Donald Trumps Schwiegersohn Jared Kushner, der Ikarus im Weißen Haus

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Kushner hat noch kein Strafverfahren am Hals

Kushner hielt das Treffen mit Kisljak geheim. Auch auf dem Formular, mit dem er seine Sicherheitsberechtigung beantragte, führte er sie nicht auf – obwohl dies mit bis zu fünf Jahren Gefängnis bestraft werden kann. Ein weiteres Treffen mit einem einflussreichen Russen unterschlug er ebenfalls.

Kurz nach seinem Gespräch mit Kisljak empfing Kushner Sergej Gorkow, Chef der russischen Staatsbank VEB, die wegen der Krim-Annexion mit Sanktionen belegt wurde. Die Nachrichtenagentur Reuters berichtete am Freitag zudem über zwei Telefonate zwischen Kushner und Kisljak.

Über den Inhalt all dieser Gespräche ist nichts oder nur sehr wenig bekannt. Die New York Times berichtet, Kushner und Kisljak hätten eine gemeinsame Syrien-Strategie erarbeiten wollen. Es kann also durchaus harmlose Erklärungen für die dubiosen Russlandkontakte geben. Nur: warum dann die Verschleierungsversuche? Angesichts der Bedeutung der Treffen erscheint die Erklärung des Weißen Haues, Kushner habe die Treffen einfach vergessen, wenig glaubwürdig.

Es ist wichtig zu betonen: Kushner hat zum jetzigen Zeitpunkt kein Strafverfahren am Hals. Er wird vom FBI auch nicht als Verdächtiger behandelt, sondern als „Person of Interest“, eine für die Ermittlungen bedeutsame Person. Aber auch das scheint den talentierten Mister Kushner nervös zu machen.

Er war es, der sich vehement für die Entlassung von FBI-Direktor James Comey einsetzte. Und er war es auch, der seinem Schwiegervater nach der für die Regierung äußerst unangenehmen Berufung von Comeys Vorgänger und Mentor Robert Mueller zum Sonderermittler riet, mit aller Macht zurückzuschlagen.

Warum diese Aggressivität von einem, dem sonst nachgesagt wird, mäßigenden Einfluss auszuüben? Inzwischen werden im Weißen Haus Medienanfragen zur Causa Kushner an die Rechtabteilung durchgestellt. Kushner ist damit beschäftigt eine Kommandozentrale einrichten, um der Russland-Affäre Herr zu werden. Einen „War Room“. Kushner denkt nicht daran, seinen Regierungsposten aufzugeben. Er will kämpfen, seine Ehre verteidigen.

Bisher war die Strategie des Weißen Hauses einfach: Trump ließ die Rolle seiner in die Russland-Affäre verwickelten Vertrauten kleinreden. Selbst den zwischenzeitigen Wahlkampfmanager Paul Manafort erklärte die Regierung zur Randfigur. Das dürfte im Falle Kushners nicht gelingen. Kushner ist Trumps Mann für alles. Er soll Frieden im Nahen Osten schaffen, die Beziehungen zu Mexiko und Kanada regeln, den Welthandel neu austarieren, die Verwaltung modernisieren und die Heroinepidemie in den USA bekämpfen. Für das Weiße Haus ist er schon deshalb kaum zu ersetzen, weil er zu den wenigen Menschen zählt, denen der Präsident vertraut.

Die Schlinge des Skandals umschließt die Regierung immer enger, schon nach vier Monaten im Amt kämpft sie um ihr politisches Überleben. Der bekannte Jurist Richard Painter, Rechtsberater von Ex-Präsident George W. Bush, twitterte am Samstag einen Link zu einer Bundeshaftanstalt in Alabama und schrieb dazu: „Das nächste Winter White House?“

Die Frage war nicht nur eine sarkastische Anspielung auf Trumps Neigung, seinen Golfclub in Florida als inoffiziellen Regierungssitz zu vermarkten, sondern auch ein bitterböser Verweis auf das dunkelste Kapitel in der Saga des Kushner-Clans. Das Federal Prison Camp Montgomery ist das Gefängnis, in dem Jareds Vater einsaß.

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