Knauß kontert

Der Traum von der Integration

Seite 2/2

Begrenzung erleichtert Integration

Die im politischen Berlin immer wieder mit pseudo-starken Worten genährte Vorstellung, der deutsche Rechtsstaat könne muslimische Einwanderer dazu zwingen, das Grundgesetz zu akzeptieren, ist ebenso illusorisch, wie die Verharmlosung der Burka zu einem Kleidungsstück, das der Staat zu akzeptieren habe. Burka-Trägerinnen und vor allem ihre Männer demonstrieren, dass sie nicht Teil der offenen Gesellschaft sind.

Ein aufnehmender Staat kann letztlich nur Angebote zur Integration machen. Ein Integrationsgesetz kann für Sprachkurse sorgen, Ausbildungs- und Arbeitsmöglichkeiten schaffen. Diese erleichtern möglicherweise eine vordergründige Form der Integration, nämlich die in das Wirtschaftsleben. Aber das ist nicht mit gesellschaftlicher Integration gleichzusetzen.

Integration ist, so belehrt uns Wikipedia, „die Ausbildung einer Wertgemeinsamkeit mit einem Einbezug von Gruppierungen, die zunächst oder neuerdings andere Werthaltungen vertreten, oder einer Lebens- und Arbeitsgemeinschaft mit einem Einbezug von Menschen, die aus den verschiedensten Gründen von dieser ausgeschlossen und teilweise in Sondergemeinschaften zusammengefasst waren.“

Der Erfolg von Integration liegt nicht in der Hand des Staates, sondern in der Hand der sich (nicht) Integrierenden. Selbst autoritäre Staaten sind meist gescheitert, wenn sie Menschen zu verändern versuchten, die das nicht selbst wollten. So hat es zum Beispiel das deutsche Kaiserreich nicht geschafft, die Mehrheit seiner polnischen Bürger in Posen und Westpreußen zu Deutschen umzuerziehen – trotz forciertem Deutschunterricht und allen möglichen Schikanen. Die Polen wollten Polen bleiben und blieben es in der übergroßen Mehrheit auch.  

Bei den in das Ruhrgebiet ausgewanderten Polen war das anders. Sie wurden rasch, spätestens in der zweiten Generation, zu Deutschen – ohne besondere „Integrationsanstrengungen“ des damaligen deutschen Reiches. Nur noch die vielen polnischen Nachnamen in Telefonbüchern von Essen, Gelsenkirchen oder Dortmund erinnern an diesen Integrationserfolg. Der wohl entscheidende Unterschied: Die Polen in Posen lebten in geschlossen polnischen Siedlungen, die Polen im Ruhrgebiet waren dagegen stets von einer deutschen Mehrheitsbevölkerung umgeben.  

von Simon Book, Max Haerder, Rebecca Eisert, Maximilian Nowroth, Jürgen Salz, Christian Schlesiger, Cordula Tutt, Kathrin Witsch

Die Wahrscheinlichkeit von Integration, das ist die Lehre aus der Geschichte, ist weniger von staatlichen Anstrengungen abhängig, sondern von der Integrationsbereitschaft und –fähigkeit der Einwandernden. Und die ist sinkt erfahrungsgemäß, wenn die schiere Zahl der Einwandernden steigt. Das gilt erst recht, je größer die kulturelle Fremdheit ist, wie die Forschungsergebnisse von Ruud Koopmans zeigen.  

Eine vernünftige und erfolgversprechende Integrationspolitik hat also eine vernünftige, das heißt begrenzende Einwanderungspolitik zur Voraussetzung.  Eine Integrationspolitik ohne konsequente Beschränkung der Zahl der zu Integrierenden ist ebenso größenwahnsinnig wie eine Wirtschafts- und Finanzpolitik, die die Grenzen der Wachstumsmöglichkeiten nicht wahrhaben will.  

Inhalt
Artikel auf einer Seite lesen
© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%