Insolvenzverfahren Die Lehman-Leichenfledderer

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Diese Phase ist vorbei, jetzt geht es um die genaue Akten- und Vertragsarbeit. „Im Marathon sind wir jetzt etwa bei Kilometer 27“, sagt Frege. „Gut die Hälfte haben wir vielleicht geschafft.“ Die Abwicklung der kleinen Privatbank Herstatt hat in Deutschland mehr als 30 Jahre gedauert. Frege will durch einen Insolvenzplan, einen seit 1999 möglichen großen Vergleich, schneller zu einer Lösung kommen. Doch allein der Prozess mit der britischen Lehman-Schwester um Kundengelder könnte noch mindestens fünf Jahre dauern.

Auch in den USA werden Anwälte und Berater über den 6. Dezember hinaus an der Abwicklung von Lehman verdienen. Denn weiter laufen Gerichtsverfahren der Insolvenzanwälte gegen andere Banken und Geschäftspartner, die Vermögenswerte herausrücken sollen, auf die „Rest-Lehman“ Ansprüche erhebt. Gemessen am Anteil an den Abwicklungskosten ist die Restrukturierungsberatung Alvarez & Marsal, deren Mitgründer Bryan Marsal die Reste von Lehman Brothers heute leitet, der größte Profiteur des Zusammenbruchs. Über 420 Millionen Dollar an Managementgebühren kassierte die Firma bislang. 326 Millionen entfallen auf die Sozietät Weil, Gotshal & Manges.

Rückzahlung zieht sich hin

Die Rückzahlung der Gelder an die Gläubiger wird sich auch hinziehen, weil die 65 Milliarden Dollar in den USA zum Teil in Wertpapieren mit langer Laufzeit angelegt sind. Verwaltet werden sie von der eigens dafür gegründeten Vermögensverwaltung Lamco. Das Lamco-Management hatte sogar gehofft, ein neues Geschäft auf der Asche von Lehman zu errichten. Die Idee: Weil sie noch über Jahre die Vermögensreste von Lehman verwalten müssen, könnten sie mit ihrer Expertise auch Portfolios für Dritte verwalten.

Doch die Lehman-Gläubiger lehnten dies ab. „Aus ihrer Sicht war die Gefahr zu groß, dass das Lamco-Management den Fokus verliert“, sagt der amtierende Lehman-Chef Marsal. Hinter vorgehaltener Hand heißt es, die Gläubiger - meist Banken und Vermögensverwalter - wollten nicht auch noch die Entstehung eines neuen Konkurrenten fördern.

Second Market und Illiquids

Die Lehman-Insolvenz hat aber auch einer neuen Sparte der Finanzbranche zum Durchbruch verholfen: den Handelsplattformen für Ansprüche auf Zuteilungen aus Insolvenzfällen, Second Market in New York und Illiquidx in London. Sie bieten Gläubigern von insolventen Firmen an, ihre Ansprüche wie auf einer Börse meistbietend zu verkaufen. Vor der Lehman-Pleite war der Handel mit solchen Ansprüchen auch in den USA praktisch unbekannt. Drei Jahre später wechselten allein im August Ansprüche auf Auszahlung aus dem Lehman-Vermögen im Gegenwert von 3,55 Milliarden Dollar bei Second Market den Besitzer.

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