A320neo ist überraschend effizient Airbus zwingt Boeing in die Offensive

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Boeing wird sich anstrengen müssen


Darum rieben sich führende Manager bei Boeing zunächst die Hände. Ihre 737Max genannte Konkurrenz zur A320neo-Familie hat Leap-Motoren von General Electric (GE) verbaut. Diese verzichten auf das Getriebe und setzen auf neue Materialien. Die Leap-Turbinen können den Sprit heißer und damit effizienter verbrennen. „Das macht die Motoren im Betrieb deutlich zuverlässiger, aber genauso sparsam“, verspricht David Joyce, Chef der GE-Triebwerkssparte.

Doch die Verbrauchswerte der Lufthansa zeigen: Boeing wird sich anstrengen müssen. Airbus hat neben den neuen Motoren durch mehr Windschlüpfrigkeit des Rumpfs und der Flügel den Verbrauch um drei bis vier Prozent gedrückt. Dagegen ändert Boeing bei seinem Modell im Wesentlichen nur die Turbinen und die gespaltenen Flügelspitzen.

Weil Boeing den Flieger nicht mehr groß umkonstruieren kann, blieb den Amerikanern nur die Flucht nach vorne. Um zu beweisen, dass Max es mit Neo aufnehmen kann, zogen sie zunächst die Auslieferung des ersten Fliegers vor. In der vergangenen Woche verkündete Boeing, der Erstkunde Southwest Airlines aus den USA werde die Flieger im Juni 2017 bekommen. Das wäre fast ein halbes Jahr früher als geplant.

Kommt der Mini-Dreamliner?

Doch die Resonanz der Kunden war offenbar geringer, als Boeing erwartet hatte. Dafür sorgt neben den Verbrauchswerten des Airbus auch der starke Dollar. Weil der gegenüber dem Euro um stellenweise 20 Prozent an Wert gewann, kann Airbus seine Jets im Vergleich zu Boeing deutlich günstiger anbieten. Die Rabatte verfangen. Angesichts der stark gesunkenen Spritpreise haben die Airlines davon schneller einen Nutzen als vom niedrigeren Verbrauch.

Also durfte Chefverkäufer John Wojick zuletzt durchblicken lassen, er rede bereits seit gut einem Jahr mit rund 30 Airlines über ein neues Modell mit mehr Plätzen und einer höheren Reichweite. Dabei komme, so der Manager, neben einer kompletten Neuentwicklung eine Grundrenovierung des gestreckten Max-Modells 737-9 oder der älteren, noch längeren 757 in Frage.

Insider rechnen eher mit Letzterem. „Sicher sind neue Triebwerke und eine neue Elektronik, wahrscheinlich sind neue windschnittigere Flügel und möglich ein mehr oder weniger umfangreicher Umbau des Rumpfs“, sagt ein Konzernkenner.

Unwahrscheinlich sind dagegen zwei andere Varianten: eine verkürzte Version des Dreamliner und ein komplett neu entwickeltes Modell. Ein Mini-Dreamliner hätte aufgrund des Gewichts zu hohe Kosten auf kürzeren Strecken. Ein Neubau wäre angesichts der Kosten von mehr als 15 Milliarden Dollar zu teuer, besonders nach dem Debakel mit dem Dreamliner. Dort zahlt Boeing laut Kennern wie dem US-Experten Richard Aboulafia von der Denkfabrik Teal Group noch immer drauf.

Aber am Ende könnte Boeing auch gar nichts machen. „Schon zwei Mal wollte Boeing die 757 erneuern und hat dann einen Rückzieher gemacht“, sagt Aengus Kelly, Chef des weltgrößten reinen Flugzeugleasing-Anbieters AerCap Holdings. Der Ire hat sich gleich abgesichert. Er besitzt zwar mehr 757 als jeder andere. Doch er hat auch reichlich Optionen auf das Langstrecken-Modell A321LR von Airbus vereinbart.

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