IBM, HP und Oracle So stemmen sich die IT-Riesen gegen den Niedergang

IBM, Hewlett-Packard und Oracle sind in die Krise geschlittert. Auf den drohenden Niedergang reagieren die IT-Dinos mit verschiedenen Konzepten und unterschiedlicher Härte.

  • Teilen per:
  • Teilen per:
Der Cloud-Boom frisst IBM, Oracle und HP einen erklecklichen Teil des Stammgeschäfts weg. Die Konzernlenker Virginia Rometty, Larry Ellison und Meg Whitman stehen unter Zugzwang Quelle: dpa, Montage

Im Jahr 2010 war die IT-Welt noch in Ordnung: IBM und Hewlett-Packard (HP) glänzten als kraftstrotzende Giganten mit Umsätzen jenseits der Schwelle von 100 Milliarden Dollar. Der US-Softwareriese Oracle verleibte sich den Serverhersteller Sun Microsystems ein und avancierte dadurch zum dritten IT-Vollsortimenter. Nur fünf Jahre später hat sich das Bild komplett gedreht: Die IT-Riesen sind in die Krise geschlittert, bauen um und entlassen Mitarbeiter. Auch 2016 ist keine Hoffnung in Sicht, den Niedergang zu stoppen.

Der Grund dafür liegt im früheren Erfolgsrezept. Als Komplettanbieter, die von Hardware wie PCs und Servercomputern über Speichersysteme und Softwarepakete bis hin zu IT-Dienstleistungen alles aus einer Hand verkaufen, haben IBM, HP und Oracle jahrelang die Branche dominiert.

Gefährlich wird ihnen nun vor allem das Cloud Computing, also der Trend, Software nicht mehr zu kaufen, sondern übers Web zu mieten. Die Cloud-Umsätze sollen bis Ende 2016 auf 100 Milliarden Dollar anschwellen, erwartet der IT-Marktforscher IDC. Die jährliche Wachstumsrate von rund 20 Prozent ist fünfmal so hoch wie die der gesamten IT-Branche.

Hier nutzen Sie die Wolke, ohne es zu wissen
Dropbox, Google Drive, Apple iCloud Quelle: dpa
GMX AOL Google Mail Quelle: dpa
Cloud Gaming Quelle: AP
Google Docs Microsoft Office Quelle: REUTERS
Adobe Kreativ-Programme Quelle: AP
Musik-StreamingAuch wer Musik-Streaming-Dienste wie Spotify, Napster oder Apple Music nutzt, befindet sich in der Cloud. Bei all diesen Streaming-Diensten werden Millionen Musik-Titel auf Servern gelagert, auf die der Nutzer von seinem Endgerät aus zugreift. Dafür muss er entweder ein monatliches Entgelt bezahlen oder die kostenlosen Alternativangebote nutzen. Bei Spotify kann der Nutzer zum Beispiel die Gebühren einsparen, wenn er bereit ist, zwischendurch von Werbung beschallt zu werden. Quelle: dpa
Serien-StreamingFilme und Serien werden ebenfalls immer öfter über das Netz angesehen. Anbieter wie Netflix, Sky Go, Watchever, Amazone Prime und Maxdome erlauben den Zugriff auf tausende Filme und Serien. Auch hier zahlen Nutzer eine monatliche Gebühr und können dafür so viel schauen, wie sie möchten. Quelle: dpa

Der Cloud-Boom frisst IBM, HP und Oracle einen erklecklichen Teil des Stammgeschäfts weg.

  • Bei IBM trifft es das große IT-Dienstleistungsgeschäft, weil Anwendungen aus der Cloud weniger beratungs- und wartungsintensiv sind als traditionelle Programme.
  • HP zerlegt die Cloud das Hardwaregeschäft: Statt sich für viel Geld neue Servercomputer ins eigene Rechenzentrum zu stellen, mieten Unternehmen heute vielfach Rechnerkapazitäten bei Cloud-Anbietern wie Amazon.
  • Bei Oracle dämpft die Cloud Hard- und Softwareumsätze gleichermaßen: Die Kunden kaufen wie bei HP weniger Servercomputer; zugleich installieren sie immer seltener Software in eigenen Rechenzentren, die sie zum festen Preis kaufen. Stattdessen lassen sie die Programme übers Web auf den Bürorechnern laufen.

    Oracle will gegenhalten. „Die kommenden zwei Jahre entscheiden darüber, ob Oracle der führende Cloud-Anbieter wird“, sagt Gründer Larry Ellison. Noch scheut Oracle aber größere Umbaumaßnahmen. Ellison könnte aber die defizitäre Hardwaresparte abstoßen.

Immer weniger Jobs

Auf die Herausforderung reagieren die IT-Dinos mit verschiedenen Konzepten und unterschiedlicher Härte.

  • IBM steuert seit Jahren weg von Standardberatung in Richtung Mobile und Cloud Computing – und streicht kontinuierlich Stellen. Kürzlich sickerten Pläne durch, wonach bei IBM in Deutschland in den kommenden zwei Jahren rund 3000 Jobs wegfallen sollen, fast ein Fünftel der 16 500 hiesigen IBMler. Immerhin schafft IBM auch neue Jobs: 1000 sollen im Innovationszentrum zum Hochleistungsrechner Watson in München entstehen.
  • Oracle agiert dagegen bisher rein kostengetrieben – hier fallen vor allem im Beratungsgeschäft Arbeitsplätze der Wolke zum Opfer. So sollen 2016 in Deutschland an die 150 Servicejobs wegfallen, das sind sechs Prozent der 2700 Beschäftigten. Das defizitäre Hardwaregeschäft, das 2010 mit der Übernahme von Sun an Bord kam, ist längst ein Klotz am Bein von Ellison. Wie es damit weitergeht, ist bis heute unklar.
  • HP spaltete sich im November nach einer langen Leidenszeit immer wiederkehrender Restrukturierungen auf. Die eine Hälfte, Hewlett-Packard Enterprise (HPE), bietet Servercomputer, Software und Dienste für Unternehmen an. Der andere Teil firmiert unter HP und bietet vor allem PCs und Drucker an. Die IG Metall erwartet, dass sich HPE 2016 in Deutschland von einem Teil des Servicegeschäfts trennen und 1500 Stellen in eine eigenständige Gesellschaft auslagern will. „HP könnte noch zwei bis drei Jahre mit sich selbst beschäftigt sein, ehe es wieder aufwärtsgeht“, sagt Axel Oppermann vom IT-Marktbeobachter Avispador.

Schon 2015 war für die großen drei kein gutes Jahr: Ende Oktober musste IBM-Chefin Virginia Rometty erneut rückläufige Umsätze vermelden. „Big Blue“ schrumpfte damit das 14. Quartal in Folge. HP-Chefin Meg Whitman kündigte den Abbau von weiteren 30 000 Stellen weltweit an. Unter ihrer Ägide wird sich HP innerhalb von drei Jahren von 80 000 Mitarbeitern getrennt haben. Oracle, der dritte in dem unrühmlichen Bunde, ist zwar nicht ganz so radikal unterwegs – in Europa bündelt der Konzern derzeit aber bestimmte Servicejobs in Rumänien und will daher rund 1000 Jobs in anderen Ländern schleifen.

Auch das dürfte nicht das Ende der Fahnenstange sein. „Die IT-Dinos müssen noch radikaler als bisher alte Zöpfe abschneiden“, sagt IT-Marktbeobachter Oppermann – soll heißen: Sie sollen sich noch schneller von nicht zukunftsfähigem Altgeschäft trennen. Ein Vorbild ist Cisco: Der einstige Netzwerkspezialist erfindet sich durch Übernahmen und Verkäufe ständig neu – und ist heute beim Megathema Internet der Dinge, also der Vernetzung von Geräten, Fabriken und Autos, wieder vorn dabei.

© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%