„Vor knapp 20 Jahren war es vor allem Starbucks, das der WLAN-Technik zum Durchbruch verhalf. Warum sollte es beim drahtlosen Laden anders sein?“, verkündet Scott Eisenstein. Er ist Marketing-Chef der Power Matters Alliance; die Firmeninitiative steckt hinter der PowerMat-Ladetechnik, die die Kaffeekette einsetzt.
Was Eisenstein verschweigt: Nicht nur der von ihm vertretene Standard wirbt um die Gunst der Kunden. Momentan läuft ihm das Konkurrenzverfahren Qi (gesprochen „Chi“) des Wireless Power Consortium, kurz WPC, den Rang ab. Denn es konnte bisher deutlich mehr Handyanbieter als Unterstützer gewinnen; Google mit seinen Nexus-Modellen etwa oder LG aus Korea.
Mit ein wenig Glück müssen sich Nutzer und Hersteller aber bald nicht mehr für eines der Ladeverfahren entscheiden: Im Frühjahr taten sich PowerMat und ein weiterer Mitbewerber zur Alliance for Wireless Power zusammen, an dem auch Chiphersteller Intel beteiligt ist. Qi-Anbieter WPC will dessen Standard in der nächsten Generation seiner Technik integrieren. Dies könnte das Zusammenwachsen der heute noch konkurrierenden Systeme einleiten.
Bis es so weit ist, geht Samsung den teuren Weg und baut in das S6 kurzerhand PowerMat und Qi ein. Auch viele Nachrüst-Kits kommen mit mehreren Standards zurecht. Die gibt es mittlerweile auch zum Einbau in der Mittelkonsole für viele Automodelle, in denen der Fahrer sein Handy auf dem Weg zur Arbeit laden kann. Diesen Komfort wollen nun auch die Fahrzeughersteller selbst ihren Kunden bieten.
So wird Daimler auf der Frankfurter Messe IAA Mitte September eine Lösung für seine Mercedes-Modelle vorstellen. Höchstwahrscheinlich kommt die Technik vom Zulieferer Continental – auch wenn beide Konzerne sich dazu nicht äußern. Conti hatte bereits angekündigt, dass seine Handybox, die mit dem Qi-Standard arbeitet, 2015 erstmals in Serienmodellen auftauchen sollte.
Die kann noch mehr als laden: Sie verbindet das Handy zugleich per Bluetooth mit der Außenantenne des Fahrzeugs und mit der Infotainmentanlage an Bord. Das verbessert die Sprachqualität beim Telefonieren und erlaubt, Musik vom Handy über die Autolautsprecher abzuspielen. Und sollte versehentlich ein in Alufolie verpackter Kaugummi in die Ladeschale geraten, unterbindet die Elektronik sofort den Energiefluss.
Busse laden schon heute schnurlos
Mit welchen Hindernissen Elektroautos kämpfen
Noch sind die reinen E-Autos deutlich teurer als ihre Benzin-Pendants. Ein Beispiel: Der E-Golf von Volkswagen ist ab 35 000 Euro zu haben. Ein Golf mit vergleichbarer Ausstattung kostet nur 24 150 Euro. Doch das könnte sich ändern. Laut Berechnungen des Ingenieurbüros P3 sind Elektrofahrzeuge ab dem Jahr 2018 beim Preis wettbewerbsfähig, wenn nicht sogar im Vorteil. Dabei werden neue Batterien zu Grunde gelegt, die einen höheren Nickelanteil vorweisen.
Die Batterietechnologie, die für den Preis verantwortlich ist, ist auch der Grund für einen weiteren Knackpunkt: Für den E-Golf gibt Volkswagen eine Reichweite zwischen 130 und 190 Kilometern an. Für eine Fahrt in den Urlaub dürfte das kaum reichen, zumal die Zahl der Ladepunkte in Deutschland im Vergleich zu den herkömmlichen Tankstellen noch klein ist. Auch das dürfte sich aber mit der Weiterentwicklung der Batterietechnologie ändern.
Vor allem auf dem Land kann die geringe Reichweite zum Problem werden. Deutschland liegt laut der Nationalen Plattform Elektromobilität mit 4800 Ladepunkten an 2400 Standorten im internationalen Mittelfeld. Nach dem Willen der EU Kommission sollen bis 2020 in Deutschland 150 000 öffentlich zugängliche Ladestationen entstehen. Zum Vergleich: Laut ADAC lag die Zahl der herkömmlichen Tankstellen 2013 bei 14 328.
Smart-Chefin Annette Winkler spricht sich schon lange offen für eine Förderung von E-Autos aus. Das müssen nicht unbedingt finanzielle Anreize sein: Der Bundestag erlaubte jüngst Städten und Gemeinden, kostenlose Parkplätze für E-Autos zu reservieren und ihnen die Nutzung von Busspuren zu erlauben. Ob das ausreicht, zweifelt unter anderem VDA-Präsident Matthias Wissmann an. Er fordert finanzielle Impulse - wie zum Beispiel Sonderabschreibungsregeln für Firmenwagen. In anderen Ländern wie den USA, China oder Frankreich bekommen Käufer Cash vom Staat beim Kauf eines E-Autos.
Nach Zahlen des Kraftfahrtbundesamtes (KBA) rollten Ende 2014 knapp 19 000 reine E-Autos auf deutschen Straßen. Die Zahl der sogenannten Plug-In-Hybride, die die Bundesregierung zu den E-Autos zählt und die sowohl an der klassischen Tankstelle als auch an der Steckdose betankt werden, lag bei 108 000. Insgesamt waren 44,4 Millionen Pkw in Deutschland unterwegs. Das Ziel der Bundesregierung von einer Million elektrisch betriebenen E-Autos bis 2020 liegt damit noch in weiter Ferne. An der Auswahl kann es nicht liegen: Im vergangenen Jahr kamen laut Verband der Automobilindustrie (VDA) 17 neue Serienmodelle mit Elektroantrieb auf den Markt. 2015 sollen noch einmal zwölf weitere hinzukommen. Selbst der elektroskeptische Porsche-Chef plant offenbar mit einem E-Auto: Zuletzt schloss Müller nicht mehr aus, dass das bis Ende des Jahrzehnts geplante nächste Porsche-Modell rein elektrisch betrieben wird.
Strategisch noch bedeutsamer für die Autohersteller ist das drahtlose Laden von Elektroautos. Denn es könnte auf elegante Weise das Problem der geringen Reichweiten vieler Fahrzeuge lösen. Weil die Besitzer ohne lästige Stecker in der eigenen Garage oder auf dem Firmenparkplatz Strom bunkern.
Da sich dabei relativ große Energiemengen übertragen lassen, ist die Batterie bei einem vom Freiburger Fraunhofer Institut für solare Energiesysteme (ISE) entwickelten System schon nach einer Stunde wieder zu 80 Prozent gefüllt. Angesichts dieser Leistungsdaten müssen die Sicherheitsanforderungen noch strenger als bei Handys sein. Elektronik und Sensoren müssen sofort erkennen, ob etwa eine Maus in das Magnetfeld zwischen Ladespule im Boden und Empfängerspule an der Autounterseite läuft. Die gesetzlichen Grenzwerte für magnetische Felder sind zudem so streng, dass selbst Träger von Herzschrittmachern ohne Bedenken in ein Elektroauto beim Laden steigen können.