Analyse zum Nürburgring-Verkauf Ein Überraschungssieger und viele Verlierer

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Verfahren bei EU-Kommission ist ein Risiko

Die größten Investitionsruinen Deutschlands
Flughafen ZweibrückenNach dem insolventen Nürburgring steht ein weiteres Projekt mit Steuergeld in Rheinland-Pfalz vor dem finanziellen Crash: Der Flughafen Zweibrücken in der Pfalz wird nach Ansicht von Verkehrsminister Roger Lewentz (SPD) Insolvenz anmelden müssen. Er rechne damit, dass die EU-Kommission die Rückzahlung von bis zu 56 Millionen Euro staatlicher Beihilfen fordern werde, sagte Lewentz. Der Flughafen Zweibrücken - wie der verschuldete Airport Frankfurt-Hahn ein früheres Militärgelände - hatte 2012 ein Minus von 4,6 Millionen Euro eingefahren, das er im vergangenen Jahr nach Ministeriumsangaben auf knapp 3 Millionen Euro drückte. Der Flughafen befindet sich zur Hälfte in Hand des Landes und zur Hälfte in kommunaler Hand. Er liegt nur rund 30 Kilometer vom Flughafen Saarbrücken entfernt. Die neuen Flugleitlinien der EU-Kommission verbieten Subventionen für zwei Airports, die weniger als 100 Kilometer auseinanderliegen. Quelle: dpa/dpaweb
Eine Maschine der Lufthansa überquert die Landebahn des Flughafens Leipzig/Halle Quelle: Uwe Schoßig
Freizeitpark am Nürburgring Quelle: dpa
Ein Transrapid TR 09 steht auf der Teststrecke im Emsland Quelle: dpa
Menschen verspeisen Kaffee und Kuchen im Reaktorhauptgebaeude des Kernkraftwerkes Kalkar Quelle: AP
Aussenansicht der Halle des Tropical Islands Resorts Quelle: dpa/dpaweb
Passanten vor dem Dortmunder U-Turm Quelle: PR

Über allem schwebt derweil allerdings noch das Verfahren bei der EU-Kommission. Für die Verkaufsgegner ist es ein Hoffnungsschimmer, zugleich ist es ein Risiko für den Sieger Capricorn, für die Insolvenzverwalter und die Landesregierung. Denn der Verkauf ist noch gar nicht durch: Die letzte Runde im Bieterverfahren wird in Brüssel gefahren. Wegen des laufenden Beihilfeverfahrens muss die EU-Kommission den Deal erst absegnen. Nur wenn das Verkaufsverfahren europarechtskonform abgelaufen ist, kann der Käufer sicher sein, dass die Beihilfen nicht auf ihn übertragen werden und er nicht mit einer Rückforderung in dreistelliger Millionenhöhe konfrontiert wird. Sollte das passieren, hätte Capricorn ein Rücktrittsrecht vom Verkaufsvertrag.

Die Zustimmung der Kommission wird kein Selbstläufer. Der ADAC, der selbst an einem Kauf der Rennstrecken interessiert war, hat sich bei der Kommission beschwert, ebenso „Ja zum Nürburgring“ – sie halten den Ablauf des Verkaufsprozesses für europarechtswidrig. Die Insolvenzverwalter Lieser und Schmidt sehen das anders. „Wir hoffen, dass es zeitnah, noch in der ersten Hälfte dieses Jahres, zu einer Entscheidung kommt“, sagte Schmidt bei der Verkaufs-Pressekonferenz. Und weiter: „Wir sind davon überzeugt, dass die Kommission zu einer positiven Entscheidung kommt.“

Finale Entscheidung erst im Herbst?

Bei ersterem zumindest liegen die Insolvenzverwalter mit ihrer Einschätzung vermutlich daneben. Die Kommission hat sich zwar noch kein fixes Zeitfenster gesetzt, es gibt allerdings ein aktuelles Schreiben des zuständigen Wettbewerbskommissars Joaquin Almunia an den CDU-Europaabgeordneten Werner Langen. Das Schreiben, abgeschickt am Montag dieser Woche, liegt der WirtschaftsWoche vor.

Eine Entscheidung noch vor der Sommerpause erscheint demnach wenig wahrscheinlich. „Die finale Entscheidung könnte vor Oktober dieses Jahres ergehen“, deutet Almunia in dem Brief an, „vorausgesetzt, dass die deutschen Behörden im erforderlichen Umfang mit der Wettbewerbsdirektion kooperieren.“ Eines stellt Almunia auch klar: Dass die Beschwerde vor einer Entscheidung „sorgfältig analysiert“ werde.

Vom Ergebnis der Prüfung hängt für Lieser und Schmidt viel ab. Kippt die EU den Verkaufsprozess und verweigert die Zustimmung, haben sie eine kapitale Blamage hingelegt. Zu lange, zu öffentlich wurden die europarechtlichen Risiken diskutiert, als dass sie sich noch darauf berufen könnten, ein Einschreiten der Kommission sei völlig überraschend gekommen und nicht zu erwarten gewesen.

Sollte die Kommission dagegen grünes Licht geben, könnten Lieser und Schmidt trotz des wenig erbaulichen Verkaufserlöses sogar noch zu Capricorn auf die Gewinnerseite wechseln. Dann dürften sie sich auf die Fahnen schreiben, ein hoch komplexes Verkaufsverfahren im Spannungsfeld zwischen Europarecht und Insolvenzrecht, zwischen öffentlichen Diskussionen und politischen Interessen, erfolgreich über die Ziellinie gebracht zu haben.

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