Bundestagswahl Deutschland döst

Vier Wochen vor der Bundestagswahl liegt die Republik im Sommerschlaf. Weder Kanzlerin noch Herausforderer vermögen es, die Bundesbürger aufzuwecken. Schon macht sich das Ausland lustig über den sedierten Wahlkampf.

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Angela Merkel scheinbar am schlafen. Quelle: imago images

Vor vier Jahren war es nur die Raute. Überlebensgroß, geformt aus Millionen kleiner Hände, die im Ganzen ein Bild ergaben. Ein Symbol, groß wie zwei Einfamilienhäuser, das da nahe des Berliner Hauptbahnhofs hing. Die Botschaft dazu: gemeinsam schaffen wir es, zusammen bringen wird dieses Land nach vorne – mit einer starken Kanzlerin an der Spitze. Es waren schließlich die Hände von Angela Merkel, die dieses Wahlplakat bildeten.

In diesem Jahr ist die Fortsetzung zu besichtigen. Ja, die logische Weiterführung gar. Nur, das diesmal Merkels Hände nicht mehr nur am Berliner Hauptbahnhof hängen, sondern an hunderttausenden Laternenmasten im ganzen Land. Dazu dieser wunderbar einfache, ja entlarvende Satz. Verewigt auf Plakaten, gesagt auf Marktplätzen: „Für ein Deutschland, in dem wir gut und gerne leben“. Auf Schwarz-Rot-Gold. CDU.

Es ist die Kernaussage der Regierung in Berlin: dem Land geht es maximal gut, zu tun ist minimal wenig. Vielleicht ein bisschen Außenpolitik hier und da. Nichts wirklich Ernstes. Alle anderen großen Probleme der vergangenen Jahre, die Wirtschaftskrise, der Bankencrash, die implodierende Eurozone: abgeräumt. Wo früher Alarm war sind heute nicht mal mehr Fragezeichen. Bei Merkel ist das Land in den allerbesten Rautenhänden. Kümmert euch nicht drum, legt euch wieder hin, Mutti macht schon. Und im Übrigen: „Schöne Sommerferien“ – so hat es Merkels Kabinettskollege, CSU-Landwirtschaftsminister Christian Schmid in seinem fränkischen Wahlkreis wirklich plakatiert.

Schöne Ferien. Dämmerschoppen mit Angela. 

Die Zahlen immerhin sprechen nach zwölf Jahren Rauten-Kanzlerschaft ja scheinbar für sich. Fast alle statistischen Indikatoren zeigen, dass es der Nation so gut geht wie seit Jahrzehnten nicht mehr. Die Arbeitslosenquote im Juli: mit 5,6 Prozent auf historischem Tiefststand. Die Zahl der offenen Stellen: Rekordhoch. Der GfK-Konsumklimaindex zeigt nach oben, die Deutschen shoppen wie selten zuvor. Gleichzeitig misst das Münchner ifo-Institut Monat für Monat bessere Werte, stellte gerade das „stärkste Wirtschaftswachstum seit 2014“ in Aussicht. International geächtet, daheim aber ein Jobgarant sind die Exporteure: Waren im Wert von über 100 Milliarden Euro führt die Bundesrepublik jeden Monat aus.

Das Bruttoinlandsprodukt soll bis zum kommenden Jahr um fast zwei Prozent wachsen. Gerade verbuchten Bund, Länder und Gemeinden die höchsten Einnahmen. Jemals.

Merkel gegen Schulz: Die wichtigsten Themen und Positionen vor dem TV-Duell

Was soll man da noch besser machen?

Vier Wochen vor der Bundestagswahl und kurz vor dem ersten und einzigen TV-Duell befindet sich die Republik so nicht im Wahlkampf um den politisch einflussreichsten Posten in ganz Europa – sondern im Sommerschlaf. Also genau an dem Punkt, wo Merkel sie haben will. Nichts nützt der Kanzlerin mehr.

Tatsächlich?

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