Die Wahl von Donald Trump zum neuen US-Präsidenten wird nach Einschätzung von Fachleuten vorerst keine größeren Folgen für Wirtschaft und Arbeitsmarkt in Deutschland haben. Mittelfristig aber könnte die von ihm geplante Politik der wirtschaftlichen Abschottung zum Risiko für exportorientierte deutsche Unternehmen werden, prognostizierten Volkswirte deutscher Großbanken in einer Umfrage der Deutschen Presse-Agentur.
Die entsprechenden Auswirkungen würden in Deutschland frühestens Ende 2017 spürbar, sind die Experten überzeugt. Mit Konsequenzen für den Arbeitsmarkt rechnen sie vorerst kaum, sondern allenfalls zeitversetzt - selbst wenn Trumps angekündigter Kurs deutsche Exporteure treffen und sie zu gedrosselten Investitionen veranlassen könnte. Der deutsche Arbeitsmarkt habe sich schon früher in schwierigen Zeiten als krisenfest erwiesen, betonten die Ökonomen.
Genauere Prognosen seien aber noch schwierig, weil derzeit unklar sei, wohin Trump wirtschaftlich überhaupt steuere, meinte Commerzbank-Volkswirt Eckart Tuchtfeld. Was ihn zuversichtlich stimme, sei der Umstand, „dass Trump keine Probleme habe, manche seiner Positionen aufzugeben“, sagte Tuchtfeld. Am wirtschaftlichen Protektionismus - dem „Markenkern“ seiner Politik - scheine Trump aber wohl festhalten zu wollen.
Darum hat Trump gewonnen
Clinton schnitt trotz Trumps frauenfeindlicher Äußerungen in der Wählergruppe deutlich schwächer ab als im Vorfeld erwartet. Zwar erhielt sie von Frauen zwischen 18 und 34 Jahren deutlich mehr Unterstützung als Trump, insgesamt aber betrug ihr Vorsprung bei Frauen mit 49 Prozent nur zwei Prozentpunkte. Zum Vergleich: Der scheidende Präsident Barack Obama schnitt 2012 bei Frauen sieben Prozentpunkte besser ab als sein damaliger Herausforderer.
Clinton kam Umfragen zufolge deutlich besser bei Amerikanern mit spanischen Wurzeln, Afroamerikanern, und Amerikanern mit asiatischen Wurzeln an. Allerdings erhielt sie nicht so viel Rückhalt wie Obama vor vier Jahren, der seine Wiederwahl besonders den Stimmen der Minderheiten verdankte.
Trump punktete besonders bei Wählern ohne College-Ausbildung. Insgesamt betrug sein Vorsprung auf Clinton in dieser Gruppe zwölf Prozentpunkte. Bei weißen Männern ohne höheren Bildungsabschluss schnitt er sogar um 31 Prozentpunkte besser ab, bei weißen Frauen ohne Abschluss waren es 27 Prozentpunkte.
Streng gläubige weiße Amerikaner haben Trump die Treue gehalten - trotz der sexuellen Missbrauchsvorwürfe, die gegen den Milliardär im Wahlkampf erhoben wurden. Etwa 76 Prozent der Evangelikalen gaben an, für Trump gestimmt zu haben.
Clinton tat sich in Ballungsräumen schwer, obwohl dort in der Regel viele Anhänger der Demokraten leben. Ihr Vorsprung auf Trump betrug dort gerade einmal sechs Prozentpunkte. In ländlichen Regionen schnitt Trump dagegen um 27 Prozentpunkte besser ab.
Mögliche mittelfristige Gefahren für die deutsche Wirtschaft sieht auch DZ-Bank-Ökonom Michael Holstein. Allerdings warnt er davor, Trumps Ankündigungen im Wahlkampf zu wörtlich zu nehmen: „Trump wird nicht alles 1:1 umsetzen. Die Republikaner werden sicher nicht in allen Punkten Trumps politischen Kurs mittragen.“
Andere Volkswirte erwarten von Trumps Politik vorübergehend sogar wirtschaftliche Impulse. „Das von Trump geplante Konjunkturprogramm könnte zu einem positiven Input führen“, vermutet Heiko Peters von der Deutschen Bank. Andererseits drohten mit der geplanten lockeren Geldpolitik des republikanischen Präsidenten später dann steigende US-Zinsen und damit Kapitalabflüsse aus den Schwellenländern in den US-Dollar. Das würde wiederum EU-Importe in diese Länder erschweren.
Für 2017 sehen die Ökonomen allerdings noch keinen Grund, wegen möglicher „Trump-Effekte“ ihre Wachstums- und Arbeitsmarktprognosen zu korrigieren. Sie rechnen mit einem Wachstum zwischen 1,0 und 1,4 Prozent - nach voraussichtlich 1,7 Prozent in diesem Jahr. Bei der Arbeitslosigkeit gehen sie von einer Zunahme zwischen 30 000 und 60 000 Menschen aus. Lediglich Rolf Schneider von der Allianz rechnet mit 2,7 Millionen Erwerbslosen im Jahresschnitt - das wären so viele Jobsucher wie 2016.
Im November blieb der deutsche Arbeitsmarkt nach Berechnungen der Volkswirte weiter auf Rekordkurs. Mit voraussichtlich 2,53 Millionen dürfte die Zahl der Erwerbslosen auf ein neues Allzeittief gesunken sein - wenn man die Entwicklung vor der deutschen Wiedervereinigung außer acht lässt. Dies wären rund 10 000 Jobsucher weniger als im Oktober und rund 93 000 weniger als vor einem Jahr. Die offiziellen Arbeitslosenzahlen will die Bundesagentur für Arbeit (BA) am Mittwoch (30. November) bekanntgeben.