Zu dem nicht im Sozialbudget erfassten, über zig kommunale, Länder- und Bundesbudgets gewucherten, und durch keine politische Kritik wirksam eingehegten Dschungel der Programme und Projekte, gehören zum Beispiel: die 10 Millionen Euro, die das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) und das Bundesministerium des Innern (BMI) für die Betreuung von Kindern ausgeben, deren Mütter und Väter an (natürlich ebenfalls aus staatlichen Mitteln finanzierten) Integrationskursen teilnehmen. Oder die 17,5 Millionen Euro, die das BMFSFJ für Mehrgenerationenhäuser zur Verfügung stellt.
Oder die unbezifferten Ausgaben des BMFSFJ für den Unterhalt des Hilfetelefons „Gewalt gegen Frauen“ (samt Dolmetscherdienst in 17 Sprachen) und für das Modellprojekt „POINT – Potentiale integrieren“, das geflüchtete Frauen in Berlin bei der Aufnahme einer existenzsichernden Beschäftigung oder Ausbildung unterstützt.
Alarmrufe angesichts der explodierenden Kosten sind derzeit nur von wenigen zu hören. Die einen kommen von eher regierungskritischen Ökonomen. Bernd Raffelhüschen und Hans Werner Sinn wären zu nennen. Letzterer weist immer wieder, zuletzt hier in der WirtschaftsWoche, auf die Notwendigkeit hin, die Zuwanderung in den deutschen Sozialstaat durch drastische Senkung der Anreize zu beenden, um das System als Ganzes nicht langfristig zu zerstören. Sinn weist auch immer wieder auf die Pflicht des Staates zum Schutz des kollektiven Eigentums hin, das über Generationen hinweg geschaffen wurde.
Aus diesen Gründen bekommt nicht jeder Arbeitslose auch Geld
Nicht jeder, der seinen Job verliert, hat auch einen Anspruch auf Arbeitslosengeld. Das entscheidende Schlagwort ist hier die Anwartschaftszeit, also wie lange jemand gearbeitet hat, bevor er Arbeitslosengeld in Anspruch nehmen möchte/muss. Die Regelanwartschaftszeit hat erfüllt, wer in den letzten zwei Jahren vor der Arbeitslosmeldung mindestens zwölf Monate in einem Versicherungspflichtverhältnis gestanden hat.
Wer zwar gearbeitet hat, aber nicht sozialversicherungspflichtig beschäftigt war, hat ebenfalls keinen Anspruch. Wer sich also schwarz etwas nebenher verdient hat, kann das nicht als reguläre Beschäftigung geltend machen.
Die Dauer des Arbeitslosengeldanspruchs beträgt sechs bis 24 Monate. Sie ist abhängig vom Lebensalter und der Dauer der vorherigen Versicherungspflichtverhältnisse (§ 147 Abs. 2 SGB III). Danach gilt der Anspruch auf Arbeitslosengeld als aufgebraucht, bis die vorangegangenen Bedingungen wieder erfüllt sind. Wer also zum Beispiel nach einem Jahr keinen neuen Job hat, kann das Arbeitslosengeld I nicht neu beantragen, sondern bekommt Arbeitslosengeld II.
Das Arbeitslosengeld II (Hartz IV) ist einkommensabhängig (§ 9 Abs. 1 SGB II). Menschen, deren Partner beziehungsweise Partnerin ausreichend verdienen, um die Existenz beider zu sichern, haben keinen Anspruch darauf.
Doch diese Pflicht ist für Politiker unangenehm. Schließlich ist es für Politiker sehr viel angenehmer, Geld zu verteilen und sich dadurch selbst im Licht der guten Werke zu präsentieren, als es jemandem vorzuenthalten. Der Ökonom Adolph Wagner hat schon 1863 sein „Gesetz der wachsenden Staatsausgaben“ formuliert, das seine Gültigkeit bisher nicht eingebüßt hat. Politiker und Beamte haben ein nachvollziehbares Interesse an der Ausdehnung ihrer Tätigkeit – und damit Macht. Dazu kommt in der aktuellen Lage die bequeme Möglichkeit, durch die Betonung der ungewöhnlich stark gestiegenen Steuereinnahmen, den Blick der Öffentlichkeit auf die Kostenseite zu vernebeln.
Unangenehm ist das alles nur für die Steuerzahler. Denen wird schließlich jeder Euro, den der Staat für Sozialleistungen aufwendet, in Rechnung gestellt. Der demokratischen Theorie nach müssten sie in ihrer Funktion als Wähler den notwendigen Druck auf die von ihnen gewählten politischen Repräsentanten ausüben, und sie an die Pflicht zum Schutz des kollektiven Eigentums erinnern. Doch das öffentliche Bewusstsein dafür scheint nicht vorhanden – vor allem nicht bei der Masse der kleinen und mittleren Steuerzahler, jener Leute also, die laut Martin Schulz, „den Laden am Laufen halten“, denen Schulz dafür aber außer „Respekt“ nichts zu bieten hat.
Man sollte meinen, dass diese angesichts der Kostenexplosion ein großes Bedürfnis hätten, über die Beschränkung der Staatsausgaben wenigstens zu diskutieren. Dass das nicht der Fall ist, ist nicht weniger besorgniserregend als die Kostenexplosion selbst.