Doch auch der persönliche Austausch mit dem Kunden hat sich stark verändert. Besuchte ein Kunde vor einigen Jahren ein Autohaus im Schnitt sieben bis acht Mal, bevor er einen Neuwagen kaufte, kommt er heute bereits bestens informiert zum Händler und weiß genau, was er wann will. „Ein Händler muss diesen Kunden nicht mehr informieren, sondern das Auto physisch erlebbar machen“, sagt auch von Platen.
Einfacher gesagt als getan, wie auch der ADAC-Test zeigt. Gleich 33 der 50 Händler verzichteten darauf, das konkrete Auto vorzuführen. Das Problem: Von vielen Modellen gibt es inzwischen unzählige Varianten. In von Platens Fall wären das derzeit 20 verschiedene Ableger des Porsche 911 – weitere kommen noch auf den Markt.
Selbst beim VW Golf gibt es eine kaum zu überblickende Vielfalt an Bauweisen: Benziner, Diesel, Erdgas, Plug-in-Hybrid, Elektroantrieb – und das noch oft als Dreitürer, Fünftürer oder Kombi, teils noch mit Handschaltung oder Automatikgetriebe. Wer beim Händler eine Probefahrt machen will, muss viel Glück haben, um auch genau die gewünschte Kombination testen zu können.
Was Sie bei der Probefahrt beachten sollten
Bereits beim Kaltstart auf das Motorgeräusch achten. Springt er nur schwer an oder rasselt laut, können Probleme vorliegen. Hier ist derjenige im Vorteil, der bereits mehrere Exemplare eines Modells Probe gefahren ist. Er hört, wenn sich ein Motorengeräusch stark von einem anderen unterscheidet.
Lassen Sie auf gerader Strecke das Lenkrad los – natürlich nur, wenn es der Verkehr erlaubt. Zieht der Wagen nach rechts oder links, ist im besten Fall die Spur falsch eingestellt. Im schlimmsten Fall hat der Anbieter einen Unfallschaden verschwiegen, das ganze Auto kann verzogen sein.
Bei Autos mit Schaltgetriebe alle Gänge durchschalten, auch mit extremen Gangwechseln vom ersten in den vierten Gang. Alle Gangwechsel sollten sich ähneln. Sticht einer heraus, kann ein Schaden vorliegen.
Mit einer Vollbremsung können Sie das ABS überprüfen. Blockieren die Räder und bleiben Bremsspuren auf dem Asphalt, stimmt etwas nicht. Selbiges gilt, wenn der Wagen beim Bremsen nach rechts oder links zieht.
Auch nach einer Testfahrt mit höherem Tempo über die Autobahn oder nach einer Fahrt durch den Stop-and-Go-Verkehr sollten die Anzeigen für Kühlwassertemperatur und Öltemperatur im mittleren Bereich liegen – und nicht schwanken.
Eine Vielfalt, die viele (kleinere) Handelsbetriebe nicht mehr abdecken können. Umso wichtiger wird die Phase, in der sich ein Käufer über seinen potenziellen Neuwagen und entsprechende Angebote informiert. „Das darf kein einseitiger Prozess ein“, formuliert Porsche-Mann von Platen seinen Anspruch. „Wir können ihm schon bei der Informationssuche die bestmögliche Ansprache und Auswahl bieten. Denn was er will, hängt davon ab, ob er gerade im Büro sitzt, unterwegs ist oder Zuhause auf dem Sofa.“
"Flächenbrand" im Autovertrieb
Bleibt der Kostenvorteil der meisten Online-Angebote. „Nach unserer Rechnung können damit die Fahrzeugkosten um bis zu 10 Prozent reduziert werden“, kalkuliert Dudenhöffer. Ein Kompakt-SUV für 30.000 Euro könnte mit um 3000 Euro geringeren Vertriebskosten verkauft werden – ein Betrag, den man an den Kunden weitergeben kann. „Eine stattliche Zahl, die dazu geeignet ist, in den nächsten Jahren im Automobilvertrieb eine Art Flächenbrand auslösen.“
Bei den etablierten Herstellern stößt das aber bislang noch auf wenig Gegenliebe. Bereits vor dem Peugeot-Desaster gab es einige kleinere Feldversuche. So hat beispielsweise Volvo ein Sondermodell des XC90 exklusiv über das Internet verkauft, Mercedes bietet eine kleine Auswahl vorkonfigurierter Modelle auch online an und Fiat stellt in Italien ausgewählte Modelle bei Amazon aus. Vor der Ausweitung des Angebots schreckt die Branche aber noch zurück. Zu groß ist die Sorge, die niedergelassenen Händler zu vergrätzen und das klassische Vertriebs- und Werkstattnetz zu beschädigen.
Die Checkliste für den Rundgang
Gummidichtungen an Türen und Scheiben müssen biegsam und geschmeidig sein. Sind sie bereits porös oder rissig, ist Vorsicht geboten.
Farbunterschiede, Wellen oder matte Stellen deuten auf schlecht reparierte Schäden hin. Bei alten Autos kann zusätzlich mit einem Magneten kontrolliert werden, ob Rostschäden unter dem Lack gespachtelt wurden oder nicht: Hält der Magnet, ist noch Metall unter dem Lack. Fällt er runter, hat man es mit großen Mengen Spachtelmasse zu tun.
Lichtcheck: Funktionieren alle Scheinwerfer und Leuchten? Sind alle Scheiben und Gehäuse intakt?
Ist irgendwo Öl zu sehen? Sichtbare Tropfen oben oder unten am Motor und Getriebe deuten auf kaputte Dichtungen oder Schlimmeres hin – es wird auf jeden Fall teuer.
Wie alt sind die Reifen? Die sogenannte DOT-Markierung an der Seite gibt an, in welcher Kalenderwoche der Reifen produziert wurde (0513 stammt zum Beispiel aus der 5. Kalenderwoche des Jahres 2013). Sind die Reifen alt oder das Profil abgefahren(vorgeschrieben sind 1,6 Millimeter, Experten empfehlen mindestens zwei bis drei Millimeter), müssen sie ersetzt werden. Sind die Reifen ungleichmäßig abgefahren, hat das Fahrwerk eine Macke.
Auch über den Umgang des Fahrers mit dem Auto können die Reifen einiges aussagen: Wurden zum Beispiel bei einem Sportwagen mit Heckantrieb nur die beiden Reifen an der Hinterachse durch neuere ersetzt, deutet das darauf hin, dass der Vorbesitzer öfters die Leistung seines Autos ausgenutzt hat – mit weiteren Folgen für Fahrwerk und Motor.
Die Auspuffrohre unter dem Auto und der Schalldämpfer am Heck sind der Witterung und dem Straßendreck die ganze Zeit ausgesetzt: Auf Rost achten!
Sind die Spalte an Türen, Motorhaube, Kofferraumdeckel oder Stoßstangen überall gleichmäßig breit? Passt etwa ein Finger am einen Ende der Motorhaube in den Spalt, am anderen aber nicht mehr, ist irgendetwas verzogen. Der Wagen hatte vermutlich einen Unfall.
Für Newcomer kann aber genau hier eine Chance liegen. Wenn die chinesische Marke Lynk&Co 2018 in Deutschland startet, wird sie keinen einzigen Vertragshändler haben. Der Vertrieb wird komplett über das Internet laufen – mit den erwähnten Kostenvorteilen. Zur Wartung dürfen die Autos dann in Volvo-Werkstätten: Beide Marken gehören zum chinesischen Geely-Konzern.
Dann wird sich zeigen, ob der Online-Vertrieb in der Autowelt einen Flächenbrand auslösen kann oder nicht. Klar ist: Dank Internet und Online-Vertrieb werden Wettbewerb und Preisdruck wohl auch künftig weiter wachsen. „Die Händlernetze der Autobauer kommen damit unter zusätzlichen Druck“, prognostiziert Dudenhöffer. „Gewinner bleibt der Kunde.“
Künftig kann der sich vielleicht auch wieder einen Neuwagen leisten. Bis dahin bleiben junge Gebrauchte wohl die preiswerteste Alternative.