Erkundungstour durch Deutschland China durchleuchtet den deutschen Mittelstand

Bis 2025 will China die größte Industrienation der Welt werden. Das Wissen soll von hiesigen Weltmarktführern kommen. Auf Expedition mit chinesischen Unternehmern.

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China: Mittelstand sucht händeringend Personal Quelle: REUTERS

Die Luft riecht nach Moos, ein Kuckuck ruft. Zhenghua Chen, ein kleiner Mann mit T-Shirt, Designer-Sakko und Lackschuhen steht im Teutoburger Wald. Er kann sich an einen Baum erinnern. Auf den wollte er gestern Nacht klettern. Dabei muss er seine Uhr verloren haben. Deswegen sagt Herr Ning, der stellvertretende Generalsekretär des chinesischen Landmaschinenverbands und Delegationsleiter dieser chinesischen Gruppe hier: Folgen wir Chen! So gehen die chinesischen Unternehmer tiefer hinein in den deutschen Wald auf der Suche nach einer nicht ganz billigen Armbanduhr.

Es ist der neunte Tag ihrer Reise durch den deutschen Mittelstand, und eigentlich sollte die Gruppe schon wieder im Bus sitzen. Doch in den letzten Stunden sind ein paar Dinge nicht ganz nach Plan verlaufen, worauf noch zurückzukommen sein wird.

Am frühen Abend des 7. Juni landet jedenfalls eine Air-China-Maschine aus Peking am Frankfurter Flughafen. Mit an Bord ist die Delegation des chinesischen Landmaschinenverbands – 17 Unternehmer und Manager, Parteimitglieder und Privatunternehmer. Die meisten Männer sind in den Fünfzigern, die einzigen zwei Frauen Anfang 30. Bis auf wenige Ausnahmen war noch keiner in Europa oder spricht Englisch. Die Gruppe wird elf Tage lang durch Deutschland reisen und sich Mittelständler anschauen.

Die fünf großen Gefahren für Chinas Wirtschaftswachstum

Lange war das deutsch-chinesische Wirtschaftsverhältnis in den gehobenen Wertschöpfungsregionen eine recht einseitige Angelegenheit: Deutsche Unternehmen verkauften teure Industrieprodukte nach China und eilten so von einem Weltmarktrekord zum nächsten. Kaum ein Land verdiente so gut an Chinas Aufstieg wie Deutschland.

Heute aber will China nicht mehr nur Produkte kaufen, es will die Fabriken betreiben. Im Mai verkündete Peking die Initiative „Made in China 2025“. Bis dahin soll China ein „Herstellerland mit Weltniveau“ werden. 2049 soll China dann gar die führende „Industrie-Supermacht“ der Welt sein. Es gibt drei Strategien für China, zu den Exportnationen Deutschland, Japan und den USA aufzuschließen:

  • Kopien. Nachhaltig aber ist das nicht immer. In den letzten Jahren hat China sein Urheber- und Patentrecht zudem verschärft, denn mittlerweile leiden auch immer mehr chinesische Unternehmen unter der Kopie-Manie.
  • Ausländische Unternehmen nach China locken. Sind die Fabriken erst einmal im Land, findet der Transfer von Technologie, Qualitätsbewusstsein und Ausbildungsniveau zwar langsamer, dafür aber organisch und unaufhaltsam statt.
  • Die Übernahme ausländischer Unternehmen. Seit Jahren steigt die Zahl der Übernahmen deutscher Unternehmen durch Chinesen. In Deutschland machen sie über 80 Prozent der chinesischen Direktinvestitionen aus. Im Zeitraum 2000 bis 2014 wurden so 6,9 Milliarden Euro investiert.

Wegen Punkt drei sitzt Zhenghua Chen in dem Reisebus. Er wurde 1964 in der Unternehmerprovinz Zhejiang geboren. Mitte der Achtziger gründete er seine Firma Sea and Sky Machinery. Mit seinen Achsen für Landmaschinen macht er einen Umsatz von 300 Millionen Yuan pro Jahr, knapp 50 Millionen Euro. Jetzt würde er gern ein deutsches Unternehmen kaufen, um zu expandieren. „Wir könnten viel lernen und bekämen Zugang zum europäischen Markt.“ 15 Millionen Euro würde er dafür ausgeben. Deswegen will er nun Kontakte knüpfen.

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