Dubiose Berater, unnütze Investitionen, Bordellbesuche Der Niedergang des Mittelständlers Schumag

Jahrelang wurde das Traditionsunternehmen Schumag im besten Fall schlecht geführt, im schlimmsten Fall von den Unternehmenslenkern ausgeplündert. Heute fehlen dem Mittelständler Millionen.

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Schumag-Chef Ohlinger muss sich mit Bordellrechnungen seines Vorgängers herumschlagen Quelle: imago/ Rene Schulz

Mit Johannes Ohlinger ist bei dem Aachener Maschinenbauer Schumag die Tugend der Sparsamkeit eingezogen. Der 60-jährige Alleinvorstand schaltet in den leeren Büros des Verwaltungsgebäudes abends das Licht aus. Als Dienstwagen fährt er einen Hyundai. Jeder soll sehen, dass es mit der Verschwendungssucht bei der Schumag AG vorbei ist.

Die Zeichen, die Ohlinger zu setzen versucht, sind überfällig. Denn das 1830 gegründete Traditionsunternehmen, das mit Präzisionsteilen made in Germany wirbt, ist in Nöten. Der Mittelständler mit 49 Millionen Euro Umsatz und rund 660 Beschäftigten schreibt seit fünf Jahren Verlust. Vor einem Jahr teilte Ohlinger den Aktionären mit, dass die Hälfte des Grundkapitals verbraucht ist.

Viele Millionen Euro versenkt

Der Niedergang resultiert nicht nur aus dem scharfen Wettbewerb, der bei Antriebswellen, Stiften und Ventilen für die Autoindustrie tobt. Und auch der Umsatzeinbruch in der Finanzkrise 2009 sowie der überbordende Verwaltungsapparat nach dem Verkauf einer wichtigen Sparte erklären die miese Lage nur unzureichend.

Der Kern des Übels bei Schumag liegt darin, dass das Unternehmen im besten Fall schlecht geführt, im schlimmsten Fall von Aktionären, Aufsichtsräten und Vorständen für eigene Interessen missbraucht und geplündert wurde. Das zeigen interne Schumag-Unterlagen, die der WirtschaftsWoche vorliegen. Danach fehlen dem Unternehmen heute Millionen, die für dubiose Berater, für unnütze Investitionen und für private Zwecke bis hin zum Bordellbesuch draufgingen.

Aktionärsstruktur der Schumag AG (in Prozent vom Grundkapital) ; *Anteil wird indirekt gehalten Quelle: Unternehmen

Details über einige der Schandtaten dürften ans Licht der Öffentlichkeit gelangen, wenn es zum Prozess kommt. Gerade erst hat Schumag-Chef Ohlinger, seit zwei Jahren an der Spitze, bei einigen Verantwortlichen über vier Millionen Euro eingeklagt. Im Zentrum der Vorwürfe stehen der frühere Vorstandschef Nicolaus Heinen, der bis Mitte 2010 bei Schumag das Sagen hatte, sowie Großaktionär Peter Koschel, der auch Mitglied des Aufsichtsrats ist.

Ob die beiden zur Verantwortung gezogen werden können, wird nicht einfach festzustellen sein. Fest steht dagegen: In den vergangenen Jahren gab es viele merkwürdige Vorgänge, die den Eindruck erwecken, als sei Schumag mehr ein Selbstbedienungsladen denn ein gewinnorientiertes Unternehmen gewesen:

  • Allein zwischen 2008 und 2012 gab der damalige Schumag-Vorstand unter Ohlingers Vorgängern knapp neun Millionen Euro für externe Berater aus, deren Wert für das Unternehmen teilweise zweifelhaft waren. So erhielt ein Berater für seine Ratschläge im Bereich „Marketing, Vertrieb und Finanzierung“ 142 000 Euro. Welche Leistungen er erbrachte, ist nirgendwo festgehalten. Später tauchte dieser Berater als Geschäftsführer einer Firma auf, an der der damalige Schumag-Chef Heinen mittelbar beteiligt war. Ohlinger zweifelt an, dass der Berater für sein Geld etwas Sinnstiftendes geleistet hat. Heinen hält dagegen, der Berater habe Schumag „PR-mäßig stärker international ausrichten sollen“. Seine Arbeitsleistung sei mit „voller Zufriedenheit zur Kenntnis genommen“ worden.
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