Pokémon Go Fünf Lehren aus dem Erfolg des Spiels

Der Boom der virtuellen Minimonster ist ein Lehrstück für erfolgreiche Innovation. Fünf Lehren, die jedes Unternehmen aus dem Erfolg von Pokémon Go ziehen kann.

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Quelle: dpa

Egal, ob vor dem Kölner Dom, im New Yorker Central Park oder an der Oper von Sydney: Überall laufen in diesen Tagen Menschen umher, rufen „Oh“ und „Ah“, richten ihre Handys auf Wesen, die niemand außer ihnen sieht, und haben unglaublichen Spaß. Der Grund erschließt sich beim Blick auf die Telefone: Auf deren Display tummeln sich plötzlich bunte Figuren, die durch die Bilder der echten Umgebung wuseln – Pokémon, virtuelle Comic-Monster, die die Spieler durch eifriges Tippen auf ihre Bildschirme fangen wollen.

Es ist ein globaler Hype ungekannten Ausmaßes. Nur gut zwei Wochen nach dem Start in den USA Anfang Juli hat die Monsterjagd Pokémon Go bereits Millionen Anhänger weltweit; das Spiel hat mehr aktive Nutzer als der Nachrichtendienst Twitter oder die Dating-App Tinder. Seine Fans verbringen mehr Zeit mit ihm als mit Facebook.

In welchem Land auch immer die Jagd auf die naiv-bunten Kobolde startet, dominiert sie die App-Charts. Der Kurs des Unterhaltungsriesen Nintendo stieg nach dem Start der Monster-App rasant an – dabei ist der japanische Konzern beim Rechtebesitzer Pokémon Company und dem Spieleentwickler Niantic nur Minderheitseigner. Erst als das Nintendo-Management selbst die Erwartungen dämpfte und verkündete, dass Pokémon Go nur "begrenzten Einfluss" auf den Gewinn haben werde, brach der Höhenflug ab und der Aktienkurs ein.

„Pokémon Go“: Kleine Kampf-Monster erobern die Welt

Der Gaming-Coup ist weit mehr als ein ökonomischer Erfolg. Quasi huckepack macht er eine Technologie zum Massenphänomen, die sich – obwohl längst marktreif – bisher beim breiten Publikum nicht durchsetzen konnte: Augmented Reality (AR), zu Deutsch „erweiterte Realität“, die Verschmelzung realer Räume mit computergenerierten Welten. „Das Spiel ist ein Lehrstück, wie sich eine etablierte Marke innovative Technik zunutze machen kann“, sagt Harald Summa, Geschäftsführer beim Eco-Verband der Internetwirtschaft in Köln.

Vor allem aber ist der Siegeszug der digitalen Kobolde ein Musterbeispiel, wie sich Innovationen am Markt etablieren lassen. Letztlich sind es fünf Faktoren, die dem Produkt zum Durchbruch verholfen haben. Zum Pokémon-Prinzip verdichtet, sind sie zugleich ein universelles Innovationswerkzeug, auch für Unternehmen anderer Branchen: Wer die Regeln beherzigt oder ignoriert, entscheidet damit zugleich, ob seine Produkte ein Welthit werden – oder ein Megaflop.

1. Der Kunde will spielen

Erfolgreich wird nur, was Freude macht. Die Pokémon-Entwickler nutzen den Spaßfaktor musterhaft aus. Die niedlichen Comic-Figuren setzen auf die Wirkung des Kindchenschemas beim Spieler. Die Aufgabe, die Pixelhelden mit einem Ball abzuwerfen, überträgt das Prinzip beliebter Sportarten wie Völker- oder Brennball in die erweiterte Realität.

Wie ein Spiel die Welt auf den Kopf stellt
In Japan geht es erst noch los Quelle: dpa
Echte Schießidee Quelle: dpa
Da raschelt was im Gras Quelle: dpa
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Pokémon Stop & Go Quelle: dpa
Böse Mine zum guten Spiel Quelle: AP

Wie wichtig es ist, den Spieltrieb seiner Kunden anzusprechen, hat auch Tesla-Chef Elon Musk erkannt. Wer sich ins Elektroauto Model S setzt, blickt auf das riesige Touch-Display. „Im Cockpit fühlt man sich wie im Raumschiff“, verspricht Musk und appelliert an den Spieler am Steuer.

Tesla hat eine Idee perfektioniert, die Konkurrent BMW schon vor 15 Jahren zu realisieren versuchte: Statt das Auto über unzählige Knöpfe und Schalter zu steuern, lassen sich die Funktionen an einer zentralen Stelle bedienen. BMWs iDrive genannter Universalschalter aber begeisterte mit seiner Flut von Optionen nur die Ingenieure. Die Kundschaft dagegen schäumte ob der umständlichen Bedienung.

Um das Smartphone-Spiel Pokémon Go ist ein regelrechter Hype entstanden. Die Monsterjagd begeistert viele Menschen auf der ganzen Welt. Bereits mehr als 75 Millionen Nutzer verzeichnet das Spiel innerhalb von 19 Tagen.

Beim Model S dagegen bedient sich das Riesendisplay wie ein Smartphone. Zudem findet der Fahrer dort reichlich augenzwinkernd betitelte Optionen. Der – selbstironisch „Insane“ genannte – Fahrmodus etwa aktiviert die „irrsinnige“ Beschleunigung. Dann katapultiert sich der Stromer in 3,3 Sekunden von 0 auf 100 Kilometer pro Stunde. Für 11 100 Euro Aufpreis gibt es den „Ludicrous“-Modus. Dank „Aberwitz“-Erweiterung gelingt der Sprint in 3,0 Sekunden.

Fahrspaß pur und sicher ein Schlüssel zum Erfolg. Während BMW 2015 vom 7er in den USA nur knapp 9300 Exemplare absetzte, verkaufte Musk gut 25 200 Model S.

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