WirtschaftsWoche: Herr Stromberg, angenommen, die Fußballnationalmannschaft gewinnt das Finale der diesjährigen Fußball-Weltmeisterschaft. Was gibt es zur Feier zum Essen?
Holger Stromberg: Ich bin mir nicht sicher, was es gibt. Ich bezweifle aber, dass in so einem Moment noch jemand an Essen denkt. Es gibt aber eine Art Ritual: Nach wichtigen Siegen, also wenn man so einen Titel gewinnt, wird es mit Sicherheit auch Schnitzel oder Pizza geben. Was ganz Profanes. Als Dank und Lohn für so einen gewonnenen Titel – nach all dem Verzicht in der Vorbereitung.
Ich kann mich bei Erfolgen also mit ungesundem Essen belohnen?
Ein Hamburger, eine Currywurst, ein Schnitzel sind nicht pauschal ungesund. Es kommt nur auf die Zutaten an. Wenn Sie gutes Fleisch nehmen, frische Semmelbrösel und ein gutes Fett zum Ausbacken, vielleicht Rapsöl, dann ist das genauso gesund wie jedes andere Steak auch. Andersherum gilt sogar: Möchte ich einen Lachs, weil er voller sehr gesunder Omega-3-Fettsäuren ist, kaufe dann aber eine Zuchtvariante, dann ist es nur noch ein Zehntel davon. Wenn ich den minderwertigen Lachs dann mit minderwertigem Olivenöl übergieße – totes Fett, das mit Duftstoffen aufgepäppelt wurde – ist es genauso ungesund wie eine schlechte Currywurst.
Zu fett sollte es aber dennoch nicht sein, oder?
Wenn es gehärtete, gesättigte Fette sind, ist das ein Problem. Achten Sie also lieber auf die Qualität der Fette statt auf die Menge. Und, dass die Kohlehydrate in Ihrer Ernährung aus Vollkorn, Reis oder Nudeln stammen. 50 bis 60 Prozent Kohlehydrate, 30 Prozent Eiweiß und der Rest Fette.
Klingt nachvollziehbar – auch für den DFB?
Ein Oliver Bierhoff hört mir da sehr genau zu, auch ein Jogi Löw nimmt das sehr genau wahr. Viele andere denken noch nicht so weit mit. Aber das ist mein Auftrag. Es geht um viel mehr als nur um den Geschmack. Ich koche ja nicht nur einfach die Nudeln. Ich durchleuchte alles, analysiere und ändere das.
Was zum Beispiel?
Ich tausche einfachen Industriezucker gegen Vollrohrzucker, Honig, Ahornsirup oder Agavensaft aus. Vollrohrzucker wirkt durch einen hohen Anteil an Calcium, Magnesium und Kalium basisch, der handelsübliche weiße Zucker säurebildend. Eine ganz einfache Handlung mit nachhaltigem Effekt.
Was stand noch auf dem Index?
Die Schalen von Tomaten. Als ich in der Nationalmannschaft anfing, war es eherne Regel, dass Tomaten unbedingt abgezogen werden müssen. Weil sie angeblich unverdaulich seien.
Aber das ist bei Nachtschattengewächsen wie Tomaten nun mal so.
Dann lasse ich die lieber gleich weg, denn ohne Schale schmecken sie nun mal nicht. Das ist ebenfalls ein Gourmetunfug, der sich seit den Siebzigerjahren in Restaurants wacker hält: Tomaten überbrühen und abziehen. Bei Paprika sehe ich das noch ein, die Haut hängt zwischen den Zähnen. Aber Tomaten werden nun mal in Scheiben geschnitten. Diese Überlieferung habe ich gestrichen, und es hat niemanden gestört.