Arbeitsverträge BMW kehrt Zeitarbeit den Rücken

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Große Krise oder Weltkrise light?

Wo BMW Daimler aussticht
AbsatzMit 1,67 Millionen Fahrzeugen weltweit setzt der bayerische Autobauer gut 300.000 Fahrzeuge mehr ab als sein Konkurrent aus Baden-Württemberg. Daimler verkaufte 2011 "nur" 1,36 Millionen Autos. BMW-Vorstandsvorsitzender Norbert Reithofer bekräftigte auf der Hauptversammlung im Mai die Wachstumsziele. Demnach sollen beim Absatz und beim Konzernergebnis vor Steuern 2012 neue Bestwerte erreicht werden. 2011 hat BMW ein Vorsteuerergebnis von 7,3 Milliarden Euro erzielt. Quelle: dpa
Starke GroßaktionäreGut 48 Prozent der Stimmrechte liegen in den Händen von Johanna Quandt und ihren Kindern Stefan Quandt und Susanne Klatten (Foto). Die Geschwister sind Mitglied im Aufsichtsrat, lenken den Konzern aktiv mit. Die Quandts sorgen seit mehr als 50 Jahren für Stabilität beim Münchener Autobauer und beweisen dabei Weitblick. So stieg Susanne Klatten beim Chemiekonzern SGL Carbon ein und schuf damit die Basis für eine zukunftsträchtige Kooperation. Quelle: AP
Einstieg ins KarbongeschäftBMW setzt auf den Stoff, aus dem die Träume sind. Ab 2013 wollen die Bayern Karosserien aus Kohlefaser in Serie produzieren. Der i3 und i8 sollen zum Großteil aus dem neuen, leichten Material gefertigt werden. Damit ist BMW der schwäbischen Konkurrenz weit voraus. Die Aktionäre fürchten jedoch, BMW könnte es übertreiben. Ingo Speich von der Fondsgesellschaft Union Investment, kritisierte den Einstieg von BMW bei SGL. Zwar sei der Leichtbau wichtig für BMW, aber „man kauft doch nicht gleich die Kuh, wenn man nur einen Liter Milch möchte“, sagte Speich. Quelle: REUTERS
Starkes KleinwagensegmentMit der britische Tochter startet BMW im Kleinwagensegment so richtig durch und das, obwohl die Preise deutlich über den üblichen Kosten für einen Stadtflitzer liegen. Mehr als 20.000 Euro sind Kunden bereit für einen Mini zu bezahlen. 2012 will BMW an die 300.000 Stück verkaufen, fast dreimal so viel wie geplant. Daimlers Smart kann da nicht mithalten. Ob seine Elektroversion den Durchbruch auf dem Kleinwagenmarkt oder Carsharingmarkt bringt, steht noch in den Sternen. Quelle: dapd
Zukunftsträchtige ZweiradsparteDie Technologie aus seinem Motorradgeschäft könnten BMW bei der Entwicklung von kleinen E-Flitzern noch sehr nützlich sein. Nicht zuletzt deshalb hat sich Audi vor kurzem den italienischen Motorradbauer Ducati geschnappt. Wendige Zwei-oder Dreiräder könnten in asiatischen Großstädten eine Renaissance erleben. Daimler muss im Zweiradmarkt passen und setzt ganz auf den Smart.
Ausgezeichnetes DesignDie Bayern überzeugen nicht nur ihre Kunden in punkto Gestaltung, sondern auch die Fachwelt. 2012 gab es den red dot award - eine der höchsten Design-Auszeichnungen - für das BMW 6er Gran Coupé, das BMW 6er Coupé, der BMW M5, das BMW 1er M Coupé, die BMW C 600 Sport, die BMW C 650 GT, die BMW K 1600 GT sowie die BMW G 650 GS. Zwar hat auch Konkurrent Daimler vereinzelt die beliebte Trophäe erhalten, doch niemals in dieser geballten Ladung. Quelle: BMW AG
InnovationBeim kürzlich verliehenen AutomotiveInnovation Award setzte sich BMW abermals vor Konkurrent Daimler. Die Auszeichnung wird von den Experten vom Center of Automotive Management (CAM) in Bergisch Gladbach verliehen. Volkswagen landet mit 125 Indexpunkten knapp vor der BMW Group auf Rang 2 mit 119 Punkten gefolgt vom Daimler Konzern auf Rang 3 mit 108 Punkten. Die BMW AG erhielt sowohl in den Kategorien „Sicherheitssysteme“ als auch „Vernetztes Fahrzeug“ die beste Bewertung. Entscheidungsgrundlage für den Preis ist eine Studie auf Basis der Innovationsdatenbank des CAM. Quelle: BMW AG

Weil das Modell bis ins Jahr 2018 halten sollte, musste Schoch in die Konzernstrategie eingeweiht werden. Vier Ressorts – Unternehmensplanung, Forschung und Entwicklung, Personal und Controlling – lieferten Daten über Modelle und Lebenszyklen, über mögliche Wirtschaftskrisen und den Personalbedarf einzelner Werke. Wochenlang brüteten Manager und Betriebsräte über den Unterlagen.

Am Ende standen konkrete Szenarien bis zum Jahr 2018, darunter eine große Weltwirtschaftskrise oder auch eine minder schlimme "Weltkrise light", wie es in den internen Akten heißt. Denkverbote gab es nicht: "Der Euro zerbricht", lautet ein Szenario, plastisch veranschaulicht mit einer zerbrochenen Euro-Münze. Folgerichtig ist der nächste Schritt des Szenarios illustriert mit einer kleinen, silbernen D-Mark. Zentrales Ergebnis aller Szenarien: Dank der Vereinbarung können je nach Konjunktur, Modellzyklus und Werk die Produktion und der Personalbedarf um über ein Drittel schwanken, ohne dass nennenswerte Entlassungen notwendig werden.

Mit dem bevorstehenden Pakt zur Reduzierung der Leiharbeit schließt BMW mit dem Betriebsrat allerdings auch einen Vertrag zulasten Dritter: Für die Zeitarbeitsunternehmen wäre das neue Modell ein schwerer Schlag ins Kontor. Eine Halbierung der BMW-Aufträge träfe besonders den Personalverleiher I. K. Hofmann aus Nürnberg, der mit den Bayern gut im Geschäft ist.

Zeitarbeitsbranche steht vor schweren Zeiten

Hofmann ist seit 2004 führender BMW-Zeitarbeitspartner im Leipziger Werk: Insgesamt sind dort je nach Auftragslage 50 bis 900 Zeitarbeiter im Einsatz, Hofmann stellt davon rund die Hälfte. Schätzungsweise 15 Prozent der Hofmann-Gesamtbelegschaft von 15 000 Mitarbeitern in Deutschland sind seit Jahren bei BMW unter Vertrag.

Aber auch der gesamten Zeitarbeitsbranche stehen womöglich schwere Zeiten bevor. Wenn BMW bei der Zeitarbeit den Rückwärtsgang einlegt, dürfte das Signalwirkung haben: Andere Betriebsräte müssten ähnliche Regelungen anstreben. Dabei steckt die Zeitarbeitsbranche längst im Zangengriff von Politik und Gewerkschaften und lässt sich auf Tarifverträge ein, die das Verleihgeschäft mit Billigkräften erschweren dürften. Sogenannte Equal-Pay-Regelungen, die für gleiche Bezahlung von Leih- und eigenen Arbeitskräften sorgen, werden in der Metall- und in der Chemieindustrie ab November die Stundenlöhne der Zeitarbeiter stufenweise an die der Stammkräfte angleichen. Und nun tritt auch noch BMW auf die Bremse.

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