Geldinstitute Neustart der Deutschen Bank lässt auf sich warten

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Wie will die Bank ausreichend Geld verdienen?

Das dürfte Cryans interne Gegner nicht davon überzeugen, dass der Brite nicht nur sparen und abarbeiten, sondern das Geschäft auch voranbringen kann. Tatsächlich ist die Bank in einem Abwärtsstrudel gefangen, in dem Sparrunden zu sinkenden Erträgen und damit letztlich wieder zu neuen Sparrunden führen. In ihren Ende Juli veröffentlichten Halbjahreszahlen hat die Deutsche Bank zuletzt schwer enttäuscht. Analysten etlicher großer Banken haben ihr Urteil über das Institut in der Folge nach unten korrigiert.

In der vergangenen Woche fiel der Kurs der Aktie auf ein Krisentief von unter 14 Euro. In ähnliche Regionen war er zuletzt Anfang und Ende 2016 abgesackt, als Schadensersatzforderungen und eine knappe Kapitalausstattung Zweifel am Überleben des Instituts weckten. Das scheint jetzt gesichert, dafür tritt ein strukturelles Problem immer stärker hervor: Es ist schlicht unklar, wie die Bank ausreichend Geld verdienen will.

Erst jetzt wird deutlich, wie weit sie die durch die hohen Milliardenforderungen in den USA ausgelösten Turbulenzen, der Rückzug aus einigen Geschäften und der harte Sparkurs zurückgeworfen haben. Das Investmentbanking ist nach wie vor das mit Abstand wichtigste Geschäft, aber hier hat das Institut selbst in Deutschland Marktanteile an die US-Konkurrenz verloren. Das Geschäft mit reichen Kunden hat die Bank zwar zum Wachstumsfeld erklärt, zuletzt aber verwaltetes Vermögen an die Konkurrenz verloren. Auch in Asien will die Deutsche Bank zulegen, messbare Resultate fehlen bisher jedoch auch hier. „Außer Ankündigungen gibt es keine Erfolgsmeldungen“, sagt ein Insider. Was bleibt, ist die Hoffnung auf bessere Zeiten.

Die soll auch Privatkunden-Vorstand Sewing erfüllen. Dabei läuft auch bei ihm intern längst nicht alles glatt – und die ganz große Bewährungsprobe steht noch aus: Nachdem die eigentlich geplante Abtrennung der Postbank von der Mutterbank abgesagt worden ist, arbeitet ein kleines Team um Sewing und den an diesem Freitag in den Vorstand der Deutschen Bank beförderten Postbank-Chef Frank Strauß an einem Plan für die Integration der Postbank. Dass Strauß nun auf die oberste Führungsebene aufrückt, halten Insider zumindest für ein klares Zeichen dafür, dass die Bank das Geschäft mit ihren Privatkunden tatsächlich weiterhin für wichtig hält.

Trotzdem ist die Skepsis groß, vor allem in der Postbank. Schließlich sorgte schon die erste Annäherung, bei der die Deutsche Bank die Selbstständigkeit des Instituts kaum antastete, für reichlich Unfrieden. Die ursprünglich avisierten Ziele wurden deutlich verfehlt. Viele Beschäftigte erkennen nicht, warum es im zweiten Anlauf besser klappen soll. Zu komplex scheint das Zusammenführen der unterschiedlichen IT-Systeme und Unternehmenskulturen, zu unklar die künftige Ausrichtung der beiden Marken.

„Am Ende sollte ein Modell stehen, mit dem die Bank nicht nur rationalisiert, sondern auch ihre Präsenz auf dem Heimatmarkt stärkt“, sagt Jan Duscheck, der für die Gewerkschaft Verdi im Aufsichtsrat der Deutschen Bank sitzt. Cryan hat bereits vor Monaten angekündigt, dass Arbeitsplätze wegfallen und Filialen geschlossen werden. Manche in der Deutschen Bank fürchten, dass es um viele Tausend Stellen geht, und sprechen deshalb schon von einem bevorstehenden „Blutbad“.

Erste Details zur Integration will die Bank in den kommenden Wochen bekannt geben. Wie Insider berichten, sehen die Pläne vor, dass die Postbank nur als Marke erhalten bleiben soll, alle Strukturen dahinter aber zusammengelegt werden. Die eigentliche Integration soll in zwei Schritten erfolgen. In den ersten drei Jahren geht es nach den Plänen vor allem darum, die technischen Systeme zu integrieren, die Aktivitäten etwa auf einer gemeinsamen IT-Plattform zu bündeln. Erst danach stehen gemeinsame Initiativen und eine komplette Neuausrichtung des Angebots an.

Es wird eine Mammutaufgabe für Sewing. Der 47-Jährige ist seit Anfang 2015 für die Privatkunden-Sparte verantwortlich, seine Berufung kam damals überraschend, weil er zuvor vor allem in internen Funktionen wie dem Risikomanagement und der Revision gearbeitet hatte. Er gilt vor allem als guter Manager, seine ziemlich bodenständige Karriere, die er 1989 als Auszubildender in einer Filiale in Bielefeld begann, verleiht ihm zusätzlich Glaubwürdigkeit. „Er ist nicht abgehoben, ehrlich, offen und integer“, lobt ein Arbeitnehmervertreter.

Als Erfolg kann er immerhin vorweisen, dass der bisherige Umbau des Privatkunden-Geschäfts ziemlich reibungslos geklappt hat. Selbstverständlich ist das nicht. Denn als die Deutsche Bank 2015 ihre neue Strategie vorstellte, bedeutete das für das Segment einen beispiellos harten Schnitt. Fast 200 Filialen sollten schließen, rund 2500 Stellen wegfallen.

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