Rekordbestellungen von Flugzeugen, neue Serviceideen und aggressive Kampfpreise: Auf unerwartete Neuerungen für die Flugbranche versteht sich Emirates seit die Linie am 25. Oktober 1985 zu ihrem Erstflug von Dubai ins pakistanische Karatschi aufbrach.
In dieser Woche überraschte Airline-Chef Tim Clark allerdings die eigene Belegschaft: Kurz vor dem 30. Geburtstag verkündete der 65-Jährige das erste Restrukturierungsprogramm der Fluglinie. „Um weiter erfolgreich zu sein, müssen wir Änderungen im ganzen Unternehmen vorantreiben“, begründete der geadelte Brite sein Neuerungspaket für das Unternehmen. Von Online-Buchungen bis in die Tiefen der Verwaltung - überall prüft Emirates, wie sie durch neue Technik in der IT oder Automatisierung effizienter arbeiten.
Bei anderen Fluglinien wäre ein solches Umbauprogramm ein Notsignal. Doch die Linie aus Dubai hat sich bisher besser geschlagen als die meisten Wettbewerber. Während die Linien aus Europa und den USA mit wenigen Ausnahmen kaum einen Prozent vom Umsatz als Gewinn behalten, hat Emirates eine Umsatzrendite von gut fünf Prozent. Und das obwohl sie – anders als ihre Wettbewerber – jedes Jahr Flugzeuge im Wert von mehreren Milliarden Dollar übernommen hat und den Umsatz in den vergangenen fünf Jahren verdoppelt hat.
Dabei jagt der Erzrivale den etablierten Linien in Europa und den USA massiv Marktanteile ab. Die Lufthansa schätzt, dass die Wüstenkonkurrenz ihr bereits jetzt bis zu eine Million Passagiere im Jahr wegnimmt.
Rechtzeitig reagieren
Noch dramatischer ist der Preisverfall. "Dank vorteilhafter Kosten drücken die Golflinien die Durchschnittspreise auf ein Niveau, bei dem Europas Linien nur noch dann Geld verdienen, wenn sie ihre Arbeitsweise grundlegend ändern und die Kosten deutlich senken", heißt es in einer Studie der Beratung Arthur D. Little. Damit setzt Emirates inzwischen nicht nur den Passagierverkehr, sondern auch das Frachtgeschäft unter Druck.
Clarks Restrukturierungsprogramm soll keine Probleme lösen, sondern sie im Keim ersticken. „Anders als andere Fluglinien reagiert Emirates auf Herausforderungen bereits bevor sie zur Belastung werden“, schreibt Marktforschungsinstituts Centre for Aviation in einer Studie.
Die fünf Erfolgsgeheimnisse der arabischen Airlines
Kern des Erfolgs sind die guten Preise. Möglich werden sie durch die im Vergleich zu europäischen Linien bis zu 30 Prozent niedrigeren Ausgaben. Dafür sorgt die Flotte, die dank Großbesteller-Rabatten und moderner Technik im Schnitt gut ein Zehntel günstiger fliegt als die Maschinen der Konkurrenz aus Übersee. Zweites Plus sind die Flughäfen der Golfstaaten. Großzügig gebaut und ohne Einschränkungen beim Nachtflug erlauben sie eine optimale Flugplanung ohne die überflüssigen Ruhezeiten für die teuren Maschinen. Und weil die Airports meist die gleichen Aufsichtsratschefs haben wie die Fluglinien, fördern sie die durch niedrige Gebühren, die nur rund ein Zehntel der in Europa fälligen Abgaben betragen.
Die unternehmensfreundliche Gesetzgebung sorgt für weitere Einsparungen. Dinge wie Steuern und Sozialabgaben sind ebenso unbekannt wie Sozialstandard oder Kündigungsschutz. Das spiegelt sich auch in der Unternehmenskultur wieder. Weil die Gehälter ohne die Abgaben relativ hoch sind und der Job viele Freiräume bietet, ziehen die Golflinien überdurchschnittlich viele hochmotivierte Mitarbeiter an. „Wir haben das Gefühl, die Vorgaben zu erreichen und wahrscheinlich sogar übertreffen können", so ein hochrangiger Mitarbeiter bei Emirates.
Die Flughäfen am Golf liegen verkehrsgünstig. Mit Ausnahme von Chile und Süd-Argentinien sind mit modernen Flugzeugen fast alle Orte der Welt erreichbar und bei den besonders stark beflogenen Routen von Europa nach Südostasien liegen die Golfstaaten quasi auf dem Weg.
Die Golflinien setzen auf Kundendienst. Während die Linien aus Europa und den USA bei Neuerungen wie modernen Flugzeugen, bequemen Sitzen, Betten in der Business Class oder einem persönlichen Unterhaltungsbildschirm in der Economy lange zu teuer waren und sie ihre Kunden bei jeder Gelegenheit mit Zuschlägen belasteten, setzen die Golfinien auf „alles inklusive.“
Fast ebenso viel wie in neue Technik stecken die Linien ins Marketing. Lufthansa etwa investiert eher zurückhaltend in Sportförderung oder aber in ungewöhnliche Dinge wie Events klassischer Musik. Besonders letztere sorgen – bei allem künstlerischen Wert – besonders bei jüngeren Reisenden außerhalb Europas für weniger Bekanntheit als die von den Golflinien bevorzugten Massensportarten wie Fußball oder Formel 1.
Die Grundidee für das Modell borgte sich das Emirates-Gründungsteam um Clark am Ende von Singapore Airlines. Die Linie des südostasiatischen Inselstaats zeigte als erste, wie ein Verbund aus einem Langstreckendrehkreuz, einem kundenfreundlichen Flughafen und der Rückendeckung der lokalen Regierung eine Weltmacht im Fliegen schafft – und daraus dann ein weltweit wichtiges Wirtschaftszentrum erwächst. Ein System, das nach den Golflinien im übrigen auch Island aufgenommen hat, mit Reykjavik als Minidrehkreuz zwischen Europa und Nordamerika.
Das gilt seit 1984, als der Premierminister der Vereinigten Arabischen Emirate, Scheich Mohammed bin Rashid Al Maktoum, erstmals die Idee einer nationalen Fluggesellschaft für die Emirate besprach. Sie sollte Dubai die für die ehrgeizigen Wachstumspläne des Herrschers nötigen Flugverbindungen sichern.
Um Emirates zum Erfolg zu führen, setzten die Gründer vor allem auf drei Vorteile: guten Service, niedrigen Kosten und die Lage von Dubai.
Was Emirates groß macht
Der bessere Kundendienst besteht nicht allein im Bordservice. Emirates servierte aufwendige Speisen, als Wettbewerber noch Tiefkühlkost aufwärmten; engagierte fast ausschließlich Flugbegleiter mit dem Aussehen von Fotomodellen; und bot als erste ein Unterhaltungsprogramm mit einem persönlichen Bildschirm. Waren es anfangs noch kleine Geräte für Videokassetten am Sitz, sind es heute mehr als 2000 Unterhaltungskanäle mit gut 500 Filmen, hunderten Fernsehsendungen und tausenden Musikstücken.
Das hat der Linie bisher mehr als 500 Auszeichnungen eingebracht - obwohl sie ihrem Ruf nicht immer gerecht wird, etwa weil die Kundschaft besonders in der First und der Business Class oft schlechter sitzt als bei der Konkurrenz. Zum Service gehört auch, dass die Linie ausschließlich Großraumflieger und Superjumbos wie den Airbus A380 einsetzt. Auch wenn Europas Linien wie Air France und Lufthansa aufgeholt haben, ist Emirates immer noch ein Stück voraus.