Schon zum zweiten Mal in dieser Woche ist Ferri Abolhassan im Düsseldorfer Service Center der Deutschen Telekom zu Besuch. Über 100 Kundenbetreuer mit Headset arbeiten auf der Etage nebeneinander aufgereiht an ihren Bildschirmen. Knallgelbe Wände mit Glasaufsatz für den Schallschutz trennen sie voneinander. Abolhassan ist seit Kurzem ihr Chef.
Der Manager setzt sich neben Sabrina, eine gut 25 Jahre alte Mitarbeiterin, die sich an der Telekom-Hotline um die Beschwerden der Kunden kümmert. Er stülpt einen Kopfhörer über sein dunkles Haar und hört sich an, was die Kunden Sabrina erzählen. Es dürfte ihm kaum gefallen. Eine Telekom-Kundin beklagt sich beispielsweise darüber, dass sie schon seit Wochen nicht mehr ins Internet kommt. Mehrmals waren die Techniker der Telekom schon ausgerückt. Es tat sich nichts.
Abolhassan geht zum nächsten Mitarbeiter, Sebastian, blaues Hemd und ein paar Jahre älter als Sabrina. Eine Sorgenfalte auf der Stirn zeigt, dass er schon ein paar Serviceschlachten für die Telekom geschlagen hat. Er beschwert sich, dass sich zu den Stoßzeiten jeden Abend ab 18 Uhr die internen Informationsseiten der Telekom nur noch langsam aufbauen. Er braucht dann länger als sonst, um Fragen der Kunden zu beantworten.
Zahlen und Fakten zum Mobilfunk-Markt
Im vergangenen Jahr wurden rund 1,5 Milliarden Smartphones verkauft. Das war ein Wachstum von zwei bis fünf Prozent im Vergleich zu 2015 - die Berechnungen einzelner IT-Marktforscher weichen etwas voneinander ab.
Noch im Jahr davor war der Absatz um mehr als zehn Prozent gewachsen. Als zentrale Auslöser für die Abkühlung gelten die wirtschaftlichen Turbulenzen im größten Smartphone-Markt China sowie anderen Ländern wie Russland.
Samsung blieb auf das gesamte Jahr gerechnet der größte Smartphone-Anbieter mit einem Marktanteil von gut 20 Prozent, Apple ist die Nummer zwei mit knapp 15 Prozent.
Im Weihnachtsgeschäft wurden die Apple-Verkäufe aber vom iPhone 7 beflügelt und bei Samsung schlug das Batterie-Debakel beim Galaxy Note 7 auf den Absatz. Im Ergebnis schob sich Apple in dem Quartal mit 78,3 Millionen verkauften iPhones knapp an Samsung vorbei.
Anbieter aus China haben sich - vor allem dank der Größe des heimischen Marktes - weltweit in die Spitzengruppe vor. Die drei Hersteller Huawei, Oppo und BBK schließen nach Samsung und Apple die globale Top 5 ab und kamen zusammen auf gut 20 Prozent Marktanteil.
Bei den Smartphone-Betriebssystemen dominiert Googles Android-Software mit einem Marktanteil über 80 Prozent. Den Rest füllt weitgehend das iOS von Apples iPhones aus. Andere Betriebssysteme wie Windows Phone oder Blackberry OS sind inzwischen praktisch bei Null angekommen. Dabei wurde mit ihnen einst die Hoffnungen verbunden, dass sie zur starken Nummer drei im Markt werden könnten.
Im vergangenen Jahr gab es nach Berechnungen von Experten weltweit rund 7,4 Milliarden Mobilfunk-Anschlüsse. Zum Jahr 2020 dürfte ihre Zahl auf knapp 8,4 Milliarden ansteigen, prognostiziert der IT-Marktforscher Gartner.
Abolhassan zückt seinen Blackberry und ruft einen seiner Projektmanager an. „Ich bin wieder auf der Fläche und mache alle Leute verrückt“, sagt der Manager, der während seiner Zeit bei der Geschäftskundensparte T-Systems seiner vielen Anrufe und Mails wegen den Spitznamen „Blackferri“ bekam. „Hör dir mal die Stimme des Volkes an.“ Er reicht sein Smartphone an Sebastian weiter: „Lass dich nicht abwimmeln und halt mich auf dem Laufenden.“
Dem 52-jährigen Saarländer Ferri Abolhassan eilt der Ruf eines kompromisslosen Managers voraus, der auch schwierige Projekte gegen alle Widerstände zum Erfolg führen kann. Beim Softwareriesen SAP, wo er bis 2008 einer der Topverkäufer in Europa war, bekam er deshalb den Spitznamen Darth Vader – nach dem finsteren Helden aus dem Hollywood-Blockbuster „Star Wars“, der mit Laserschwert und Macht der Gedanken alle Gegner ausschaltet.
Solch magische Momente kann Abolhassan bei seinem neuen Job gut gebrauchen. Seit dem 1. Oktober ist der promovierte Informatiker Chef einer neuen Tochtergesellschaft mit dem unscheinbaren Namen Service Transformation GmbH. Er muss die bisher getrennt voneinander arbeitenden Mitarbeiter der vier Sparten Kundenservice, technischer Service, Prozesse und Auftragsmanagement zur kundenfreundlichsten Truppe zusammenzuschweißen, die es jemals bei der Telekom gegeben hat.
Das Riesenheer aus 36.000 Service-Mitarbeitern soll Kundenbeschwerden und Störungen so freundlich, schnell und pünktlich bearbeiten, dass die 42 Millionen Mobilfunk- und 20 Millionen Festnetzkunden staunend Beifall klatschen. Von solch einer Begeisterungswelle träumt jedenfalls Konzernchef Höttges – und er wünscht, dass sein Traum sich möglichst schon in zwei Jahren erfüllt.
Alle Telekom-Chefs haben bei Amtsantritt versprochen, den Kundenservice der Telekom auf Vordermann zu bringen. Höttges’ Vorgänger René Obermann machte dabei durchaus Fortschritte. Allein: Es reichte nicht, um die Kunden wirklich glücklich zu machen. Bei Umfragen zur Servicequalität landet die Telekom weiterhin oft nur im Mittelfeld. Nun soll Abolhassan das Wunder vollbringen.