EU-Türkei-Abkommen Weniger Flüchtlinge erreichen Deutschland

In Deutschland sinkt die Zahl der Asylsuchenden: Im März sind 20.600 Flüchtlinge registriert worden. Griechenland setzt den EU-Flüchtlingspakt mit der Türkei weiter um.

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Weniger Flüchtlinge kommen nach Deutschland. Quelle: dpa

In Deutschland kommen immer weniger Flüchtlinge an, während immer mehr abgelehnte Asylbewerber abgeschoben werden. Innenminister Thomas de Maiziere (CDU) führte den geringeren Zustrom von Menschen am Freitag unter anderem auf die Schließung der Balkan-Route zurück. Für eine Prognose zum Gesamtjahr sei es aber noch zu früh, da abgewartet werden müsse, wie sich Ausweichrouten und das Abkommen der EU mit der Türkei entwickelten. Auf der Grundlage dieser Abmachung brachte Griechenland über 120 Geflüchtete auf zwei Fähren von Lesbos in den Nachbarstaat zurück.

Im März wurden rund 20.600 Flüchtlinge von den Ländern erfasst, nachdem im Dezember noch mehr als 120.000 Flüchtlinge im sogenannten Easy-System registriert worden waren. Dabei sind aber Doppelerfassungen möglich, und die Daten sind nicht personenbezogen.

Näher an den tatsächlichen Ankunftszahlen dürfte die Bundespolizei sein, die im März beim Grenzübertritt noch rund 5500 Flüchtlinge aufgriff. Mittlerweile sind es laut de Maiziere täglich deutlich weniger als 200.

Mehr Abschiebungen aus Deutschland

Verdoppelt hat sich die Zahl der abgeschobenen abgelehnten Asylbewerber. Von Januar bis Februar waren es laut de Maiziere fast 4500. Zudem seien im Februar 5000 Menschen freiwillig ausgereist, auch dies ist ein Anstieg.

Im Rahmen des EU-Türkei-Abkommens waren am Montag die ersten 202 Flüchtlinge in die Türkei zurückgebracht worden. Mit den am Freitag abgeschobenen sind es etwa 325. Trotz der Vereinbarung kommen weiterhin Migranten auf die griechischen Inseln. Am Freitag stieg die Zahl der innerhalb von 24 Stunden auf Lesbos, Samos und Chios gestrandeten Personen auf 149 nach 76 am Vortag.

Das Abkommen der 28 EU-Staaten mit der Türkei sieht vor, dass alle seit dem 20. März in Griechenland illegal eingereisten Flüchtlinge, die dort kein Asyl beantragen, in die Türkei zurückgeschickt werden. Im Gegenzug will die EU für jeden abgeschobenen Syrer einen syrischen Flüchtling aus der Türkei auf legalem Wege aufnehmen. In Deutschland trafen am Montag 32 Menschen aus dem Bürgerkriegsland ein. De Maiziere sagte, der "Eins-zu-Eins-Mechanismus" werde fortgeführt, machte aber keine weiteren Angaben.

Den Streit in der EU über die Flüchtlingspolitik hält der Bundesinnenminister für ausgestanden, da es nun eine europäische Lösung gebe. Er warnte aber, es müsse abgewartet werden, wie sich etwa die Route über das Mittelmeer von Libyen nach Italien entwickle. Unklar sei auch, wie Italien sich dann verhalten werde. Österreich will sich vorerst nicht auf ein konkretes Datum für die Einführung von Grenzkontrollen am Brenner und anderen Grenzübergängen festlegen. Innenministerin Johanna Mikl-Leitner sagte im ORF: "Datum gibt es sicherlich keines von uns, aber wir sind jederzeit bereit." In österreichischen Medien war der 1. Juni als Termin genannt worden. Der bayerische Ministerpräsident Horst Seehofer bot Österreich an, Personal für den Schutz der Grenze zu Italien bereitzustellen.

Nach Angaben von Bundesentwicklungsminister Gerd Müller warten allein in Libyen 100.000 bis 200.000 Afrikaner, die aus Staaten südlich der Sahara kommen, auf ihre Überfahrt nach Europa. Für sie wäre Italien der erste Anlaufpunkt in der EU. Die Schlepper seien "voll in Aktion", sagte der CSU-Politiker der "Rheinischen Post". De Maiziere sagte, er halte die Zahlen sogar "eher für zu niedrig".

Im Streit mit Bayern über einen Wegfall der Kontrollen an den deutschen Grenzen aufgrund der sinkenden Flüchtlingszahlen pochte der Innenminister auf seine Entscheidungsbefugnis. Selbstverständlich werde er mit den Bundesländern und dem "hauptbetroffenen Bundesland" reden. "Aber es bleibt eine Entscheidung des Bundesinnenministers." De Maiziere hatte den 12. Mai als möglichen Termin für ein Ende der Kontrollen genannt. CSU-Chef Seehofer bekräftigte, er sehe keinen Anlass für eine Lockerung der Kontrollen an der deutsch-österreichischen Grenze.

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