Murdoch-Imperium Wahnsinn mit Methode

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„Es war einfach“, sagt er. „Ich wusste, dass die Pfadfinder eine Datenbank mit Fotos von freigelassenen Kinderschändern haben, und habe so getan, als wolle ich eine Geschichte über die Pfadfinder schreiben. Dann habe ich sie überredet, mir Zugang zu der Datenbank zu verschaffen.“ Wie er sie „überredet“ hat, will er nicht sagen. Fest steht, dass die Pfadfinder im Nachhinein sagten, sie hätten McMullan nicht geholfen.

Die Zeitungskampagne war umstritten, denn es kam zu Überfällen auf Frauen und Männer, die mit Abgebildeten verwechselt worden waren. Vor allem war sie ethisch fragwürdig: Darf man Menschen so an den Pranger stellen? Ist öffentliche Verurteilung eine Lösung gegen sexuellen Missbrauch?

Jahre später wurde aus der Kampagne ein Gesetz, „Sarahs Gesetz“. Eltern können nun die Strafregister ihrer Nachbarn einsehen, um zu überprüfen, ob unter ihnen ein Sexualstraftäter ist. McMullan sagt: „Da hat Rebekah etwas wirklich Gutes getan.“

Auflage mit Emotionen

Brooks hatte verstanden, dass man mit starken Emotionen Auflage machen kann. Dass man seine Leser aufwühlen und verängstigen muss, um sie neugierig zu machen. Dass man sich auf ihre Seite stellt, indem man sich scheinbar gegen gemeinsame Feinde verbündet: gegen Kriminelle, Ausländer oder Schwule. Ein altes Rezept des Boulevardjournalismus, auch die Bild-Zeitung funktioniert so. Aber Murdochs News of the World und ihre Schwester, die Tageszeitung The Sun, sind in ihren Themen und Methoden härter als alle anderen.

Kein Fall zeigt das besser als der Fall Milly Dowler. Zwei Jahre nach Sarah Payne wurde Milly Dowler entführt und ermordet. Ihre Entführung bewegte das ganze Land, natürlich beschäftigte er auch die News of the World . Laut McMullan hat die Zeitung auch auf Bitten der Polizei immer wieder Bilder aus Überwachungskameras von Verdächtigen und das Foto von dem Mädchen auf der Titelseite gedruckt. Es war in den vergangenen zwei Wochen wieder zu sehen: Es zeigt eine hübsche 13-Jährige, der die braunblonden Strähnen ins Gesicht fallen. Sie lächelt in die Kamera.

Nationale Tragödie

Redakteure der News of the World haben das Telefon dieses Mädchens abgehört. Ausgerechnet jene, die sich immer als Verbündete des „kleinen Mannes“ geriert hatten, als Stimme des Volkes.Und ausgerechnet sie, die von der Wut der Öffentlichkeit immer profitiert hatten, wurden nun von der Wut der Öffentlichkeit zerstört. Die Enthüllung des Guardian über den Fall Milly Dowler wuchs sich zu einer nationalen Tragödie aus.

McMullan blättert durch die Zeitung und stoppt bei einer großen Anzeige. Sie beginnt mit „Es tut uns leid“ und endet mit der Unterschrift von Rupert Murdoch. Sie wurde am vergangenen Wochenende in allen großen Medien veröffentlicht. Murdoch schreibt darin, es sei die Aufgabe der News of the World gewesen, andere zur Verantwortung zu ziehen. Und dass die Zeitung an ihrer eigenen Verantwortung gescheitert sei. „Mir ist klar, dass eine einfache Entschuldigung nicht ausreicht“, schreibt Murdoch.

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