Dann schließlich die riesige Kampagne zum Opel Ampera: das erste alltagstaugliche Elektroauto. Mit Range Extender, also einem Verbrennungsmotor, der einzig dazu da ist, die Batterie aufzuladen. Die Fachwelt war begeistert. Das Blöde war nur: Zum Zeitpunkt der Kampagne war der Ampera überraschend nicht lieferbar. Technische Probleme. Die Herzen der Opel-Marketing-Menschen müssen spritzend geblutet haben.
Von der Opel-Kampagne lernen, heißt: Fehler offensiv benennen und mit den Stärken wuchern. Das würde auch anderen Konzernen gut zu Gesicht stehen.
Die Deutsche Bahn etwa wirbt im Wesentlichen mit Preisrabatten. Dabei ist doch Volksmeinung, dass auf die Bahn kein Verlass ist in Sachen Pünktlichkeit. Dazu kein Wort in der Werbung der Bahn. Dabei lag die Pünktlichkeitsquote im Fernverkehr 2013 bei 74 Prozent. Das ist nicht gerade berauschend. Aber solche Werte schaffen Sie mit dem Auto auf unseren Autobahnen niemals. Und fahren Sie mal von Köln nach Berlin in vier Stunden 22. Das schafft nur der ICE. In dem ausländische Reisende regelmäßig in die 2. Klasse einsteigen und fragen: "Excuse me, is that first or second class?" Und das Zugrestaurant führt wirklich ganz gute Weine. Und bietet Blick auf die vorbeiziehende Landschaft. Das gibt es in keinem Sternerestaurant. Wieso sagt die Bahn das nie? "Nicht gerade pünktlich aber trotzdem schneller. Deutsche Bahn." Oder so ähnlich.
Aber vielleicht sind Autohersteller einfach die Mutigeren. Daimler bewirbt den Smart, indem sie erstmal zeigen, was er alles nicht kann. Im Gelände bleibt er an Steigungen hängen, setzt bei kleinsten Unebenheiten mit dem Bodenblech auf und versinkt in seichten Pfützen, über die Geländewagen-Fahrer nur lachen. Aber finden Sie mit einem Geländewagen mal einen Parkplatz in der Großstadt. Die Aussage: Der Smart ist im Gelände das, was ein protziger Geländewagen in der Stadt ist (aber wer fährt schon durchs Gelände?).
Aber Vorsicht! Von Opel lernen, heißt auch: Versprechen einhalten. Nicht die coolste Werbekampagne der Welt könnte junge Leute an Karstadt binden, solange in den Häusern noch der verschnarchte Atem der 80er-Jahre steht.
"For you, vor Ort." Witz und Augenzwinkern bei Schlecker? Schlecker stand doch für Ideenlosigkeit, Lieblosigkeit, Herzlosigkeit - vor allem auf Kosten der Mitarbeiterinnen. Das alles sollte aber lieber totgeschwiegen werden. Und zack. Weg sind sie!
Und bestes Beispiel dafür, wie man es nicht macht: RWE. Merkt, dass erneuerbare Energie gut ankommt und lässt einen Spot produzieren, in denen RWE wie ein grüner Riese durch die idyllische Landschaft trampelt. Wie viele Eltern ihre Kinder abends vorm Schlafengehen wohl trösten mussten: "Keine Angst, den grünen Riesen gibt es nicht. Das hat sich die Stromfirma nur ausgedacht, weil sie sehr eingebildet ist. In Wirklichkeit ist die Stromfirma aber nur ein kleiner dummer grüner Zwerg."
Ausgerechnet RWE ein grüner Riese. Da schüttelt es einen vor Fremdscham bei so viel verlogener Selbstherrlichkeit. Da stimmt nichts. Und dann auch noch "voRWEggehen". Nun kam ja raus: RWE ist der Energiewende nicht gewachsen und macht riesige Verluste. Und was macht der Konzern? Mault rum, dass die Deutschen schuld sind, weil die die Energiewende nun einmal wollen. RWE: dem Alten hinterheRWEinen.
Die Kampagne von Opel kommt aber genau zur rechten Zeit. Die Marktanteile halten sich und sind jüngst sogar gestiegen. Opel nutzt die letzte Chance. Und irgendwie scheint es zu klappen. Ist nur so ein Gefühl. Aber allein dieses Gefühl spricht ja zumindest mal für die Kampagne. Und wenn die Leute dann endlich aufhören, Rotweinflecken mit Weißwein zu bekämpfen, hat sich der Millionenaufwand sowieso schon gelohnt.