Laut der Analyse der STP-Experten wurden seither in 715 Fällen Esug-Eigenverwaltungen gestartet – zum Leidwesen vieler Insolvenzverwalter. Als sogenannte Sachwalter begleiten sie die meisten Rettungsmissionen lediglich als eine Art Ein-Mann-Aufsichtsrat. Die eigentliche Arbeit übernimmt derweil ein vom Unternehmen angeheuerter Sanierungsmanager.
Hier Fuß zu fassen wird für Verwalter zusehends schwieriger. Längst mischen Unternehmensberater im Restrukturierungsgetümmel mit. Auch Wirtschaftsprüfungsgesellschaften wie EY haben das Geschäft entdeckt. „In Einzelfällen können unsere Mitarbeiter künftig auch die Position eines Sanierungsgeschäftsführers oder -vorstands übernehmen“, kündigt EY-Partner Bernd Richter an.
Zwar bestreiten die großen Prüfgesellschaften weiter gehende Ambitionen. Doch Gerüchte, die sogenannten Big Four – EY, KPMG, PwC und Deloitte – würden mit einem Einstieg ins klassische Insolvenzgeschäft liebäugeln, halten sich in der Branche hartnäckig.
Weniger Verfahren, geringere Vergütungen, neue Konkurrenz – lange Zeit hielten sich die größeren Insolvenzkanzleien mit der Abwicklung von Altfällen über Wasser und setzten darauf, dass die Sterberate der Unternehmen wieder anzieht. Inzwischen hätten etliche Büros ihre Reserven jedoch aufgebraucht, sagt der Düsseldorfer Verwalter Andres. 2015 werde daher „ein Schicksalsjahr für die Branche“.
Schon beginnt sich der Markt zu lichten. In einem denkwürdigen Schreiben verabschiedete sich im Herbst 2014 etwa der Krefelder Insolvenzrechtler Wilhelm Klaas aus dem Routinedienst. Er wolle sich lieber auf seine ab 2020 geplante Weltumseglung vorbereiten, als „in einer Vielzahl von Kleinverfahren Nordrhein-Westfalen zu bereisen, um unterm Strich allenfalls Geld zu tauschen“, ließ Klaas die Insolvenzrichter seines Sprengels wissen. Für Jobs als Sachwalter, Sanierer oder für „Projektmandate“ werde er jedoch weiter einen „kleinen, schlagfertigen Insolvenzkanzleiapparat“ vorhalten.
Die führenden Insolvenzverwalter 2014
Name: Böhm, Gideon
Kanzlei: Münzel & Böhm
Zahl der Verfahren: 27
Quelle: STP Portal; gezählt wurden Verfahren ab Stellung des Insolvenzantrags (vorläufige Verfahren)
Name: Ampferl, Hubert
Kanzlei: Dr. Beck & Partner GbR
Zahl der Verfahren: 28
Name: Flöther, Lucas F.
Kanzlei: Flöther & Wissing Insolvenzverwaltung GbR
Zahl der Verfahren: 29
Name: Gittermann, Hendrik
Kanzlei: Reimer Rechtsanwälte Partnergesellschaft
Zahl der Verfahren: 30
Name: Borchardt, Peter-Alexander
Kanzlei: Reimer Rechtsanwälte Partnergesellschaft
Zahl der Verfahren: 32
Name: Sontopski, Andreas
Kanzlei: Rechtsanwalt Andreas Sontopski
Zahl der Verfahren: 37
Name: Freiherr v. Diepenbroick, Hagen
Kanzlei: Münzel & Böhm
Zahl der Verfahren: 38
Name: Spiekermann, Olaf
Kanzlei: Brinkmann & Partner
Zahl der Verfahren: 39
Name: Schulte-Kaubrügger, Christoph
Kanzlei: White & Case Insolvenz GbR
Zahl der Verfahren: 41
Name: Hammes, Dirk
Kanzlei: hammes. Rechtsanwälte – Insolvenzverwalter
Zahl der Verfahren: 42
Andere Kanzleivorsteher loten Zusammenschlüsse mit Konkurrenten aus oder setzen stärker auf das Beratungsgeschäft. Frank Kebekus, Sprecher des Gravenbrucher Kreises, der wichtigsten Vereinigung von überregional tätigen Verwaltern, sieht den Markt vor einer regelrechten „Konsolidierungswelle“.
Den Auftakt machte im Januar das Frankfurter Verwalterurgestein Ottmar Hermann, der einst etwa den Baukonzern Holzmann und die Kaufhauskette Woolworth betreute. Seine Kanzlei fusionierte mit der Berliner Wirtschaftssozietät hww.
In dem neuen Verbund arbeiten nun rund 400 Mitarbeiter in 24 deutschen Städten. Im Verwalter-Ranking würden Hermann und hww zusammen auf Platz vier rangieren. Hww-Partner Rüdiger Wienberg geht davon aus, dass der Fusion weitere folgen. Am Ende der Entwicklung könnten „fünf oder sechs große Player“ das Geschäft dominieren und die wichtigen Verfahren bearbeiten, erwartet Wienberg.
Für den großen Rest könnte es im Verwalter-Slang dann schnell heißen: Fortführungsprognose negativ.
Auf den nachfolgenden Seiten finden Sie die Übersicht der besten Insolvenzkanzleien und -verwalter in Tabellen: