Neuer Lufthansa-Chef Ende der Warteschleife für Carsten Spohr

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"Bester Läufer erst zum Schluss"

Bevor der Passagechef als charismatischer Stratege für gute Laune sorgen könne, braucht die Linie erst noch einen harten Hund, der zwei, drei Jahre lang die von Franz begonnene Sanierung beendet – oder zumindest deutlich weiter treibt. Denn wer beenden soll, was Franz begonnen hat, darf vor allem keine Angst haben, sich unbeliebt zu machen. Und das muss jeder, der jetzt Lufthansa-Chef wird. Etwa beim Sanierungsprogramm Score, das den Gewinn bis 2015 um mindestens 1,5 Milliarden Euro steigern soll.

Zwar versuchte Franz, die Kritik an seinem Abgang damit zu entkräften, dass der Umbau praktisch bereits geschafft sei, wenn er Ende Mai 2014 gehe. "Doch er sollte wirklich wissen, dass das Sparziel trotz aller Erfolge noch weit weg ist", schimpft ein Manager des Konzerns. "Bei jedem Sparprogramm kommen die härtesten Zeiten doch erst am Schluss."
Darum forderten einige der Kapitalvertreter im Aufsichtsrat, die Mühen der Ebene einem Interimsmanager zu überlassen und Spohr vor der Landeerlaubnis auf den Chefsessel noch eine Warteschleife drehen zu lassen. "Eine Sanierung ist wie eine Staffel", sagt Berater Adam. "Da geht der beste Läufer in der Regel als letzter an den Start."

Dass sich der Aufsichtsrat nun gegen einen Übergangssanierer entschieden hat, kann nur bedeuten: „Es gab wohl für das das Gremium noch keinen geeigneten Kandidaten, der die Rolle „Buhmann auf Zeit“ haben wollte“, glaubt eine LH-Führungskraft.

Wenn Spohr nun am ersten Mai 2014 Konzernchef wird, erwartet ihn kein leichter Job. Und das liegt nicht nur daran, dass die von Franz anvisierte Ergebnisverbesserung erst zu einem Bruchteil geschafft ist. Angesichts eines jüngst von Finanzchefin Menne bestätigten operativen Gewinns von bestenfalls einer Milliarde Euro ist das Ziel des Score-Programms von 2,3 Milliarden Euro operativer Gewinn noch ein großes Stück entfernt.

Dazu kommen interne Fallstricke, die Franz durch seine Personalpolitik hinterlassen hat. Der scheidende Chef fand zur echt, dass die Lufthansa-Führung mit ihren vielen Ingenieuren und Managern aus den eigenen Reihen mit wenig Auslandserfahrung neben den Fluglinien vom Golf oder Billigairlines etwas ideenlos wirkte. Er heuerte darum bevorzugt Seiteneinsteiger und Branchenfremde an. Diese Querdenker eckten wie erwünscht an der alten Garde an.

Verlieren die Neulinge nun ihren Mentor, könnte Top-Leuten wie Personalchefin Bettina Volkens oder IT-Leiter Christoph Kollatz nun bei ihrer Renovierungsarbeit die Rückendeckung von ganz oben fehlen. Darum drohen Grabenkämpfe mit Managern, die diese vermeintliche Schwäche nutzen wollen, nicht zuletzt indem sie die Kompetenz der Seiteneinsteiger anzweifeln. Franz' direkter Nachfolger müsste sich auf die Seite der Fremden schlagen und damit wahrscheinlich seinen eigenen Rückhalt im Unternehmen gefährden.

Das alles ist dem Aufsichtsrat bewusst. „Aber Spohr hat alle in den vergangenen Jahren immer positiv überrascht“, heißt es in Aufsichtsratskreisen. „Warum sollte ihm das jetzt nicht wieder gelingen.“

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