Altlasten im Untergrund Gift für die Wirtschaft - Krankmacher im Boden

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Milliardenschaden bei vollständiger Entsorgung

Die Rechnung ist relativ simpel: Bei den belasteten Böden handelt es sich um Flächen von mehr als 400 Hektar, umgerechnet mehr als vier Millionen Quadratmeter). Hier müssten zumindest die drei obersten, am stärksten mit PFC kontaminierten Meter Erde sachgerecht entsorgt, das heißt auf eine Deponie gebracht werden. Das entspricht 12 Millionen Kubikmetern Aushub. Bei einem Gewicht von etwa 1,6 Tonnen pro Kubikmeter Mutterboden läge der Preis für die Endlagerung - etwa 100 Euro pro Tonne – bei mindestens 1,9 Milliarden Euro. Ein Landkreis allein kann eine solche Summe nicht stemmen. Landesmittel verweigert die grüne Landesregierung jedoch mit dem Hinweis, weder vom Trinkwasser noch vom dort angebauten Gemüse gingen aufgrund der niedrigen Konzentration Gesundheitsrisiken aus.

Auch eine Transformation ist nicht immer die ultimative Lösung

Dass die Kontamination durch Fluor-Kohlenwasserstoff-haltige Substanzen in der Nähe des baden-württembergischen Rastatt beileibe kein Einzelfall darstellt, beweist eine Reihe von ähnlichen Ereignissen. Besonders der Skandal um das Recycling-Unternehmen Envio in Dortmund ist ein Beleg aus der jüngeren Vergangenheit. Die an der Frankfurter Börse notierte Gesellschaft wurde anfangs wegen ihres innovativen Geschäftsmodells gefeiert.

Die Envio AG, die als Management-buy-out des Schweizer ABB-Konzerns 2004 gegründet worden war, verzeichnete im Jahr 2009 bereits einen Umsatz von 17,66 Millionen Euro. Doch schon ein Jahr später wurde bekannt, dass auf dem Gelände des Unternehmens eine 150-fache Überschreitung des zulässigen Grenzwerts der PCB-Konzentration - polychlorierte Biphenyle, kurz PCB, sind krebsauslösende organische Chlorverbindungen - festgestellt worden waren.

Das auf das Recycling und die Materialrückgewinnung von Transformatoren spezialisierte Unternehmen geriet in die Schlagzeilen. Mitarbeiter der Envio AG mussten mit einer Erhöhung ihrer PCB-Werte bis zum 25.000-fachen leben. Und sogar Angehörige der Beschäftigten zählten zu den Leidtragenden.

Das Kabinett bringt eine neue Düngeverordnung auf den Weg, um die Nitrat-Belastung des Grundwassers zu begrenzen. Es wird technisch immer aufwendiger und damit teurer, Wasser zu Trinkwasser aufzubereiten.
von Silke Kersting

Envio in der Insolvenz – die Gerichte sollen es richten

Klar, dass Envio Insolvenz anmelden musste. In dem nachfolgenden Gerichtsprozess hatte ein Ex-Schichtleiter ausgesagt, dass kontaminiertes Material im Vorfeld vor Behörden- und Feuerwehrkontrollen auf abenteuerliche Weise versteckt worden sein soll. Auch weitere Zeugen berichteten im Laufe des Prozesses von einem außerordentlich lockeren Umgang mit den betreffenden Sicherheitsvorschriften.

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