Die Türkei hat dem Linken-Bundestagsabgeordneten Jan van Aken einen Besuch bei den deutschen Soldaten auf dem Nato-Stützpunkt Konya verweigert. „Das Auswärtige Amt hat mir am Mittwoch mitgeteilt, die türkische Seite habe soeben telefonisch meinen Besuch abgelehnt“, sagte der Außenpolitiker der „Welt“ (Donnerstag). „Damit sucht die türkische Regierung eine weitere Eskalation mit Deutschland.“
Auf den Luftwaffenstützpunkten Konya und Incirlik in der Türkei sind etwa 270 Bundeswehrsoldaten am internationalen Einsatz gegen die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) beteiligt. Im vergangenen Jahr war deutschen Abgeordneten über mehrere Monate hinweg der Besuch der Soldaten in Incirlik verweigert worden, bis im Oktober schließlich sieben von ihnen anreisen durften.
Grund für die Verstimmung in der Türkei war damals, dass der Bundestag in einer Entschließung die an den Armeniern begangenen Verbrechen als Völkermord anerkannt hatte.
Wann sind türkische Politiker in Deutschland aufgetreten?
Ministerpräsident Erdogan warnt die Türken in Deutschland vor zu viel Anpassung. „Assimilierung ist ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit“, sagt er vor etwa 16 000 Anhängern in Köln.
Bei seinem Auftritt vor rund 10 000 Menschen in Düsseldorf fordert Erdogan seine Landsleute zwar auf, sich zu integrieren, lehnt aber erneut eine völlige Anpassung ab: „Unsere Kinder müssen Deutsch lernen, aber sie müssen erst Türkisch lernen.“
Erdogan wirbt auf einer Veranstaltung unter dem Motto „Berlin trifft den großen Meister“ vor etwa 4000 Zuhörern um Stimmen für die bevorstehende Direktwahl des türkischen Präsidenten.
Nach dem Grubenunglück im türkischen Soma kritisiert Erdogan vor etwa 15 000 Anhängern in Köln die Berichterstattung in Deutschland. Erneut wirbt er für die Präsidentenwahl. Zur selben Stunde ziehen 45 000 Gegendemonstranten durch die Innenstadt.
Ministerpräsident Ahmet Davutoglu ruft in Berlin vor etwa 3000 Anhängern der AKP-Partei zu mehr Entschlossenheit im Kampf gegen Rassismus auf.
Im Vorfeld der Parlamentswahl in der Türkei fordert Staatschef Erdogan vor etwa 14 000 Anhängern in Karlsruhe, dass sich Menschen mit türkischem Migrationshintergrund integrieren, dabei aber Werte, Religion und Sprache ihrer Heimat bewahren.
Gut zwei Wochen nach dem gescheiterten Putsch in der Türkei spricht Sportminister Akif Cagatay Kilic in Köln auf einer Pro-Erdogan-Demonstration vor bis zu 40 000 Menschen. Eine Live-Zuschaltung des Präsidenten auf Großleinwand wurde angesichts der aufgeheizten Stimmung zuvor verboten.
Ministerpräsident Binali Yildirim wirbt vor rund 10 000 Menschen in Oberhausen für die Einführung des Präsidialsystems in der Türkei. Am Referendum im April können sich auch rund 1,4 Millionen wahlberechtigte Türken in Deutschland beteiligen.
Aus Sicherheitsgründen verweigert die Stadt Gaggenau dem türkischen Justizminister Bekir Bozdag einen Wahlkampfauftritt. Die Stadt Köln lehnt eine Anfrage für einen Auftritt von Wirtschaftsminister Nihat Zeybekci ab. Tags darauf platzt auch ein Auftritt Zeybekcis in Frechen bei Köln.
Kurz danach hatte auch van Aken einen Besuch bei den deutschen Soldaten in Incirlik beantragt, jedoch vergeblich auf eine Reiseerlaubnis gewartet. Bislang habe Ankara Besuchswünsche bei der Bundeswehr in der Türkei „schlicht ignoriert, jetzt sagen sie erstmals klipp und klar nein“, kritisierte der Linken-Politiker. Die Bundesregierung müsse jetzt schnell reagieren: Abgeordnetenbesuche bei Bundeswehrsoldaten im Einsatz gehörten zur Grundbedingung einer Parlamentsarmee.
Linken-Chef Bernd Riexinger forderte die Bundesregierung angesichts des anhaltenden Streits mit der Türkei auf, in der Flüchtlingspolitik nicht länger auf Abschottung mithilfe des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan zu setzen. „Die Bundesregierung hat sich selbst in eine Position der Schwäche gebracht, indem sie Erdogan zum Türsteher der Festung Europa machte“, sagte Riexinger der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ (Donnerstag). Außerdem dürfe es nicht geduldet werden, dass türkische Politiker in Deutschland für die Errichtung einer Diktatur in der Türkei werben.
Der deutsche Außenminister Sigmar Gabriel (SPD) und sein türkischer Kollege Mevlüt Cavusoglu hatten am Mittwoch bei ihrem ersten Treffen seit Beginn der aktuellen Krise den Streit nicht beilegen können. Cavusoglu kritisierte, deutsche Politiker und Medien begegneten der Türkei zunehmend feindselig. Gabriel sagte, er hoffe auf eine schrittweise Normalisierung der Beziehungen. Ankara hatte sich über die Absage mehrerer Auftritte türkischer Minister in Deutschland beschwert, die für die von Erdogan vorgeschlagene Verfassungsreform werben wollten. Außerdem wird das Verhältnis durch die Inhaftierung des deutsch-türkischen Journalisten Deniz Yücel belastet.
Der regierungskritische türkische Journalist Can Dündar warf Deutschland vor, der Entwicklung in der Türkei zu lange zugesehen zu haben. „Hätte sich Deutschland vor der Verhaftung von Deniz Yücel - als 150 andere Journalisten in Haft waren - ausreichend für die Pressefreiheit in der Türkei eingesetzt, dann wäre Deniz Yücel jetzt vielleicht nicht in Haft“, sagte Dündar der Deutschen Presse-Agentur in Köln.