Wie haben Sie den Machtverlust verkraftet?
Das war sehr schwierig. Aber meine Frau hat mich immer geerdet und nach dem Abschied von der Telekom hat sie mir ein regelrechtes Down-to-earth-Programm verordnet. Wir sind zum Beispiel mit einer Low-Cost-Airline nach London geflogen. Ich kannte das ja gar nicht, bei der Sicherheitskontrolle das Sakko ausziehen zu müssen und abgetatscht zu werden. Das war gewöhnungsbedürftig. Und am Airport in London wartete keine Wagen, sondern sie hat mich zur U-Bahn geführt. Heute beherrsche ich alles, was ich brauche.
Was haben Sie mit der vielen freien Zeit angefangen?
Meine erste Entscheidung war, erst einmal ein Jahr keine Entscheidungen zu treffen. Ich war damals so emotional mit der Telekom verbunden, da war die Gefahr groß, eine falsche Entscheidung zu treffen. Da habe ich gesagt, du ziehst dich ein Jahr zurück und gehst einem Hobby nach, dem du immer nachgehen wolltest, aber nie nachgehen konntest. Das war die Fliegerei. Ich hab dann alle Fluglizenzen gemacht, die man so durcharbeiten konnte.
Als einer Ihrer größten Fehler als Telekom-Chef gilt der überteuerte Einstieg in den amerikanischen Mobilfunkmarkt. Das US-Geschäft war lange Jahre das größte Sorgenkind des Konzerns.
Die Kritik kann ich bis heute nicht nachvollziehen. Die USA waren und sind ein Traummarkt. Es gibt nur wenige Wettbewerber. Der Fehler war, dass die Telekom nach meinem Weggang die USA ein paar Jahre massiv vernachlässigt hat, was Investitionen angeht. Das dürfen sie in der schnelllebigen Telekommunikationsbranche nicht. Ein anderer großer strategischer Fehler war der Rückzug vom russischen Markt, der Verkauf der Anteile an MTS. Das brachte zwar schnell Geld in die Kassen. Aber heute wären die Anteile doppelt so viel wert und strategisch wäre man viel weiter.
Und welchen Tipp haben sie im Rückblick für Topmanager?
Meine Empfehlung ist, umgib dich mit jungen Leuten, die den Mut haben, einem 50-Jährigen zu sagen, wir sind eine Evolutionsstufe weiter als ihr und ihr macht da Fehler. Ich glaube es wäre auch gut, mehr jüngere Gesichter in den Aufsichtsräten zu haben.
Ron Sommer wurde am 29. Juli 1949 in Haifa (Israel) geboren. Er studierte Mathematik an der Universität in Wien und promovierte bereits im Alter von 21 Jahren. Später arbeitete er beim deutschen Computerbauer Nixdorf und im Sony-Topmanagement. Im Jahr 1995 übernahm er den Vorstandsvorsitz der Deutschen Telekom und brachte das Unternehmen an die Börse. Nach dem drastischen Einbruch des Börsenkurses trat er 2002 zurück.