Friedensnobelpreisträger Mohammed ElBaradei "Bomben besiegen nicht die Armut"

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"Deutschland sollte das Bildungssystem exportieren statt Waffen"

Deutschland könnte helfen, wie es das ja auch bereits tut, Zivilgesellschaften aufzubauen; die Bundesrepublik könnte ihr Bildungssystem exportieren oder mithelfen, nach deutschem Vorbild eine Justiz in den Entwicklungsländern aufzubauen. Diese Dinge sollte Deutschland primär exportieren, nicht Waffen.

Was Deutschland im Irak leistet und nicht leistet

Bis wir es als internationale Gemeinschaft in Afrika nicht schaffen, lebenswerte Bedingungen vor Ort zu bieten, wird der Exodus der Menschen nicht abreißen. Sommer für Sommer versuchen Zehntausende Flüchtlinge übers Mittelmeer nach Europa einzuwandern. Sollte die Europäische Union ihre harte Haltung gegen Flüchtlinge überdenken?

Ähnlich wie beim Kampf gegen IS ist auch hier die Frage, warum die Menschen flüchten. Vergessen Sie nicht: Niemand verlässt gerne seine Heimat. Diese Menschen tun es auch nicht gerne, sondern aus Not. Sie riskieren ihr Leben, um nach Europa zu kommen. Das heißt: Wir müssen – wie Sie sagen – lebenswerte Bedingungen in den Heimatstaaten der Flüchtlinge schaffen. Wir müssen Afrika zu einem lebenswerten Kontinent machen. 2,8 Milliarden Menschen auf der Welt haben weniger als zwei US-Dollar täglich zum Leben.

Aber wie umgehen mit den Bootsflüchtlingen?

Wir müssen diesen Flüchtlingen mit Menschlichkeit begegnen. Ich liebe Ihr deutsches Grundgesetz, weil gleich der erste Artikel einwandfrei unterstreicht, dass die Würde des Menschen unantastbar ist. Ist es menschenwürdig einen Bootsflüchtling, der unter Einsatz seines Lebens die italienische oder griechische Küste erreicht, zurückzuschicken? Nein, das ist es nicht.

Machen Sie uns Mut: Können wir optimistisch sein, dass wir in fünf oder zehn Jahren vermehrt positive Nachrichten aus Afrika hören und nicht so oft über Gewalt und Chaos schreiben müssen?

Ich bin optimistisch, ja! Wir müssen die wirtschaftliche Entwicklung vorantreiben. Es gibt durchaus positive Beispiele in Afrika. In Sierra Leone fanden – zehn Jahre nach dem Ende des Bürgerkrieges – freie und faire nationale Wahlen statt. In Guinea hat sich die Religionsfreiheit etabliert und Malawi hat sich unter Präsident Joyce Banda positiv gewandelt. Er hat Repressionen gelockert und die Universitäts- und Versammlungsfreiheit gestärkt. Wer Afrika unterstützt, der bewegt etwas.

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