„Wir können mit den Internet-Preisen nicht mithalten“ heißt es. Manchmal auch: „Die Leute denken, das Internet sei billiger, aber das stimmt doch gar nicht“. Keine Frage: wer zu teuer ist oder als zu teuer eingeschätzt wird, der hat ein Problem.
Wer wegen Preisdruck an den Kosten schraubt, denkt zuerst an Einkaufspreise, dann an die Höhe der Löhne. Aber wie steht es um die Effizienz der Prozess-Organisation? Da muss der Schuhverkäufer die richtige Größe immer erst aus einem weit entfernten Lagerplatz holen. Im Modehandel muss der Kunde jedes einzelne T-Shirt eines Stapels anfassen, um dessen Konfektionsgröße zu sehen. Das erzeugt großen Aufwand, die T-Shirts wieder „in Ordnung“ zu bringen. Viel Verschwendung.
Aber meistens sind die Durchschnittspreise gar nicht so schlecht. Nur wird der Kunde trotzdem mit höheren Preisen konfrontiert, weil Händler sich für eine Mischkalkulation entscheiden: den Normalpreisen stehen günstige Sonderangebote und sich wiederholende Werbeaktionen mit hohen Rabatten gegenüber. Dabei wird vergessen, dass ich Im Internet gar nicht auf ein Sonderangebot oder eine Werbeaktion warten muss. Ich google einfach, wo ich ein Produkt am günstigsten bekommen kann.
Dann steht das Ergebnis fest: Zum Normalpreis kann ich bei keinem Händler kaufen, der ist immer zu hoch. Und weil ich nicht auf die nächste Aktion warten will, kaufe ich halt online. Es kommt eben nicht nur auf Sonderangebote und Rabatte an, sondern verstärkt auf den „normalen“ Preis. Auch der muss stimmen.
Händler müssen vor allem proaktiv auf die Internet-Preise eingehen. Früher, auf dem Markt, machte sich jeder Händler die Mühe, seine Kunden von seinen guten Preisen zu überzeugen. Heute bewerben Händler ihre Angebote, darüber hinaus wird jedoch nichts über die Preiswürdigkeit des Sortiments gesagt.
Die wichtigsten Käufe von Amazon
Auf den ersten Blick gibt es keinen Zusammenhang zwischen einer Shoppingplattform aus Dubai und dem Hersteller von Robotern. Doch alle gehören zu Amazons Reich, das wegen der verschiedenen Art seiner Unternehmungen kaum zu greifen ist. Die wichtigsten Beispiele für Verkäufe in der Vergangenheit.
Preis: 0,15 Milliarden Dollar
Branche: Buchbesprechungen
Jahr: 2013
Quelle: eigene Recherche
Preis: 0,25 Milliarden Dollar
Branche: Suche, künstliche Intelligenz
Jahr: 1999
Preis: 0,30 Milliarden Dollar
Branche: Hörbücher
Jahr: 2008
Preis: 0,37 Milliarden Dollar
Branche: Halbleiter, Chipdesign
Jahr: 2015
Preis: 0,50 Milliarden Dollar
Branche: Cloud Computing
Jahr: 2015
Preis: 0,55 Milliarden Dollar
Branche: Windeln, Seife
Jahr: 2010
Preis: 0,65 Milliarden Dollar
Branche: Das Amazon des Mittleren Ostens
Jahr: 2017
Preis: 0,78 Milliarden Dollar
Branche: Robotik
Jahr: 2012
Preis: 0,97 Milliarden Dollar
Branche: Onlinevideospiele
Jahr: 2014
Preis: 1,20 Milliarden Dollar
Branche: Schuhe
Jahr: 2009
Preis: 13,70 Milliarden Dollar
Branche: Lebensmittel
Jahr: 2017
Es gibt nur zwei Optionen: Entweder ist der Händler tatsächlich teurer als der Online-Wettbewerb, dann muss er dies durch gute Leistung begründen können. Oder er ist gar nicht teurer. Dann muss er das den Kunden sagen. In beiden Fällen sollte man Preisunterschiede offensiv thematisieren. Man kann doch nicht so tun, als gäbe es den Internet-Wettbewerb nicht. Sondern man muss davon ausgehen, dass alle Kunden die Internet-Preise prüfen, bevor sie kaufen. Dies sollten Händler aktiv begleiten und ihren Mitarbeitern Argumente an die Hand geben, um die Kunden zu überzeugen.
Nötig sind also verschwendungsarme Prozesse, eine zukunftsorientierte Preis-Strategie und eine aktive Kommunikation der Preiswürdigkeit, die über das wöchentliche Sonderangebot oder den regelmäßigen „Sale“ hinausgeht.