Vermögen und Nachlass Besser Schenken statt vererben

Es kann sich lohnen Vermögen zu verschenken, statt es später zu vererben, vor allem steuerlich. Doch in der Praxis geht das oft schief. Woran dies liegt - und wie es besser geht.

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Jemand gibt jemand anderem Geld. Quelle: Oleksii Plotnytskyi - Fotolia

Wie schnell Geschenke für Ärger sorgen können, musste der frühere National-Torwart Oliver Kahn vor einigen Jahren erfahren. Er hatte seiner früheren Lebensgefährtin Verena Kerth während der Beziehung viel teure Kleidung geschenkt. Jahre später - die Beziehung war längst in die Brüche gegangen - machte Kerth bei der TV-Sendung "Promi Shopping Queen" mit und öffnete dabei in ihrer Wohnung auch den Kleiderschrank. Ein Einblick, der das Münchener Finanzamt sehr erfreute. Es verschickte daraufhin einen Schenkungsteuerbescheid und forderte Steuer nach, laut Bild-Zeitung in fünfstelliger Höhe.

Weil Kerth die Steuerlast nicht selbst begleichen konnte, wandte sie sich hilfesuchend an den früheren Lebensgefährten. Was viele nicht wissen: Tatsächlich ist der Schuldner von Schenkungsteuer nicht nur der Beschenkte, sondern  - laut Erbschaft- und Schenkungsteuergesetz - auch der Schenker.

Es sind Fälle wie diese mit denen Joerg Andres, Fachanwalt für Steuerrecht, Steuerberater und Steuerrechtsprofessor aus Düsseldorf, in seinem neu erschienenen Ebook "Heute schon geschenkt?" auf die Tücken des Themas hinweist. Vor allem aber zeigt er, wie die Vermögensübertragung mittels Schenkung so gelingt, dass sich Schenker und Beschenkter wirklich freuen können – und auch oft „Nichtbeschenkte“ nicht verprellt werden.

Interessant sind Schenkungen vor allem, weil sich Vermögen so steuergünstig übertragen lässt. Mit wenigen Ausnahmen stehen die gleichen Steuerfreibeträge wie bei Erbschaften zur Verfügung. Nur können diese alle zehn Jahre neu ausgeschöpft werden. Ehegatten oder eingetragene Lebenspartner können sich beispielsweise innerhalb eines Zeitraums von zehn Jahren Beträge von bis zu 500.000 Euro steuerfrei schenken. Eltern können den Kindern bis zu 400.000 Euro übertragen. Dies gilt für jeden Elternteil und für jedes Kind. Damit bieten Schenkungen viel Gestaltungsspielraum, wenn einige wichtige Punkte beachtet werden.

Buchcover

Die wichtigsten Erkenntnisse aus dem neuen Buch von Joerg Andres im Überblick:

Zuwendung und Ausstattung

Nicht jede Zuwendung ist eine steuerpflichtige Schenkung. So bleiben Zuwendungen zu Unterhaltszwecken steuerfrei, solange sie angemessen sind. Eltern dürfen ihrem Kind zum Beispiel Unterhalt zahlen. Nur darf der dann ein angemessenes Maß nicht überschreiten. Die genaue Höhe hängt von den verfügbaren Einkünften und dem Vermögen der Eltern ab. Stehen die Eltern finanziell gut da, dürfen sie mehr zahlen, ohne dass dies als nicht angemessen angesehen würde. Andererseits muss das Kind bedürftig sein, damit die Steuerfreiheit wirklich greift. Ist es das nicht, kann auch bei niedrigen Beträgen schon eine steuerpflichtige Schenkung vorliegen.

Wer muss eine Einkommensteuererklärung machen?

Solche Zahlungen sollten die Eltern auf keinen Fall aus Bequemlichkeit zusammenfassen, sondern in kleinen Teilbeträgen, also zum Beispiel monatlich, fließen. Neben Unterhaltszahlungen können auch Unterstützungen bei der Existenzgründung, Heirat oder Geburt eines Kindes oder etwa dem Bau eines Eigenheims steuerfrei bleiben. Sie werden als "Ausstattungen" betrachtet, dürfen aber erneut nicht übermäßig hoch sein.

Geht es aber um große Geschenke, hohe Geldbeträge oder eine Immobilie, ist es laut Buchautor Andres vor allem wichtig, dass alle an der Schenkung Beteiligten sich über ihre Erwartungen und Bedürfnisse im Detail austauschen. Oft wisse der Beschenkte gar nicht, was sich der Schenker von ihm erwarte. So könne er sich weder an dieser Erwartung orientieren, noch im Vorfeld darauf hinweisen, dass er diese Erwartung womöglich nicht erfüllen kann. Ein intensiver Austausch hilft! Es seien in der Praxis vor allem menschliche Defizite, die zum Scheitern einer Schenkung führten, sagt Andres.

Geschenkt ist geschenkt

Ist die Schenkung einmal erfolgt, kann es zu spät sein: Sie ist ein Rechtsgeschäft und kann nachträglich nur schwer oder sogar gar nicht wieder aufgehoben werden.

Schenkung mit vorbehaltenem Nießbrauch

Mit geschickter Vertragsgestaltung lässt sich das ändern. So könnte ein Schenker ein Verkaufsverbot vorsehen, zumindest zeitlich begrenzt. So kann dann zum Beispiel eine verschenkte Immobilie nicht einfach weiterverkauft werden. Vielen Schenkern sei das wichtig, so Andres: "Vor allem wenn es sich um wertvolle und vielleicht über Jahrzehnte von Ihnen intensiv betreute Gegenstände handelt, wollen Schenker oft nicht, dass diese gleich wieder verkauft werden."

In vielen Fällen, vor allem bei Immobilien, ist es auch sinnvoll, wenn die Schenkung mit vorbehaltenem Nießbrauch erfolgt  - ein Verkauf durch den Beschenkten ist dann weniger wahrscheinlich, wenngleich noch möglich. Bei einer vermieteten Immobilie stünden dem Schenker in diesem Fall weiter die Mieteinnahmen zu, gleichzeitig muss er die üblichen Aufwendungen für die Immobilie tragen. Das hat einen weiteren Vorteil: Das Nießbrauchsrecht wird als wertmindernd angesehen. Damit wird die Schenkung weniger wertvoll und es fällt erst sehr viel später Schenkungsteuer an.

Je enger verwandt, umso niedriger die Steuer

Wie viel Steuer überhaupt anfällt, hängt von der familiären Nähe zwischen Schenker und Beschenktem ab. Je näher sie sich stehen, desto niedriger ist die Steuerklasse (von I bis III) und desto niedriger ist der Steuersatz. In Steuerklasse I liegen die Steuersätze zwischen 7 und 30 Prozent, in Steuerklasse III beginnen sie bei 30 und enden erst bei 50 Prozent.

Mitunter drohen durchaus Steuerfallen, wie ein Praxisfall von Buchautor Andres zeigt: Eine Frau hatte von ihrer Mutter 1994 600.000 D-Mark geschenkt bekommen und diese in der Schweiz auf ein Auslandskonto gelegt. Die Zinsen hatte sie dem deutschen Fiskus verschwiegen, wollte sich nun aber offenbaren. Sie ging davon aus, nur die Zinsen der vergangenen zehn Jahre nachversteuern zu müssen. Doch das stimmte nicht, weil die Frau auch die Schenkung nicht gemeldet hatte. "Vereinfacht gesagt beginnt die Verjährung bei Schenkungen dann erst, wenn das Finanzamt von der Schenkung erfährt oder der Schenker gestorben ist", sagt Andres.

Im konkreten Fall lebte die Mutter aber noch. Daher habe die Frau auch die Schenkungsteuer nachträglich zahlen müssen, somit Zinsen für mehr als 20 Jahre. "Eine durchaus einschneidende Erfahrung."

Die Übertragung von Vermögen auf ein Konto des Ehegatten ist grundsätzlich steuerpflichtig, entschied der Bundesfinanzhof. Wer trotzdem nicht zahlen muss.

Mit Kettenschenkung Steuern vermeiden

Auf der anderen Seite kann mit geschickter Gestaltung die Schenkungsteuer deutlich gesenkt werden, etwa mit Kettenschenkungen. Wollen Eltern eine Immobilie für 400.000 Euro zu gleichen Teilen an ihr Kind und Schwiegerkind schenken, wäre das sehr ungeschickt. Der Freibetrag des Kindes (400.000 Euro) würde nur zur Hälfte genutzt. Weil dem Schwiegerkind andererseits nur 20.000 Euro Freibetrag zustehen, müsste es immerhin 19.800 Euro Schenkungsteuer zahlen. Stattdessen könnten die Eltern die Immobilie ihrer Tochter schenken, steuerfrei. Sie könnte dann in einem zweiten Schritt die Hälfte der Immobilie ihrem Mann schenken.

Da hier der Ehegatten-Freibetrag von 500.000 Euro greifen würde, fiele erneut keine Steuer an. Wichtig: Das beschenkte Kind darf keine Verpflichtung zur Weiterschenkung auferlegt bekommen und die Weiterschenkung darf laut Bundesfinanzhof nicht in der gleichen notariellen Urkunde erfolgen.

Wenn alles gut läuft, bleibt das Geschenk vollständig erhalten und macht so allen mehr Freude -  nur nicht dem Finanzamt.

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