Einblick

Apple betreibt einen aberwitzigen Geldkreislauf

Hauke Reimer
Hauke Reimer Stellvertretender Chefredakteur WirtschaftsWoche

Apple zeigt eindrucksvoll, wie in einem pervertierten Kapitalismus das Geld in falsche Kanäle fließt. Das Unternehmen sitzt auf 200 Milliarden Dollar Cash, macht trotzdem Schulden – und hinterlässt so viele Verlierer.

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Damit will Apple wieder punkten
"iPhone SE" Quelle: REUTERS
iphone SE Quelle: REUTERS
iphone Quelle: REUTERS
iPhone-Vorstellung durch Apple-Vize Greg Joswiak Quelle: REUTERS
Apples "iPhone SE" Quelle: AP
Apple Watch Quelle: AP
Phil Schiller bei der Apple Keynote Quelle: REUTERS

Sensationell. Apple hat ein neues iPhone vorgestellt. Es ist wieder so groß wie das vorletzte. Nennenswerte Innovationen? Irgendwie nicht. Aber Apple ist Kult, und deshalb werden wir es wieder kaufen. Und dafür, trotz objektiv gleicher Leistung, gern viel mehr zahlen als für Geräte von Wettbewerbern.

Im teuersten Konzern der Welt ist konzentriert wie in einem Brennglas zu sehen, wie Geld in Zeiten billigen Geldes mehr Geld anzieht, Ideenlosigkeit produziert – und was letztlich faul ist an der derzeitigen Form des Kapitalismus. Hohe Preise (weil begehrenswerte Marke) und niedrige Kosten (weil maximale Auslagerung der Produktion in Billiglohnländer) führen zu gigantischen Gewinnen. Diese Gleichung hat Apple perfektioniert.

Und was Apple noch perfekt kann: Gewinne werden dahin geschoben, wo sie am wenigsten besteuert werden. Die Europäische Union macht gerade Front dagegen, aber noch gehen die Staaten, deren Talente der Konzern gerne einstellt und deren Infrastruktur er gerne nutzt, leer aus.

Mit 178 Milliarden Dollar könnte Apple...

Auf Apples Konten aber türmen sich die Überschüsse. Dumm nur: Die können weder massiv in neue Produkte investiert noch an Anleger ausgeschüttet werden. Denn wenn man sie produktiv und für Aktionäre gewinnbringend einsetzen wollte, müssten sie wieder heimgeholt und versteuert werden. Sollen sie aber nicht. Also bleiben sie, wo sie sind.

Apple sitzt auf 200 Milliarden Dollar

Die Cash-Reserven, auch wenn Apple sie der Steuer wegen nicht anrühren kann, wecken dennoch Begierden bei Investoren. Um die zu bedienen, macht Apple Schulden. Mit über 200 Milliarden Dollar Cash im Kreuz und angesichts weltweit niedriger Zinsen ist das kein Problem.

Klein und günstig: Apples Kampfansage an die Smartphone-Konkurrenz

Notenbanken in ihrem Wahn, die Zinsen zu drücken, kaufen auch Anleihen von Unternehmen. Die Europäische Zentralbank nur von Euro-Konzernen, aber was nicht ist, kann ja noch werden. Apple zahlt also fast nichts für das viele Geld. Wenn die Notenbanken so weitermachen, werden Sparer bald noch etwas drauflegen, nur damit sie dem Konzern ihr Geld geben dürfen.

Weiter im Kreislauf: Um die Investoren zumindest etwas zufriedenzustellen, kauft Apple mit dem billig aufgenommenen Geld Apple-Aktien. Die so entfesselte Nachfrage stützt den Kurs, die Position des wertvollsten Konzerns der Welt wird verteidigt. Aber um welchen Preis?

Apple, der Konzern mit diesen heiß geliebten Produkten, hinterlässt in diesem ungesunden Kreislauf viele Verlierer:

Verbraucher, die die tolle Technik anderswo billiger bekommen könnten.

Chinesische Arbeiter, die nur Dumpinglöhne kassieren (von frustrierten US-Arbeitern, die Donald Trump wählen, weil er ihnen verspricht, die Apple-Jobs heimzuholen, ganz zu schweigen).

Staaten, die nicht die Steuern bekommen, die ihnen zustehen.

Und am Ende die Anleger, denn Aktienrückkäufe auf Pump sind nicht nachhaltig. Die Dosis der Droge Billiggeld lässt sich nicht ewig steigern – und dann rächt es sich, dass Apple das Geld nicht genutzt hat, um richtig Neues zu entwickeln.

Sicher: Für den aberwitzigen Geldkreislauf ist nicht Apple verantwortlich. Der Konzern profitiert davon, dass unsere Notenbanker keinen anderen Weg sahen, der Welt aus der Krise zu helfen, als noch mehr billiges Geld zu produzieren. In Apple fokussieren sich aber die Folgen dieser Politik – eine Perversion des Kapitalismus, die wir nicht wollen. Weil sie zu viele Verlierer produziert.

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