Wenn's um Geld geht... Sparkassen bieten trügerische Sicherheit

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Umso fataler ist es, dass die Sparkassen beim Online-Banking hinterherhinken. "Den rechtzeitigen Ausbau haben sie in der Breite zunächst versäumt", sagt Berater Mihm. Vor fünf Jahren hätten nur wenige Sparkassen ein überzeugendes Angebot gehabt, inzwischen seien zumindest Institute wie Köln und Hannover stets unter den besten fünf im Gesamtmarkt.

Im Tagesgeschäft stecken die Sparkassen in einem Dilemma: Eine stärkere Orientierung an Verkaufszielen kollidiert leicht mit ihrem Anspruch, Kunden fair zu beraten und weniger auf den Gewinn zu schauen als die private Konkurrenz. Schon jetzt klagen Betriebsräte über den gestiegenen Verkaufsdruck. Letztlich fehlt der Mut zum großen Wurf. „Die Sparkassen wären als Marktführer prädestiniert, über neue Preismodelle – etwa Flatrates – nachzudenken, mit denen sie auch Themen wie Abschlussdruck oder Verbraucherschutz begegnen und neues Vertrauen gewinnen könnten“, sagt Zeb-Experte Thiesmeyer. Auch beim Ausbau der Beratung von Vermögenden und der Altersvorsorge sehen Experten Nachholbedarf.

Sparkassen müssen Synergien nutzen

Nach wie vor hat jede Sparkasse bei ihrem Angebot im Wesentlichen freie Hand. Der Preis der Unabhängigkeit: Kostenvorteile aus der zentralen Entwicklung von Produkten bleiben ungenutzt. Präsident Haasis stellte zwar kürzlich zwei zentral entwickelte Produkte vor: eine EC-Karte, mit der sich im Einzelhandel auch per Ratenkredit einkaufen lässt, sowie ein standardisiertes Angebot zur Auto- und Konsumentenfinanzierung. Allerdings ist die Nutzung für die Sparkassen unverbindlich. "Einzelne Institute verhalten sich egoistisch und pochen auf Selbstständigkeit, ohne Synergien zu nutzen", kritisiert Martin Faust, Professor an der Frankfurt School of Finance and Management.

Risiko Zinsen

Diesen Luxus leisten sich die Sparkassen aus einer Position trügerischer Sicherheit. Sie sind zwar insgesamt stabil durch die Krise gekommen, aber so beeindruckend, wie er auf den ersten Blick scheint, ist ihr Boom nicht. So haben sie zwar im Kreditgeschäft Kunden gewonnen. Im Einlagengeschäft stagniert ihr Marktanteil jedoch bei etwa 40 Prozent, womit sie immer noch mit Abstand Marktführer sind. Das Provisionsergebnis, das etwa die Erfolge bei der Vermittlung von Wertpapieren und Versicherungen misst, ist in der Krise nicht deutlich gestiegen. Der Absatz von Wertpapieren brach zuletzt sogar teilweise dramatisch ein. Insgesamt ging der Umsatz in diesem Geschäftsfeld 2010 um sieben Milliarden Euro zurück. Der Nettoabsatz war sogar negativ, das heißt, Sparkassenkunden verkauften für eine Milliarde Euro mehr Wertpapiere, als sie kauften.

Zugelegt hat vor allem der Zinsüberschuss. 2009 wuchs er um zehn Prozent, 2010 um knapp vier Prozent auf nun 23,5 Milliarden Euro. Ein erheblicher Teil davon kommt durch die sogenannte Fristentransformation zustande. Viele Kunden legen ihr Geld kurzfristig und zu niedrigen Zinsen an, etwa als Tagesgeld. Die Sparkasse verleiht es langfristig für eine Baufinanzierung oder einen Unternehmenskredit zu höheren Zinsen weiter.

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