Trotz Abgasskandal Die vergessenen Baustellen des Volkswagen-Konzerns

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Wo alles anfing: die USA

In den USA nahm der Abgasskandal mit den Messungen der Umweltbehörde EPA seinen Anfang. Doch auch ohne die Probleme, die dort strengeren NOx-Emissionen einzuhalten, war das US-Geschäft der Wolfsburger alles andere als ein Selbstläufer. Betriebsratschef Bernd Osterloh bezeichnete den VW-Auftritt in den USA bereits vor Jahresfrist als „Katastrophenveranstaltung“.

Der Grund für diese deutlichen Worte: Volkswagen – oder je nach Betrachtungsweise nur das lokale Management – hatte den US-Markt mit seinen speziellen Anforderungen nicht verstanden. Mal waren es fehlende Becherhalter, mit denen die Wolfsburger in der Drive-In-Kultur der Fast-Food-Nation schlechthin den Zorn der Kunden auf sich zog. Mal fehlte den Kunden das in den USA jährliche Update der Autos. Nach anfänglichen Erfolgen mit speziellen US-Limousinen wie dem Jetta und dem Passat sank der Marktanteil von zwischenzeitlich drei auf zwei Prozent – heute ist VW wieder auf dem Niveau von 2007 angekommen.

Vermintes Gelände – Volkswagen und die USA

Europas größter Autobauer hat vor allem versäumt nachzulegen. Auf Jetta und Passat folgte lange nichts. Das inzwischen angekündigte speziell für den US-Markt entwickelte SUV kommt erst in einigen Jahren. Doch ob ein neues Modell alleine die lange ersehnte Wende bringen kann, ist fraglich. Dazu kommt: Seit dem Abgasskandal ist es um das SUV sehr still geworden. Die Wolfsburger wollen erst einmal die Folgen der aktuellen Affäre abwarten, bevor sie die Genehmigung für ein neues Modell beantragen.

Analyst bringt USA-Rückzug ins Spiel

Zusammen mit der ohnehin schwachen Position und den unkalkulierbaren Auswirkungen des Abgasskandals rät Schwope, generell über das Engagement der Marke Volkswagen in den USA nachzudenken. „Da der Konzern nach Jahren mit Verlusten seit 2007 keine Ergebnisgrößen für Nordamerika mehr veröffentlicht, kann man nur annehmen, dass kumuliert über die letzten 15 Jahre eher deutliche)Verluste als Gewinne in den USA angefallen sind“, sagt der Analyst. „Zudem hat die Marke Volkswagen jahrelang eine verfehlte Modellpolitik in den USA betrieben. Ein Komplettausstieg der Marke Volkswagen-Pkw in den USA sollte in Erwägung gezogen werden, zumal gerade die rechtlichen Risiken in den Vereinigten Staaten immens sind.“

Während Schwope einen radikalen Schritt anrät, sorgt ein Tesla-Investor mit einem ungewöhnlichen Vorschlag für Aufmerksamkeit. „Statt Milliarden an Strafen zu zahlen, sollte VW lieber verpflichtet werden, in fünf Jahren nur noch Elektroautos in den USA zu verkaufen“, sagt Ion Yadigaroglu, Chef des Investors Capricorn, dem „Handelsblatt“. „Derzeit ist die Rede von Strafen in Höhe von zehn Milliarden Dollar. Mit dem Geld könnte VW gut eine Batteriefabrik oder zwei bauen und Arbeitsplätze schaffen.“ Außerdem sollten die US-Behörden dem Wolfsburger Konzern auferlegen, Ladestationen an den Autobahnen aufzustellen. „Dann hätten wir das Transportsystem in diesem Land deutlich verbessert.“

Was VW 2014 in den USA verkauft hat

Ob sich VW zurückzieht oder nach gezahlten Strafen das Geschäft mit konventionellen Autos weitertreibt, liegt in der Hand von Müller und seinem neuen Chefstrategen Thomas Sedran. Eigentlich sollten – gemäß Müllers neuem Führungsstil – solche Entscheidungen dezentral in der Region getroffen werden. Doch der bereits zum Nordamerika-Chef ausgerufene Skoda-CEO Winfried Vahland verlässt stattdessen den Konzern offenbar ganz. Ob die für Vahland neu geschaffene Stelle mit einem anderen Manager besetzt wird, ist noch nicht bekannt.

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