2011 machte Hochtief Verlust und zahlte keine Dividende, mit der ACS aber gerechnet hatte. Die früher glänzende Hochtief-Ertragsperle, der australische Bauriese Leighton, gab in diesem Frühjahr wie schon 2011 eine Gewinnwarnung heraus. Die Verluste der Australier ließen den gesamten Konzern 2011 in die roten Zahlen rutschen. Eine Selbstanzeige des Leighton-Konzerns wegen Korruption im Irak verunsichert die Investoren zusätzlich. Mittlerweile aber hat Leighton seine wichtigsten Problemprojekte fertiggestellt. Mit 258 Millionen Euro Vorsteuergewinn im bisherigen Jahresverlauf haben die Australier den Dreh in die schwarzen Zahlen geschafft. Die Neuaufträge nahmen sogar um 61 Prozent zu. Stieler kann also durchaus Erfolge verbuchen.
Gemeinsam mit dem starken Geschäft in Nordamerika (21 Prozent mehr Aufträge) lässt sich der Rückgang in Europa (13 Prozent weniger Aufträge) abfedern. Im gesamten Konzern hat Hochtief derzeit mit 50 Milliarden Euro das größte Auftragspolster seiner Geschichte.
Zu optimistisch gewesen
Zu den Problemkinder zählt noch die zum Verkauf stehende Immobilientochter Aurelis, die sich nach wie vor nicht zu Geld machen lässt. Und dann drücken da noch die Rückstellungen, die Hochtief wegen der Verzögerungen am Bau der Elbphilharmonie, bilden musste. Stieler hat weder das Australien- noch das Airport-Problem verursacht – beide aber auch nicht gelöst. Der 52-Jährige tauschte in Sydney das Leighton-Management aus und rief eine monatlich tagende Achter-Runde ins Leben, die die internationale Abstimmung verbessern soll.
Der blamable Streit um Preisexplosion und Verzögerungen beim Bau der Hamburger Elbphilharmonie ist zum geringsten Teil dem locker auftretenden Juristen anzulasten. Was die Spanier Stieler vorwerfen können, ist, dass er von Beginn an zu früh die Lösung der Probleme angekündigt hat – und später zurückrudern musste.
Welche Gründe ACS – offiziell oder inoffiziell – für den Managerwechsel anführen wird, Analysten und Aktionärsvertreter erhalten den Eindruck, dass die mit 9,2 Milliarden Euro verschuldete ACS-Gruppe, auf eine Zerschlagung von Hochtief hinarbeitet. Die Spanier brauchen dringend Geld und das könnte durch Verkäufe der Töchter in den USA oder der australische Beteiligung Leighton in die Kassen kommen. Im Juli hatte ACS schon 30,22 Prozent der Hochtief-Anteile an die spanische Großbank BBVA verpfänden müssen. Verkaufserlöse und damit verbundene Sonderdividenden aus Essen könnten nun helfen, den Schuldenberg abzutragen und die Aktien wieder auszulösen.
Die Aktie startete am Montag zu einem regelrechten Höhenflug. Das Papier legte an der Börse um knapp fünf Prozent zu. Der Hauptgeschäftsführer der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW), Marc Tüngler warnte davor, eine Strategie über die Köpfe der freien Aktionäre hinweg zu führen. Analyst Marc Nettelbeck von der DZ Bank verwies auf eine anhaltende Unsicherheit über die künftige Strategie des vorgeschlagenen neuen Hochtief-Chefs.
Eine Zerschlagung des Baukonzerns sei allerdings schwierig, da sie vermutlich Vereinbarungen brechen würde. Diese habe Hochtief Ende 2010 mit circa 160 Banken geschlossen. Da ihre Verletzung eine Neuverhandlung der gesamten Konzernfinanzierung nach sich ziehen würde, stellten sie eine starke Schutzmaßnahme dar.
Mit Material von dpa und Reuters