die sanierte Wohnung schaltete das Paar regelmäßig Vermietungsannoncen. Selbst nach 14 Jahren fand sich jedoch kein Mieter, der in die Wohnung ziehen wollte. In der Zeit, in der die Mietwohnung leer stand, machten die beiden Vermieter Werbungskosten für die Mietwohnung geltend.
2008 lehnte es das Finanzamt ab, Werbungskosten anzuerkennen, und verlangte die von 1996 an gewährten Steuernachlässe zurück. Für die Jahre 1996 bis 2005 wären erhebliche Steuernachzahlungen fällig geworden. Dagegen klagten die Vermieter. Der Bundesfinanzhof gab jedoch dem Finanzamt recht (IX R 27/14). Wenn ein Mietwohnung mehr als zehn Jahre lang leerstehe, sei davon auszugehen, dass der Eigentümer nicht ernsthaft daran interessiert sei, diese auch zu vermieten. Ein Steuernachlass komme daher nicht infrage.