Für diese Einschätzung muss man die Positionen der AfD noch nicht einmal mögen; es ist vielmehr für die Beurteilung der Reaktion auf die AfD völlig unabhängig, wie man selber zur AfD steht. Die Reaktion zeigt eine politische Kultur und inhaltliche Ernsthaftigkeit bei den anderen Parteien, wie sie niedriger kaum sein könnte. Denn die Reaktion folgt einem klaren Muster:
Erstens wird der AfD in nasaler Form vorgehalten, nur einfache Lösungen anzubieten. Wer einen Blick auf die Wahlplakate im sächsischen oder thüringischen Landtag geworfen hat, fand in der Tat recht einfache Slogans auf den Plakaten der AfD. Allerdings fand man noch einfachere, nachgerade sinnlose Sprüche z.B. bei der SPD oder der CDU in Thüringen, nämlich so ganz ohne Bezug zu irgendeinem Thema. Darüber hinaus zeichnet sich die regierende Koalition nicht dadurch aus, besonders komplexe und ausgewogene Problemlösungen für die großen – nicht nur wirtschaftspolitischen – Probleme unserer Zeit zu finden.
Der Mindestlohn, die PKW-Maut, die Mietpreisbremse, die Mütterrente sind jedenfalls sehr einfache und wohl kaum problemgerechte Lösungen des jeweiligen Problems. Vielmehr handelt es sich um Ausprägungen einer Symbolpolitik, allerdings einer ziemlich teuren Symbolpolitik. Und es sei die Frage erlaubt, ob die Bemerkung: „Fällt der Euro, fällt Europa“ wirklich Komplexität ausstrahlt.
Zweitens wird davon geredet, die AfD sei keine demokratische Partei. Es gibt wie in jeder Gründungsphase einer neuen Partei auch bei der AfD Mitglieder mit dubioser Haltung – man denke nur an die Päderasten bei den Grünen (den Vater zweier Kinder gruselt es!). Es ist eine große Leistung der Grünen, diese Leute loszuwerden und das Thema offensiv anzugehen. Man darf gespannt sein, ob es der AfD gelingt, ein klares konservatives, aber nicht nationalistisches und fremdenfeindliches Profil zu entwickeln. Das braucht Zeit. Es spricht nicht unbedingt für die demokratische Gesinnung der anderen, hier nur mit der Keule Fremdenfeindlichkeit zu operieren, anstatt den Positionen inhaltlich zu begegnen.
Aktuelle Aussagen von Frauke Petry
„Wir brauchen Politiker, die den Mut haben, das Wort einer 'aktiven Bevölkerungspolitik' in den Mund zu nehmen“, sagte Petry. Als neues gesellschaftliches Leitbild empfahl sie die Drei-Kind-Familie, die den Fortbestand der Bevölkerungszahl in Deutschland sichern solle. Als Vorbild stellte Petry die Familienpolitik in der DDR dar, die Familien etwa zu günstigen Wohnungen verholfen habe. „Auf diese gute Seite der Familienpolitik in der DDR sollte man sich besinnen“, forderte sie.
„Gleichgeschlechtliche Partnerschaften sind keine Ehen.“
Zum Urteil des EuGH gegen Sprachkurse für türkische Ehegatten erklärt Petry: „Das heutige Urteil des EuGH ist ein Schlag ins Gesicht für alle diejenigen, die Integration ernst nehmen. Die sichere Beherrschung der Landessprache ist die wichtigste Voraussetzung gelungener Integration. Die Alternative für Deutschland fordert deshalb verpflichtende Sprachkurse auf hohem Niveau für alle Einwanderer. Unentschuldigtes Fehlen, Stören oder verweigerte Mitarbeit sollten durch empfindliche Kürzung der Sozialleistungen sanktioniert werden", so Petry. „Es ist nicht nur ein Unding, dass sich der EuGH in innerdeutsche Zuwanderungspolitik einmischt. Es ist vor allem schädlich, wenn türkische Ehegatten vom Sprachtest ausgenommen werden sollen. Das führt automatisch zur Isolation und zur Marginalisierung dieser Einwanderer. Daran kann niemandem gelegen sein“, so Petry.
Am 30. Juni stellte Familienministerin Manuela Schwesig ihr Bundesprogramm gegen Rechtsextremismus vor. „Das Programm ist an Einseitigkeit kaum zu überbieten und strotzt nur so vor roter Gesinnung", sagte Petry. „Besonders brisant ist nicht nur die Tatsache, dass alle Programme gegen Linksextremismus mit der lapidaren Begründung der Wirkungslosigkeit ersatzlos gestrichen wurden. Es ist ein Skandal, dass die Programme gegen Rechtsextremismus nun durchgängig für fünf Jahre ohne die übliche jährliche Bestätigung laufen sollen", so Petry. „Skandalös ist vor allen Dingen aber auch Frau Schwesigs Aussage, 'Linksextremismus sei ein aufgebauschtes Problem'.
"Wenn ich linksextreme Gewalt in Hamburg und Berlin gegen Polizisten oder in Leipzig gewalttätige Randale gegen Wohn- und Geschäftsviertel und gar Schmierereien an Kindergärten sehe, dann frage ich mich, ob Frau Schwesig mit solch einer Aussage überhaupt noch als Ministerin haltbar ist. Linksextremismus ist nach wie vor ein großes Problem in unserer Gesellschaft und eine Gefahr für die Zukunft unserer Familien", so Petry weiter.
Dazu passt drittens, dass die Wähler der AfD als dümmliche Protestwähler verunglimpft werden. Nur ein SPD-CDU-Grünen-Wähler ist in dieser Lesart ein Demokrat. Die Frage, wieso ein Wähler bzw. eine Wählerin diese Form des Protests wählt, wird zumindest nicht laut gestellt. Vor allem werden eigene Versäumnisse dafür selten verantwortlich gemacht. Wenn, dann wird darüber schwadroniert, dass die gute eigene Politik dem Wähler nicht erklärt werden konnte. Vielleicht war sie ja doch nicht so gut!
Die ökonomische Theorie legt nahe, dass bei steigendem Wettbewerb die Qualität der angebotenen Produkte sich verbessert, es sei denn die Altsassen haben es sich in einem Oligopol gemütlich eingerichtet und glauben, sich weiterhin schlechte Qualität erlauben zu können. In der Regel führt diese Reaktion dazu, dass dieser Anbieter vom Markt verdrängt wird, wenn denn das neue Produkt die Versprechen einlöst.
Noch verhalten sich die politischen Parteien wie träge Oligopolisten, die glauben, der neue Wettbewerber werde schon von selbst wieder verschwinden. Sie reden ihn nur ein wenig schlecht, bieten selber aber nicht mehr. Das könnte sich als ein Fehler herausstellen (siehe FDP).
Interessanterweise haben die Rating-Agenturen diese Dimension als erste erfasst. So wurde jetzt die Erwartung geäußert, dass die Bundesregierung unter dem Druck der neuen Opposition weniger Milde mit den Krisenländern als bisher haben könnte – allerdings wurde dies als negativ für diese Länder bewertet. Nach ökonomischer Logik ist dies falsch; es ist im langfristigen Eigeninteresse z.B. der Franzosen, dass die französische Wirtschaftspolitik reformiert wird. Vielleicht wird ja das Thema Strukturreformen in Euroland nun ernsthafter angegangen. Vielleicht wird ja sogar nun vorbehaltlos und ergebnisoffen über die offenkundigen Mängel in der Integration der Zuwanderer in diesem Land diskutiert. Vielleicht nehmen Politiker die Sorgen von Bürgern um ihre Sicherheit nun ja ernster. Dann hätte der gestiegene Wettbewerb auf dem politischen Markt wirklich einen positiven Effekt auf die Qualität der angebotenen Politiken (unabhängig davon, ob die Positionen der AfD sich durchsetzen oder nicht). Es bleibt auf jeden Fall spannend!