Insolvenzverfahren Die Lehman-Leichenfledderer

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Anders als das US-Verfahren ist das deutsche Verfahren nicht öffentlich, so dass weniger Fakten bekannt sind. Klar ist jedoch, dass mehr als 500 Gläubiger noch Teil des Insolvenzverfahrens in Deutschland sind. Derzeit sind in der Verteilung Gesamtforderungen von über elf Milliarden Euro berücksichtigt. Im vergangenen Jahr haben diese Gläubiger in einer ersten Abschlagszahlung 17 Prozent ihrer Forderungen erhalten. Frege plant eine weitere Abschlagszahlung. Die Schlussabrechnung wird es frühestens in einigen Jahren geben.

Frege setzte auf Kooperation, vor allem mit dem wichtigsten Bestandteil des einst stolzen Lehman-Imperiums - dem US-Rest. Denn rund ein Drittel des Vermögens der deutschen Gesellschaft lag in den USA. „Ein Streit könnte bei diesem komplexen Verfahren voraussichtlich bis zu 50 Jahre dauern.“

„Unfälle können immer passieren“

Wäre die Welt heute, drei Jahre nach der historischen Pleite, besser vorbereitet? In Deutschland etwa gilt mittlerweile ein neues Insolvenzrecht und das Gesetz zur Bankenrestrukturierung, mit denen die Abwicklung einer Bank erleichtert oder gar umgangen werden soll, indem vorher saniert wird. „Diese Regeln werden helfen, solche Krisen künftig besser zu lösen“, sagt Frege, aber er betont: „Unfälle können immer passieren.“

Wer sich dieser Tage mit Frankfurter Bankern unterhält, der hört vor allem eine Überzeugung: Eine Großbank könnte derzeit in Europa niemand insolvent gehen lassen, weil die Ansteckungsgefahr zu groß sei, die Folgen zu komplex. Eigentlich also wie damals, vor der Lehman-Pleite, als ein solcher Schritt als undenkbar galt.

Alle Verträge im Original sind nicht verfügbar

Lehman zeigt, wie kompliziert die Folgen des Undenkbaren sind. Allein bei Freges Kanzlei arbeiten mehr als 100 hochspezialisierte Anwälte an der Lehman-Insolvenz. Weltweit kommen rund 100 weitere Experten wie Wirtschaftsprüfer und Fachanwälte dazu. 25 ehemalige Banker von Lehman Deutschland sind beteiligt an der Abwicklung ihres ehemaligen Arbeitgebers. Sie waren zentral für die ersten Schritte der Abwicklung, die Spurensuche.

„Mit der Lehman-Insolvenz war das Datensystem nahezu zusammengebrochen“, sagt Frege. Externe Dienstleister hatten diese Aufgabe übernommen - und sie eingestellt, als klar war, dass der Auftraggeber pleite ist. Allein für die deutsche Lehman-Tochter mussten die Insolvenzverwalter mehrere Zehntausend Derivate und andere Wertpapier- und Finanzstrukturen in ihren Verträgen nachvollziehen, viele Darlehensverträge im Original seien bis heute nicht verfügbar.

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