Der nächste große Wahlkampf steht im November an: Die Präsidentschaftswahlen in den USA. Wie schätzen Sie die Lage in den sozialen Medien hinsichtlich Bots ein?
Es hat eine totale Professionalisierung stattgefunden. Es gibt viele Unternehmen, die Social-Media-Analysen machen plus X. Was das X ist, weiß man nicht genau. Eine PR-Firma hat erst vor wenigen Monaten erklärt, dass sie eine Million Dollar dafür verwendet, Hillary Clinton ein positives Image in den sozialen Medien zu verschaffen. Ihr quasi eine Trollarmee aufzubauen. Was genau die Firma macht, weiß man nicht. Nach der Ankündigung sind viele Facebook-Seiten von Konkurrent Bernie Sanders zusammengebrochen.
Außerdem ermöglicht Facebook es den Parteien in den USA, personalisierte, passgenaue Wahlwerbung zu schalten - gegen viel Geld. Die Parteien können Facebook anhand der Wahllisten melden, welche Realpersonen sie unterstützen. Facebook gleicht die Echtnamen mit den Facebook-Namen ab und ermöglicht gezielte Werbung, sogenanntes Microtargeting. Obama hat diese Möglichkeit auch bereits bei der vergangenen Präsidentschaftswahl genutzt, um unter anderem schwarze Frauen in ländlichen Gebieten zu erreichen. Dabei reicht es schon aus, die Menschen am Wahltag an die Abstimmung zu erinnern, um die Massen zu mobilisieren.
In der Vergangenheit gab es ja auch Fälle, in denen deutschen Politikern nachgesagt wurde, sich beispielsweise Fake-Follower gekauft zu haben. Wie verbreitet ist das Phänomen Social Bots in der deutschen Politiklandschaft?
Es wird noch relativ wenig betrieben. Die Parteien fangen erst jetzt an, darüber nachzudenken. Das wäre schon ein Skandal bei uns, wenn zum Beispiel Frau Merkel eine Million Euro dafür ausgeben würde, um in allen sozialen Plattformen ein positives Bild von sich herzustellen. In Amerika ist das anders. Die Deutschen sind sehr vorsichtig. Irgendeine Partei wird aber damit anfangen und große Erfolge mit den Bots haben. Dann ist der Bann gebrochen und anderen ziehen nach.
Was muss ich tun, um nicht auf einen Bot reinzufallen? Wie kann ich mich als Privatperson schützen?
Generell gilt: Vorsichtig sein. Sachen, die einem merkwürdig vorkommen, hinterfragen. Der gesunde Menschenversstand lehrt mich, dass Qualität und Quantität irgendwie zusammengehören. Wenn ich etwas mehrmals höre, muss auch etwas dran sein, denken wir. Diese Gleichung geht im Internet aber nicht mehr auf. Wenn etwas millionenfach geteilt wurde, muss nicht unbedingt etwas Wahres dran sein. Das muss sich jeder klar machen.
Man sollte immer skeptisch werden, wenn merkwürdige Muster auffallen. Eine ältere Dame, die gerne Facebook nutzt, hat mir neulich erzählt, dass sie immer Freundschaftsanfragen von amerikanischen Soldaten bekommt. Wenn das einmal passiert, kann das ein Zufall sein. Aber wenn sich ein Muster abzeichnet, steckt ein Programm dahinter. Oft tarnen sich die Bots auch hinter Profilen von gutaussehenden Frauen. Die Fotos ähneln sich stark. So etwas sollte man am besten sofort blockieren.
Müsste die Politik härter durchgreifen, vielleicht ein Gesetz gegen Bots erlassen?
Es muss auf jeden Fall etwas passieren. Was genau, da bin ich mir noch nicht sicher. Als erstes müsste eine offene Debatte darüber angestoßen werden. Es ist nicht alles negativ. Viele Dinge, wie die Chatbot-Idee für Messenger, finde ich spannend. Sie vereinfacht unseren alltäglichen Umgang mit Computer und Smartphone, wenn dahinter nicht eine perfide Geschäftsidee steht, nämlich sich zwischen Nutzer und Dienstanbieter schalten, um Daten abzufangen. Hier muss es mehr Transparenz geben. Ein vorschnelles, generelles Verbot halte ich nicht für sinnvoll. Zumal die Betreiber solcher Bots nicht in Deutschland oder Europa sitzen, sondern oft am anderen Ende der Welt.