Denn bisher sind die Standorte Kompetenzcenter: Die Hafenanlagen-Spezialisten etwa agieren von Hamburg aus, das Know-how für maschinellen Tunnelbau sitzt in Essen, der Kläranlagen- und Brückenbau in Berlin. Künftig sollen alle Niederlassungen alles machen. Die Spezialisten will Fernández „in einem technischen Kompetenzzentrum bündeln, auf das alle regionalen Einheiten jederzeit zugreifen können“.
„Kaum einer außer Fernández glaubt, dass das funktionieren wird“, sagt ein Top-Manager: „Wenn alle alles machen sollen, machen viele vieles falsch.“ Laufende Projekte und Auftragsakquise litten darunter, „und bald verlieren wir die Spezialisten-Teams – weil die Konkurrenz sie abwirbt“. Dass viele Hochtiefler die Flucht ergreifen, daraus macht selbst Kommunikationschef Bernd Pütter keinen Hehl. Die Kollegen sähen „nur, dass sich Abläufe und Begriffe ändern, das Komfortniveau sinkt oder Teams neu zusammengesetzt werden“, beschreibt er in der Mitarbeiterzeitschrift das negative Klima. „Möchte ich das Unternehmen wechseln?“, fragt Pütter rhetorisch und kriegt gerade noch die Kurve: „Nein. Ich arbeite gern bei Hochtief.“ Viele tun das nicht mehr. Die Belegschaft ist gespalten. Viele traten enttäuscht aus der IG Bau aus.
Und in der Führungsmannschaft richtete Fernández ein Blutbad an. Von den 60 Teilnehmern der 2012 in Kamp-Lintfort abgehaltenen Tagung der weltweit wichtigsten Führungskräfte sind 24 nicht mehr bei Hochtief. Von den 39 deutschen Teilnehmern sind 18 nicht mehr an Bord. Fernández schießt Manager ab, die sich nicht fügen. Wer etwa Kritik an den Verträgen zum Weiterbau der Hamburger Elbphilharmonie übte, weil ihm die Risiken für Hochtief zu hoch erschienen, musste gehen. So schasste Fernández den Solutions-Vorstandschef Bernd Romanski Anfang des Jahres, einen Monat nachdem er ihn befördert hatte.
Wer Hochtief bereits verlassen hat
Nach Informationen der WirtschaftsWoche hat Vorstandschef Marcelino Fernández den Geschäftsführer der Hochtief-Solutions-Sparte Energie und Infrastruktur, Stephan Hebgen, von seinen Aufgaben freigestellt. Ende Oktober 2013 verabschiedete sich Hebgen, der zudem Mitglied im Solutions-Aufsichtsrat war und dort die Leitenden Angestellten vertrat, in einer E-Mail von den Mitarbeitern.
Die spanische Mutter ACS setzt Hochtief-Chef Frank Stieler Ende November 2011 vor die Tür. Er hatte sein Amt erst im Mai 2011 angetreten. Insider vermuten, Stieler haben den Spaniern die Probleme der Tochter nicht schnell genug gelöst und Verkaufspläne nicht entschieden genug vorangetrieben.
Schränkler, 48, leitet als Vorstandsvorsitzender die Sparte Concessions und war Chef der Flughafensparte. Die Sparte hat Chef Stieler zum Teil schon auf andere Manager übertragen, die Flughafensparte steht zum Verkauf. Schränkler muss sich "neuen beruflichen Herausforderungen stellen". Seine Aufgaben übernehmen die beiden verbliebenen Geschäftsführer Holger Linkweiler und Gerhard Schroeder.
Im September 2011 wird Personalchef Gerhard Peters entmachtet. Brisant ist die Entmachtung, weil Peters im Hochtief-Aufsichtsrat sitzt und dort zu den Gegnern der Übernahme durch den spanischen Baukonzern ACS zählte.
Auch Bernward Kulle, Vorstand der Tochter Concessions und Spezialist fürs Geschäft mit Öffentlich-Privaten Partnerschaften (ÖPP), reichte kurz nach der Übernahme die Kündigung ein.
Rocksien, 49, Cheflobbyist in Berlin und Leiter der Abteilung Politik und Verbände der Hochtief AG, verkündete Mitte Dezember 2011 seinen Abschied. Rocksien hatte seit September 2010 vergebens versucht, Bundesregierung und Abgeordnete zu einer schnellen Änderung des Wertpapierübernahmegesetzes zu bewegen, um die feindliche Übernahme von Hochtief durch ACS zu verhindern.
Rohr verlässt den Konzern Ende Dezember 2011. Er war 15 Jahre im Konzern und leitete das Amerika-Geschäft und die Flughafensparte. Rohr war der letzte Konzernvorstands der Lütkestratkötter-Ära und zu diesem Zeitpunkt der achte Top-Abgang seit Stielers Amtsantritt.
Die Leiterin der Konzernkommunikation, Jutta Hobbiebrunken, verlässt ebenfalls nach der verlorenen Übernahmeschlacht Mitte Mai 2011 das Unternehmen. Hobbiebrunken galt als enge Vertraute des früheren Vorstandschefs Herbert Lütkestratkötter. Sie war seit 1994 bei Hochtief und baute die Konzernkommunikation im In- und Ausland auf.
Vorstandsmitglied Peter Noé wollte nach dem Einstieg der Spanier nicht länger für Hochtief tätig sein, er verabschiedete sich kurz nach der feindlichen Übernahme im Mai 2011.
Finanzvorstand Burkhard Lohr tritt kurz nach der Übernahme durch ACS ab. Lohr mochte sich nicht mit dem neuen Mehrheitseigner abfinden. Er wird durch vom ehemaligen Ferrostaal-Manager Peter Sassenfeld ersetzt.
Ende Oktober 2011 wirft der Vorstandschef der Bausparte Hochtief Solutions, Henner Mahlstedt, den Bettel hin.
Der Finanzvorstand der Sparte Solutions, Heiner Helbig, 54, wirft im Herbst 2011 das Handtuch, gemeinsam mit seinem Kollegen Henner Mahlstedt.
Jüngstes Opfer ist der angesehene Geschäftsführer der Solutions-Sparte Energie und Infrastruktur, Stephan Hebgen. Der verabschiedete sich Ende Oktober per Mail von den Mitarbeitern, nachdem er „im guten Einvernehmen“ freigestellt wurde.
Bei der Zech-Group in Bremen arbeiten inzwischen die früheren Hochtief-Manager Heiner Helbig, Rainer Eichholz und Klaus Brix, denen ehemalige Mitarbeiter folgen könnten. „Wir bekommen verstärkt Bewerbungen von Hochtieflern“, bestätigt die Zech-Group, die etwa das Großprojekt Kö-Bogen in Düsseldorf stemmte. Früher wäre ein Wechsel von Hochtief dorthin ein Statusverlust gewesen. Heute gelten Zech, Züblin oder Max Bögl als Adressen mit solideren Perspektiven und besserer Kultur. Einen „Schein-Vorstand“ nennt etwa ein Hochtief-Kenner das oberste Solutions-Gremium, in dem auch Fernández selbst sitzt: „Alles ist zugeschnitten auf ihn. Man braucht Fernández für jede Entscheidung – aber irgendwann erreichen Sie den Mann nicht mehr. Das lähmt den Laden.“