Kirch-Prozess Das letzte Kirch-Kapitel ist noch nicht geschrieben

Es ist so gekommen wie erwartet. Nach einem Jahr Prozess hat das Münchner Landgericht Josef Ackermann, Rolf Breuer, Jürgen Fitschen und zwei weitere frühere Vorstände der Deutschen Bank freigesprochen.

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Josef Ackermann(R) und Jürgen Fitschen (L) bei der Ankunft im Gerichtssaal im April 2016 Quelle: REUTERS

Trotz eifrigen Bemühens konnten die Staatsanwälte den Bankern keinen versuchten Prozessbetrug nachweisen. Dass einer der Angeklagten wie gefordert tatsächlich ins Gefängnis gehen würde, haben die Strafverfolger am Schluss wohl selbst kaum geglaubt. Angesichts der dünnen Beweislage wirkte dieser Antrag schon fast trotzig.

Rechtskräftig ist das Urteil noch nicht. Relevant ist es vor allem für den nur noch gut einen Monat als Co-Chef des Instituts amtierenden Jürgen Fitschen.
Er kann sich bei der Hauptversammlung der Bank am 19. Mai nach vier Jahren aus dem Amt verabschieden, ohne dass seine persönliche Integrität wegen des Strafprozesses in Frage steht. Die Bilanz seines Wirkens an der Spitze der Bank fällt allerdings auch ohne diesen Makel eher bescheiden aus. Nach mehr als 14 Jahren ist mit dem Freispruch nun eines der letzten Kapitel jener Geschichte geschrieben, die Anfang 2002 mit einem TV-Interview des damaligen Bankchefs Rolf Breuer begann. In diesem hatte er an der Kreditwürdigkeit des Medienunternehmens gezweifelt. Wenig später ging der Konzern tatsächlich pleite, den Rest seines Lebens verbrachte Leo Kirch mit einem juristischen Kreuzzug gegen die Bank und Breuer, den er für sein geschäftliches Scheitern verantwortlich machte. Den Abschluss erlebte er nicht mehr. Das Verfahren endete mit einem Vergleich, in dem die Bank knapp eine Milliarde Euro an die Kirch-Kläger zahlte.

Und hier könnte die Geschichte noch mal eine Wendung nehmen. Richter Peter Noll hat während des Prozesses mehrmals erklärt, dass er die von der Kirch-Seite immer wieder vorgetragene Verschwörungstheorie für substanzlos hält. Damit könnte die Milliardenzahlung aus dem Vergleich noch mal in die Diskussion geraten. Hat die Deutsche Bank, die über Jahre beteuert hatte, nicht zur Zahlung verpflichtet zu sein, etwa  zu früh nachgegeben und das Geld zu leichtfertig überwiesen? „Ich sehe zumindest Erklärungsbedarf“, sagt Klaus Nieding von der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz. Bei der Hauptversammlung will Nieding entsprechend kritische Fragen stellen. 

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