Jüngster Fall: Der Fastfood-Konzern Burger King schluckte die kanadische Kaffee- und Donut-Kette Tim Hortons - und legte seinen Sitz offiziell in das Nachbarland. Dabei muss der Wechsel nur auf dem Papier erfolgen, Verwaltung und Produktionsstätten können in den USA weitermachen wie bisher. Netter Nebeneffekt: Während der Unternehmenssteuersatz in den USA 35 Prozent beträgt, werden in Kanada nur 26,5 Prozent fällig.
Präsident Barack Obama und die Demokratische Partei haben "Inversion" bereits öffentlich scharf kritisiert. Eine Reform des Steuersystems trauen Experten der Regierung angesichts der Mehrheitsverhältnisse im Land jedoch nicht zu. Demokraten und Republikaner blockieren sich in dieser Frage gegenseitig. Die Republikaner fordern einen niedrigeren Steuersatz, die Demokraten wollen die Hürden für eine Inversion erhöhen.
Tatsächlich geht es weniger um eine Senkung des Steuersatzes. Denn tatsächlich zahlt kaum ein Unternehmen die vollen 35 Prozent. Nach Angaben des Nachrichtensenders n-tv zahlt jeder vierte große US-Konzern überhaupt keine Steuern. Und Firmen, die die regulären Möglichkeiten zur Steuersenkung nutzen, zahlen im internationalen Vergleich nicht die höchsten, sondern vergleichsweise wenig Steuern.
Daher geht es inzwischen vielmehr um die Frage, ob die USA als eines von ganz wenigen Ländern im Ausland erwirtschaftete Gewinne überhaupt besteuern sollen. Einige Ökonomen würden die Unternehmenssteuer gerne abschaffen, dann könne sie auch nicht umgangen werden. Stattdessen wäre eine Mehrwertsteuer wie hierzulande denkbar.
Kritiker dieses Vorschlags bezweifeln allerdings, dass die Unternehmen dann wieder ihre Gewinne im Heimatland deklarieren. Das "Manager Magazin" zitierte den US-Ökonomen Dean Baker mit der zynischen Einschätzung, Unternehmen würden 99,99 Dollar dafür ausgeben, 100 Dollar an Steuern zu sparen.
Im Fall von Microsoft ist das für den amerikanischen Fiskus besonders bitter. Das Unternehmen hat sein Auslandskapital in den vergangenen Jahren massiv vergrößert, indem es seine wichtigsten Gewinnbringer - die Lizenzrechte für das Betriebssystem Windows und die Bürosoftware Office - schrittweise in Steueroasen verlagert hat.
Zwischen 2007 und 2013 stieg das im Ausland gehaltene Kapital von 6,1 auf 76,4 Milliarden Dollar. Dabei hat Microsoft technisch betrachtet noch nicht einmal eine "Inversion" vorgenommen und seine Zentrale in den USA nicht zu einer Niederlassung einer ausländischen Gesellschaft gemacht. Dennoch sparte Microsoft auch auf die Umsätze in den USA 4,5 Milliarden Dollar an Steuern - pro Tag mehr als vier Millionen Dollar.