Das Dauerfeuer auf Rupert Stadler begann im Juli. Da enthüllte die „Bild am Sonntag“ (BamS), dass der Audi-Chef eine opulente Party mit Topmanagern der Audi-Mutter VW über den Konzern abgerechnet hatte. Nachträglich musste Stadler seinen Teil der Rechnung – stolze 12.500 Euro – aus der eigenen Tasche begleichen. Wenige Wochen später die nächste Enthüllung: Stadler soll bereits 2010, und damit fünf Jahre bevor der Vorgang publik wurde, gewusst haben, dass bei VW die Abgaswerte der Fahrzeuge manipuliert wurden, berichtete die „BamS“. Audi lehnt mit Verweis auf laufende Ermittlungen in den USA eine Stellungnahme dazu ab.
Dann ernannte Stadler einen neuen Entwicklungschef. Gerade erst im Amt, musste der schon wieder gehen, weil er plötzlich als Mitwisser im Abgasskandal galt.
Schließlich die Krönung: Laut „BamS“ haben US-Fahnder eine neue Software entdeckt, mit der Audi nicht nur wie VW die Stickoxidwerte, sondern auch die Kohlendioxidwerte (CO2) manipuliert haben soll. Audi äußert sich wegen der Ermittlungen zu rechtlichen Fragen in den USA nicht. Für Europa gelte, so heißt es bei Audi, dass die betreffende Software erlaubt und „im Premiumsegment Standard“ sei. Ob Audi bei CO2-Werten manipuliert hat, untersucht gerade das Kraftfahrtbundesamt. Sollte Audi auch hier der Manipulation überführt werden, wäre Stadler wohl kaum noch zu halten.
Verlorene Freunde und neue Gegner für Audi-Chef Rupert Stadler
Der Ex-VW-Chef stolperte über den Abgasskandal.
Der frühere VW-Aufsichtsratschef spielt keine große Rolle mehr.
Einst gefeierter Audi-Technikchef, jetzt tief im Skandalsumpf.
Der IG-Metall-Chef verlangt als VW-Aufsichtsrat eine zügige Skandalbewältigung.
Der VW-Chef verliert die Geduld mit Stadler.
Dem Ministerpräsidenten Niedersachsens liegt Wolfsburg näher als Ingolstadt.
Die Berichte der „BamS“ basierten meist auf vertraulichen Informationen interner VW-Ermittler. In Ingolstadt kursiert der Verdacht, Topmanager aus dem VW Konzern hätten die geheimen Unterlagen herausgegeben – mit dem Ziel, dem Audi-Chef zu schaden. Belege dafür gibt es nicht.
Interne Feinde in Wolfsburg
Dass solche Gerüchte wabern, illustriert aber, wie zerrüttet das Verhältnis zwischen den Ingolstädtern und den Vorderen ihrer Konzernmutter in Wolfsburg ist. Vorbei sind die Zeiten, in denen Stadler als unantastbar galt. Seine ehemals mächtigsten Verbündeten, VW-Aufsichtsratschef Ferdinand Piëch und VW-Chef Martin Winterkorn, haben ihre Ämter aufgegeben.
Mit VW-Chef Matthias Müller kommt Stadler weit weniger gut zurecht. Intern heißt es, Müller gehe die Aufarbeitung des Dieselskandals in Ingolstadt nicht schnell genug. „Er ist zunehmend mürrisch, wenn es um Audi geht“, sagt ein Insider, „weil man den Eindruck hat, dass Audi seine Verwicklung in den Abgasskandal nur scheibchenweise zugibt.“ Deshalb sollen die internen VW-Ermittler der Anwaltskanzlei Jones Day derzeit auch verstärkt die Abläufe bei Audi unter die Lupe nehmen, verlautet aus dem VW-Aufsichtsrat. Zudem sei die Audi-Revisionsabteilung angewiesen worden, ihre Anstrengungen bei der Aufarbeitung des Abgasskandals zu verstärken.
In VW Aufsichtsratssitzungen soll es zuletzt „sehr laut“ geworden sein zwischen Müller und Stadler. Der Audi-Chef sei angezählt, heißt es intern. Stadlers Abgang werde zwar noch nicht vorbereitet, so ist im Umfeld des VW-Aufsichtsrats zu hören, „aber bei einem weiteren Fehler im Management des Abgasskandals, und sei es nur ein kleiner“, könne er schon fällig sein.
Bereits in zwei Wochen droht die nächste Falle: Infolge des Abgasskandals müssen VW und auch Audi die illegalen Technologien, mit denen sie Abgaswerte manipuliert hatten, durch zulässige Technik ersetzen. Bis 16. Dezember haben Volkswagen, US-Behörden und die Chefanwälte der Verbraucher Zeit für eine Einigung vor einem kalifornischen Bezirksgericht. Sollte sich dann herausstellen, dass die Maßnahmen teurer oder aufwendiger sind, als von Stadler angekündigt, stichelt ein Insider, „könnte die Luft für ihn dünn werden“.