Wer den Absturz verstehen will, muss in den Jahren vor der Finanzkrise anfangen. Es ist die Zeit der ganz großen Gewinne, der fetten Boni, der großen Ziele. Die Deutsche Bank soll global in der ersten Liga mitspielen, in der sie sich spätestens seit der Übernahme des US-Instituts Bankers Trust zu Hause fühlt. Ackermann strebt eine Eigenkapitalrendite von 25 Prozent an. Anders als vielfach dargestellt ist das kein Hirngespinst eines überehrgeizigen angeblichen Supermanagers. Es ist ein Wert, den Investoren von Banken verlangen. Die Deutsche Bank erreicht die Zahl kaum. Aber sie kommt ihr doch sehr nahe.
Allerdings zahlt sie dafür langfristig einen hohen, zu hohen Preis. Denn schon damals hat die Bank ein Problem, dass ihr auch heute noch zu schaffen macht. Anders als ihre Wettbewerber verdient sie auf ihrem Heimatmarkt mit Privatkunden und Unternehmen zwar ordentlich, aber nicht ausreichend Geld. Die Konkurrenz von Sparkassen und Volksbanken drückt die Preise.
Um das Ziel zu erreichen setzt die Bank deshalb voll auf das Investmentbanking. Sie heuert Banker von der Konkurrenz an, die nicht zur Deutschen Bank kommen, weil das eine großartige Marke ist. Sie fangen bei der Bank an, weil sie in ihr die geeignete Plattform sehen, um ihre persönliche Vermögenssituation zu optimieren. Die Bank lässt sie gewähren. Die Kontrollen sind lax, die Boni hoch. Gut ist, was Geld bringt. Auch wenn die Gewinne kurzfristig sind.
Falsche Anreize sind nicht der einzige Fehler dieser Zeit. Die Eigenkapitalrendite lässt sich optimieren, indem die Gewinne steigen. Sie lässt sich aber auch steigern, indem die Kapitalbasis reduziert wird. Die Deutsche Bank führt in den Jahren vor der Krise mehrere milliardenschwere Aktienrückkaufprogramme durch, das letzte noch Anfang 2007. Der Kurs kommt gut an, die Aktie steigt auf knapp über 100 Euro. Aber er reduziert auch die Stabilität der Bank, im globalen Vergleich zählt sie nun zu den am schwächsten gepolsterten Instituten. Das macht sie verwundbar, als Ende 2007 die große Krise aufzieht. Es geht jetzt um die Existenz.
Es bleibt ein Verdienst Ackermanns, dass die Bank diese unter seiner Führung zwar verwundet, aber nicht entscheidend verletzt übersteht. Ackermann weiß, dass in der Krise auch und vor allem Psychologie zählt. Er redet die Bank stark, erklärt, dass er sich schämen würde, Staatshilfe anzunehmen. Damit eckt er an, erreicht aber, dass der Markt der Bank vertraut. Sie bekommt weiter Liquidität, sie muss kein frisches Kapital aufnehmen.
So bleibt Ackermanns Erbe zwiespältig. In seine Amtszeit fallen die Verfehlungen, die zu Milliardenstrafen geführt haben oder noch führen werden. Er hat die Bank einseitig auf Wachstum ausgerichtet, er hat in den Jahren vor der Krise nicht gebremst, unter ihm wurden Kontrollen vernachlässigt. Man muss ihm aber zugutehalten, dass er seine Fehler zuletzt zumindest teilweise einsah. Bei seinen letzten Auftritten äußerte er sich stets kritisch über die Abhängigkeit von der Investmentbank. Der Nutzen vieler Produkte sei allenfalls zweifelhaft, erklärte er öffentlich. Um die Bank auf eine stabilere Grundlage zu stellen, kaufte er die Postbank. Eine grundlegende Restrukturierung, eine deutliche Reduzierung der Aktivitäten im Investmentbanking, gab es unter ihm allerdings bis zuletzt nicht.