Deutsche Telekom Die Umbaupläne des neuen Konzernchefs

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Abschied von der Vision des Global Players

Fakten zur Drosselung
Für wen gelten die Obergrenzen?Zunächst einmal geht es nur um Neukunden, die einen Vertrag vom 2. Mai 2013 an abschließen. "Bestehende Verträge sind von den Änderungen nicht betroffen“, versprach die Telekom in ihrer Mitteilung am Montag. Greifen soll die Tempo-Bremse zudem "nicht vor 2016“. Quelle: dpa
Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit, dass ein gewöhnlicher Haushalt die Obergrenze in seinem Tarif überschreitet?Das lässt sich heute mit Blick auf das Jahr 2016 schwer sagen. Der Telekom zufolge kommt ein Kunde heute im Schnitt auf 15 bis 20 Gigabyte im Monat. Das passt zwar mehrfach in die niedrigste angekündigte Daten-Obergrenze von 75 Gigabyte für Anschlüsse mit einer Geschwindigkeit von bis zu 16 MBit pro Sekunde. Allerdings nimmt der Videokonsum aus dem Netz rasant zu. Neue TV-Geräte sind internettauglich, Sender bauen ihre Mediatheken aus, immer mehr Dienste bieten Streaming von Filmen und Serien an. Bis 2016 kann der Datenhunger der deutschen Haushalte also noch stark wachsen. Quelle: AP
Wie weit kommt man denn so mit 75 Gigabyte?Laut Telekom reicht das neben dem Surfen im Netz und dem Bearbeiten von Mails zum Beispiel für zehn Filme in herkömmlicher Auflösung sowie drei HD-Filme, 60 Stunden Internetradio, 400 Fotos und 16 Stunden Online-Gaming. Wenn solche Online-Dienste insbesondere in einem Haushalt mit mehreren Personen fest zum Alltag gehören, häuft sich locker eine höhere Nutzung an. Allerdings: Der hauseigene Telekom-Videodienst Entertain zehrt nicht an dem Daten-Kontingent. Quelle: REUTERS
Und was ist mit den anderen Anbietern?Nach aktuellem Stand würden die Nutzung von Entertain-Konkurrenten wie Apples iTunes-Plattform, Amazons Streaming-Dienst Lovefilm oder des ähnlichen Angebots Watchever sowie von YouTube das Inklusiv-Volumen verbrauchen. Bis 2016 könnten die Anbieter aber noch Partnerschaften mit der Telekom abschließen, die ihnen für gesonderte Bezahlung einen "Managed Service“ garantiert. Dienste solcher Partner tasten das Daten-Kontingent ebenfalls nicht an. Oder die Anbieter könnten sich zum Kampf gegen die Regelung entschließen. Quelle: dpa
Was passiert, wenn man das Inklusiv-Datenvolumen überschritten hat?Entweder man begnügt sich mit der Vor-DSL-Geschwindigkeit von 387 Kilobit pro Sekunde, mit der man vielleicht E-Mails checken und mit viel Geduld auch im Internet surfen kann. Oder man bucht mehr Datenvolumen hinzu. Die Tarife dafür wurden von der Telekom noch nicht genannt. UPDATE: Die neue Grenze liegt bei 2 MG/s (Stand: 12. Juni 2013). Quelle: dpa
Machen andere Internet-Provider bei der Drosselung mit?Vodafone will nicht mitziehen: „Wir haben keine Pläne, die DSL-Geschwindigkeit unserer Kunden zu drosseln.“ Auch Unitymedia Kabel Baden-Württemberg erteilte einer Drosselung eine Absage: Bereits heute könnten Datenübertragungsraten von 150 Megabit pro Sekunde angeboten werden, die mit wenigen technischen Anpassungen auf 400 MBit pro Sekunde erhöht werden könnten. Bei Kabel Deutschland dagegen gibt es bereits Datengrenzen - sie funktionieren aber anders als bei der Telekom. So ist ein Tages-Volumen von 10 Gigabyte vorgesehen, nach dem das Tempo gedrosselt werden kann. Derzeit passiert das aber erst ab 60 GB am Tag. Bei 1&1 gehört das Prinzip fest zum günstigsten Tarif dazu: Bis 100 GB im Monat surft man mit bis zu 16 MBit pro Sekunde, danach nur noch mit der langsamsten DSL-Geschwindigkeit von 1 MBit pro Sekunde. Quelle: dpa

Die Deutsche Telekom nimmt Abschied von der Vision des Global Players und konzentriert sich ganz auf den alten Kontinent. Mehrfach hebt Höttges in seiner Antrittsrede hervor, dass sein Fokus ausschließlich auf Europa gerichtet ist. „Unser gemeinsames Ziel muss es sein, der führende europäische Telekommunikationskonzern zu werden“, schwört der Nachfolger von René Obermann seine Mannschaft ein. Das Versprechen lässt sich nur einlösen, wenn Umsatz, Gewinn und Börsenwert gleichermaßen steigen. Schon heute ist die Deutsche Telekom in 14 europäischen Ländern präsent, doch mit dem vorhandenen Beteiligungsportfolio ist Höttges längst nicht zufrieden. Ihm schwebt der Bau eines integrierten Telekommunikationskonzerns vor, der im Festnetz und Mobilfunk die beste und schnellste Infrastruktur kontrolliert und nicht nur Privatkunden, sondern auch verstärkt auch Geschäftskunden die besten Internetzugänge bieten kann. „Dafür müssen wir uns neu aufstellen“, kündigt Höttges an. „Der Kunde interessiert sich überhaupt nicht dafür, ob ein Signal aus dem Mobilfunk, aus dem Festnetz oder aus dem Hotspot bekommt. Der Kunde will überall den schnellsten Zugang haben. Deshalb müssen wir die Netze integrieren. Dann haben wir einen Riesenvorteil gegenüber reinen Mobilfunkbetreibern und den TV-Kabelnetzbetreibern.“

In welchen Ländern die Deutsche Telekom ein pan-europäisches Netz aus Mobilfunk, Festnetz und Hotspots ausrollt, dass soll sich noch in diesem Jahr entscheiden. In einigen Ländern wie Deutschland, Ungarn, der Slowakei und Griechenland ist die Telekom mit Mehrheitsbeteiligungen an ausländischen Ex-Monopolisten bereits integriert aufgestellt. Andere Länder wie Großbritannien, die Niederlande oder Österreich, wo die Telekom nur Mobilfunk-Töchter besitzt, stehen dagegen auf dem Prüfstand. „Wir müssen unsere Beteiligungsstruktur an dieses Geschäftsmodell anpassen und ausbauen“, kündigt Höttges an. „Das heißt übrigens nicht verkaufen, wo wir nicht integriert sind. Das ist nur die ultima ratio. Wir wollen uns Schritt für Schritt verstärken in unseren Ländern, um ein paneuropäisches Netz aufzubauen.“

Wie wichtig das Projekt für den neuen Konzernchef ist, zeigt sich auch an der Beförderung der maßgeblich daran beteiligten Telekom-Manager.

An den Vorstandssitzungen nimmt ab sofort auch ein neues „Executive Committee“, kurz ExCom, teil, das den Bau des pan-europäischen Netzes in all seinen Facetten koordinieren und künftig schneller mit dem Vorstand abstimmen soll. Dem neuen Gremium gehören der Chief Technology Officer Bruno Jacobfeuerborn, der Chief Innovation Officer Thomas Kiessling, der für die IT-Systeme zuständige Chief Information Officer Markus Müller, der für Zu- und Verkäufe zuständige Leiter des Bereichs Unternehmensentwicklung Thorsten Langheim sowie der für Transformation zuständige neue Büroleiter von Höttges, Raphael Kübler, an.

Der zu erwartende Milliardenerlös auf dem Verkauf von T-Mobile in den USA, so viel scheint jetzt schon festzustehen, soll zum größten Teil in den Aus- und Umbau superschneller Internet-Infrastrukturen in Europa fließen. Das hat Höttges jetzt zur Chefsache erklärt und das steht ganz oben auf seiner Agenda.

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