Tönnies-Konzern Der spektakuläre Kampf um die neue Hackordnung

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Warum verlangt Robert Tönnies nun die fünf Prozent zurück?

Wegen angeblichen „groben Undanks“ – ein schweres Geschütz. Neffe Robert argumentiert, der Onkel habe in aller Stille und ohne das Wissen der Neffen eine Art „Schattenreich“ neben dem Tönnies-Konzern aufgebaut. Erst nachdem sie dem Onkel zehn Prozent der Anteile geschenkt hatten, sei herausgekommen, dass dieser privat bei dem norddeutschen Wurstproduzenten Zur Mühlen („Böklunder“-Würstchen) eingestiegen war. Außerdem habe Clemens im großen Stil in Russland investiert und dort Schweinefarmen gestartet. Angeblich laufen Planungen zum Bau eines Schlachthofes. Mit alldem, so jetzt der Vorwurf, habe er dem gemeinsamen Konzern Konkurrenz gemacht all das mit Wissen des Testamentsvollstreckers, der sich auf Clemens‘ Seite geschlagen habe.

Im Streit um die Macht bei Deutschlands größtem Schlachtkonzern hat jetzt der Neffe von Großschlachter Clemens Tönnies vor Gericht einen Punktsieg gegen seinen Onkel erzielt.
von Peter Steinkirchner


Was hält Clemens Tönnies dem entgegen?

Zur Frage der Schenkung wird Clemens Tönnies wohl damit argumentieren, dass er sich mit seinem Bruder Bernd bereits Jahre vor dessen Tod geeinigt habe, ihn bei den Anteilen gleich zu stellen. Als einen Beleg will die Clemens-Seite nach Informationen der WirtschaftsWoche wohl eine Aktennotiz eines Notars aus dem Januar 1989 präsentieren. Außerdem sollen zwei Zeugen bestätigen, dass Bernd auch in der Folgezeit diese Absicht weiter verfolgt, aber nur nicht mehr umgesetzt habe. Zur Frage der Beteiligungen heißt es, die Neffen als Gesellschafter hätten darüber informiert sein können. Außerdem habe Clemens das Russland-Geschäft und die Zur-Mühlen-Übernahme bewusst nicht in den Konzern eingebracht, weil es sich in beiden Fällen um riskante Investments gehandelt habe.


Welche Kanzleien treffen bei diesem spektakulären Prozess aufeinander?

Robert Tönnies wird von dem Rechtsanwalt Mark Binz von der Stuttgarter Kanzlei Binz & Partner vertreten. Binz hat Erfahrung in so genannten Onkel-Fällen. Er stritt schon bei ähnlichen Verwandtschaftskonstellationen bei Haribo oder beim Electronik-Fachhändler EP. Clemens Tönnies hat erst vor wenigen Wochen seine Anwälte ausgetauscht. Noch im Prozess um das Doppelstimmrecht im Mai ieß sich der Schalke-Boss von Michael Hoffmann-Becking und Matthias Blaum von der Düsseldorfer Kanzlei Hengeler-Müller vertreten. Jetzt vertraut Clemens auf die Dienste der Frankfurter Kanzlei Noerr mit dem Münchner Noerr-Partner Tobias Bürgers.

Wie geht der Prozess aus?

Das wüssten vor allem die Beteiligten gern. Darf Clemens Tönnies die geschenkten Anteile behalten, bleibt es beim Patt. Dann besteht der Druck, sich zu einigen oder einer von beiden zieht sich zurück und verkauft womöglich seinen Anteil, um das Unternehmen nicht zu lähmen. Obsiegt der Neffe, hat er die Macht im Metzger-Konzern. Wie Clemens Tönnies in dem Falle verfahren wird, ist reine Spekulation. Kommt es nicht doch noch zu einer Einigung, könnte sich die endgültige Klärung der Machtverhältnisse über Jahre hin ziehen. Gegen das Urteil im Verfahren um das Doppelstimmrecht haben Clemens‘ Anwälte Berufung beim Oberlandesgericht Hamm eingelegt.

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