Witzig! Nach ein paar Jahren haben die beiden großen Carsharing-Anbieter DriveNow und Car2Go ihren Ruf weg. Freunde erzählen mir: Der BWM-Sixt-Anbieter DriveNow hat die geileren Autos mit Mini, BMW-Cabrios und Elektroauto i3.
Car2Go hingegen baumelte zumindest im größten deutschen Markt Berlin über den Winter ziemlich durch. Zwar hat der Daimler-Carsharer längst die neuen Smarts auf die Straße gestellt, die dank des spektakulären Wendekreises selbst auf zweispurigen Straßen einen flotten U-Turn in die Parklücke gegenüber erlauben.
Außerdem wurde die Flotte auch auf Mercedes-Modelle erweitert. Aber noch nicht mal der Smart ist bei Car2Go elektrisch unterwegs (anders als etwa bei Car2Go in Madrid) und vor allem ein Nachteil stößt DriveNow-Fans von Car2Go ab: Die Car2Gos sind oft schmuddeliger als die DriveNows. Nicht nur von außen, was über die Mistwetter-Zeit noch zu entschuldigen wäre, sondern auch von innen. Anders als bei DriveNow bietet Car2Go dem Mieter nämlich kein Schmutz-Melde-System - weder über den Bordcomputer, noch über die App. Und das sieht und riecht man.
Als ich jüngst meine Mutter mit einem Smart vom Ostbahnhof abgeholt habe, musste ich das Auto vorher erst kurz entmüllen und die unfassbar verdreckten Fußmatten ausklopfen. Das Auto sah aus, als hätte der Vormieter versucht, ein Nilpferd gegen dessen Willen auf den Beifahrersitz zu schnallen.
Dafür hat Car2Go bislang einen konkurrenzlosen Vorteil: das Buchungssystem, das so unprätentiös einfach daher kommt wie ein Smart.
1. Auto in der App auf der Straßenkarte anklicken. Entweder reservieren oder direkt die Miete beginnen.
2. PIN in der App eingeben oder sich mit dem Fingerabdruck ausweisen.
3. Den angezeigten dreistelligen Code vom Display auf der Windschutzscheibe in die App übertragen.
4. Türschloss springt innerhalb von rund 10 Sekunden auf. Einsteigen.
5. Zündschlüssel aus der Halterung entnehmen und losfahren. Zack!
Bei DriveNow funktioniert das alles bislang nach einem System, das einem selbst die Mitarbeiter an der Hotline nicht souverän erklären können. Weil es immer mal wieder an unterschiedlichen Stellen versagt.
Das größte Manko ist bis heute das Zusammenspiel aus Kundenkarte, App und Bordcomputer im Auto. Wenn Sie in Berlin Leute sehen, die vor BMWs oder Minis herumlungern: Wahrscheinlich sind es keine Autoknacker beim Warten auf den richtigen Moment. Es werden DriveNow-Mieter sein, die gedemütigt darauf warten, dass ihr verdammtes Auto endlich aufgeht.
Warum nutzen Sie Carsharing?
Für 43 Prozent der befragten Nutzer ist die Ersparnis gegenüber dem eigenen Auto der ausschlaggebende Grund für das Carsharing.
Quelle: Arthur D. Little
25 Prozent der Befragten schätzen die Flexibilität beim Carsharing.
Der Umweltschutz beim geteilten und damit besser genutzten Auto ist für 23 Prozent wichtig.
Für 16 Prozent der Nutzer ersetzt das Carsharing das eigene Auto.
Neun Prozent gaben an, Carsharing-Angebote für Dienstreisen zu nutzen – wozu einen Mietwagen buchen, wenn in einigen Städten ein Carsharing-Auto für wenige Euro zu haben ist?
Ein Prozent der Befragten nannte sonstige Gründe.
Wenn die App einen denn überhaupt lässt und der Button für „Öffnen“ ist drückbar, dann dauert es mitunter gut und gerne eine knappe Minute, bis die Türen aufspringen. Das gilt übrigens auch bei strömendem Regen. Da starrt man mit trübem Blick auf die App hinter regennassem Smartphone-Glas, liest DriveNow und möchte weinen.
Im Auto wiederum sitzt man dann blöde herum, hört sich selbst knirschend in den Ledersitzen atmen und glotzt auf den erstarrten Bord-Computer-Bildschirm. Denn der Computer muss erstmal das System hochfahren. Das dauert oft so lange, dass genervte Anfänger oftmals schon von einem technischen Fehler ausgehen und die Hotline anrufen. Nur alte Hasen bringen die DriveNow-Abgebrühtheit mit und erledigen beim Warten wichtige E-Mails oder bestellen gemütlich bei Amazon.
Digitales Umstyling
Nach einer ordentlichen Portion verstrichener Lebenszeit geht es dann plötzlich los: Man darf die PIN eingeben. Und dann los? Neeeeinnn! Erst noch ein paar Fragen zum Zustand des Autos (Schmutz, neue Schäden) und zu buchbaren Minutenpaketen. Wer dann auch noch das Navi nutzen möchte und sich dabei im System des Bordcomputers verzettelt, versinkt schnell im parallel aufgespielten BMW- oder Mini-Computersystem. Diese zwei Welten: DriveNow und BWM/Mini machen sich gegenseitig fertig und dem Kunden Panik-Attacken: „Ich muss los aber ich will hier raus!!!!“
Aber all das soll ab heute vorbei sein. Ab heute gibt es das „digitale Umstyling“, wie DriveNow es selber nennt.
Nico Gabriel ist Geschäftsführer bei DriveNow und sagt: „Alle wichtigen Funktionen für den Mietvorgang sind jetzt in der App integriert. Das macht den Prozess wesentlich schneller und für Kunden deutlich komfortabler.“
Das Smartphone kann es offenbar besser als die Hardware im Auto. Das Gute: Schon ab einer Entfernung von 150 Metern soll sich das Auto binnen Sekunden öffnen lassen. Binnen Sekunden! Binnen wie vieler Sekunden eigentlich? Sagen sie nicht. Aber es lässt hoffen. Und die Fragen zu Minuten-Paketen und zu neuen Schäden werden nun über die App erledigt.
Einzig die PIN muss noch im Fahrzeug eigegeben werden (was Car2Go wie gesagt auch über die App erledigt). Und das ist der große, große Knackpunkt. Denn bislang konnte die PIN bei BMW und Mini ja erst eingegeben werden, wenn der dösige Bordcomputer sich endlich bequemte.
Wenn dies weiter so lange dauert, dann gute Nacht. Dann wäre nicht viel gewonnen. Aber als Nicht-Informatiker wage ich die These: Der entschlackte Buchungsprozess könnte auch den Bordcomputer beschleunigen. Vielleicht überwindet DriveNow im Zuge dieses „digitalen Umstylings“ ja auch die lähmende Feindschaft der zwei Bord-Systeme.
Ab wann sich ein eigenes Auto lohnt - ein Vergleich
Kosten Carsharing und Mietwagen¹: 2094,25 Euro/ Jahr
Kosten eigenes Auto²: 3180,00 Euro/Jahr
Die gefahrene Strecke: alle zwei Wochen 30 km Stadtfahrt, jeden Monat 200 km Wochenendfahrt, drei Mal im Jahr 617 km Überlandfahrt für eine Woche, zum Beispiel Urlaub
¹ Annahmen: Stadtfahrten hin und zurück je 15 km und 30 Minuten Fahrt, Montag bis Freitag, zur Hälfte flexibles Carsharing, zur Hälfte stationäres Carsharing (dann 1,5 Stunden Nutzung); Wochenendfahrten von weniger als einem Tag mit stationärem Carsharing, für Wochenendfahrten von über einem Tag und Überlandfahrten normaler Mietwagen; Berechnungen auf Basis von Beispielangeboten von DriveNow, Flinkster und Sixt; Anmeldegebühren wurden rechnerisch auf vier Jahre verteilt; DriveNow mit Prepaid-Minuten-Paket 500, Sixt mit Prepaid-Zahlung, Vollkaskoschutz und angesetzten Kraftstoffkosten von 1,65 Euro pro Liter Super;
² Annahmen: Gebrauchtwagen bei einer Haltedauer von vier Jahren; Summe aus Wertverlust, Fixkosten, Betriebskosten und Werkstattkosten; Durchschnittswerte für einen Klein- bis Mittelklassewagen;
Quelle: Anbieter, ADAC (adac.de/autokosten), eigene Berechnungen
Kosten Carsharing und Mietwagen¹: 3532,75 Euro/ Jahr
Kosten eigenes Auto²: 3798,00 Euro/Jahr
Die gefahrene Strecke: jede Woche 30 km Stadtfahrt, zwei Mal pro Monat 200 km Wochenendfahrt, drei Mal im Jahr 1233 km Überlandfahrt für eine Woche, zum Beispiel Urlaub
¹ Annahmen: Stadtfahrten hin und zurück je 15 km und 30 Minuten Fahrt, Montag bis Freitag, zur Hälfte flexibles Carsharing, zur Hälfte stationäres Carsharing (dann 1,5 Stunden Nutzung); Wochenendfahrten von weniger als einem Tag mit stationärem Carsharing, für Wochenendfahrten von über einem Tag und Überlandfahrten normaler Mietwagen; Berechnungen auf Basis von Beispielangeboten von DriveNow, Flinkster und Sixt; Anmeldegebühren wurden rechnerisch auf vier Jahre verteilt; DriveNow mit Prepaid-Minuten-Paket 500, Sixt mit Prepaid-Zahlung, Vollkaskoschutz und angesetzten Kraftstoffkosten von 1,65 Euro pro Liter Super;
² Annahmen: Gebrauchtwagen bei einer Haltedauer von vier Jahren; Summe aus Wertverlust, Fixkosten, Betriebskosten und Werkstattkosten; Durchschnittswerte für einen Klein- bis Mittelklassewagen;
Quelle: Anbieter, ADAC (adac.de/autokosten), eigene Berechnungen
Kosten Carsharing und Mietwagen¹: 5139,43 Euro/ Jahr
Kosten eigenes Auto²: 4452,00 Euro/Jahr
Die gefahrene Strecke: zwei Mal pro Woche 30 km Stadtfahrt, zwei Mal pro Monat 300 km Wochenendfahrt, drei Mal im Jahr 1600 km Überlandfahrt für eine Woche, zum Beispiel Urlaub
¹ Annahmen: Stadtfahrten hin und zurück je 15 km und 30 Minuten Fahrt, Montag bis Freitag, zur Hälfte flexibles Carsharing, zur Hälfte stationäres Carsharing (dann 1,5 Stunden Nutzung); Wochenendfahrten von weniger als einem Tag mit stationärem Carsharing, für Wochenendfahrten von über einem Tag und Überlandfahrten normaler Mietwagen; Berechnungen auf Basis von Beispielangeboten von DriveNow, Flinkster und Sixt; Anmeldegebühren wurden rechnerisch auf vier Jahre verteilt; DriveNow mit Prepaid-Minuten-Paket 500, Sixt mit Prepaid-Zahlung, Vollkaskoschutz und angesetzten Kraftstoffkosten von 1,65 Euro pro Liter Super;
² Annahmen: Gebrauchtwagen bei einer Haltedauer von vier Jahren; Summe aus Wertverlust, Fixkosten, Betriebskosten und Werkstattkosten; Durchschnittswerte für einen Klein- bis Mittelklassewagen;
Quelle: Anbieter, ADAC (adac.de/autokosten), eigene Berechnungen
Ab sofort kann es jeder ausprobieren. Und wenn das gut läuft, dann hat wiederum Car2Go ein Problem: Einfach schnell losfahren, das kann man dann auch mit dem Konkurrenten. DriveNow hat die App schon direkt so angelegt, dass sie jederzeit um neue Features erweitert werden kann. Eine neue Funktion gibt es schon seit einigen Monaten. „Handshake“ heißt die. Beim Losfahren gibt man sein Ziel ein und wenn man Glück hat, übernimmt ein anderer Kunde das Auto direkt bei der Ankunft. Die frustrierende Parkplatzsuche fällt weg und sogar Autos, die noch unterwegs sind, lassen sich vom nächsten Kunden so schon buchen. Flott und effizient, das geht also auch bei DriveNow.
Sollten sich die Versprechungen von DriveNow im Alltagstest bewahrheiten, dann bleibt der Daimler-Tochter Car2Go als Alleinstellungsmerkmal nur noch der Wendekreis des Parklücken-Helden Smart. Da muss dann wieder was Neues kommen. Immer hin und her. Herrlich, wie die Konkurrenz zugunsten der Kunden das Geschäft belebt. Im positiven Sinne, meine ich jetzt. Gruß nach Wolfsburg. Was machen die eigentlich so?